Wenn das Hochwasser sich zwischen den Sümpfen seinen Weg bahnt, dann beginnt die fünfte Jahreszeit. Jetzt sind ganze Flächen geflutet und man kann im Kanu fahren, wo sonst Sumpfgras wächst. Im Soomaa Nationalpark im Südwesten Estlands beginnt die fünfte Jahreszeit dann, wenn es sehr viel regnet. Sie endet, wenn die Sonne für längere Zeit wieder rauskommt. Nun ist es aber nicht so, dass sich hier jemand darüber aufregt. Wenn es wieder so weit ist, wird der Regen eher wie ein Verwandter begrüßt, der von Zeit zu Zeit unerwartet herein schneit. Und mit dem man dann in Gummistiefeln angeregt plaudert ...
Die fünfte Jahreszeit kommt und geht öfter im Jahr. Und wenn es trocken ist, erfreut sich das Sumpfgebiet mit seinen Auenlandschaften und vier großen Mooren ebenfalls großer Beliebtheit bei Einheimischen und Gästen, denn es gibt viel zu erkunden. Schön sind z. B. die Lehrpfade Riisa und Kuuraniidu. Wer möchte, kann eine Tour mit einem Guide buchen – inklusive Kanutour und einer Wanderung in „Bog Shoes“. Mit diesem speziellen Schuhwerk gelangt man an Orte, die sonst nicht zugänglich sind. Ein weiteres interessantes Schutzgebiet ist der Karula Nationalpark mit seiner sanft hügeligen Landschaft. Auch hier im Hochland gibt es viel Wasser in Form von Seen, zum Beispiel den Koobassaare See. Karula ist der kleinste und bergigste Nationalpark Estlands und liegt ganz im Süden.
Über die Hälfte des nördlichsten Baltikumstaates ist mit Wald bedeckt; das Land, welches in etwa so groß ist wie die Niederlande, hat jedoch nur rund 1,3 Millionen Einwohner. In den vielen Nationalparks und auf den rund 2.000 Inseln Estlands findet man daher kontemplative Einsamkeit, falls gewünscht. Eine weitere Besonderheit des Landes ist der Peipussee, der rund sieben Mal so groß ist wie der Bodensee und zu den größten Binnengewässern Europas zählt. Ein Teil des Sees liegt in Estland, der andere in Russland.
Extra-Tipp: Wer die Vielfalt des Baltikumlandes hautnah erleben möchte, der kann den Peraküla-Aegviidu-Ähijärve Wanderweg entlang laufen. Auf rund 820 Kilometern führt der Weitwanderweg durch die abwechslungsreichsten estnischen Landschaften. Der Startpunkt liegt ganz im Norden an der Küste in Peraküla. In Richtung Süden geht es dann runter bis nach Ähijärve.
Die große Naturverbundenheit der Esten zeigt sich auch in der Kulinarik: Viele der bevorzugten Lebensmittel stammen direkt aus dem Wald, vom Feld oder aus dem (Bio)-Garten. Dazu kommt eine schonende Zubereitung. Da gibt es z. B. Pilze, Kartoffel- und Beerengerichte mit Gartenkräutern in Hülle und Fülle. Deshalb findet man hier vielerorts, was neuerdings als Superfood angepriesen wird: Lebensmittel, hauptsächlich Früchte und Samen, deren Nährstoffgehalt besonders hoch ist. Noch dazu sollen die Superfoods aus Bio-Anbau oder Wildwuchs stammen und möglichst unverarbeitet auf den Tisch kommen. Das soll sie besonders gesund machen.
Anders, als oft angenommen, sind Superfoods nicht nur in exotischen Gefilden beheimatet. Auch Wildpflanzen wie die Brennessel oder der Löwenzahn gehören dazu. Die estnische Super-Beere ist die Schwarze Johannisbeere.
Auch der Buchweizen kommt in deftigen Gerichten und in Süßspeisen häufig zum Einsatz. Beides findet man in gehobenen Restaurants ebenso vor wie in urigen Wirtshäusern: Auf den Tisch kommen z. B. Buchweizenbrei mit Pfifferlingen oder ein Buchweizendessert mit frischen Waldbeeren und getrocknetem Johannisbeer-Pulver.
Spannend ist der Mix in der Restaurant-Landschaft: Durch die langen, entbehrungsreichen Winter in Estland gibt es viel deftige Kost, oft nach alten Familienrezepten gekocht. Daneben hat sich eine junge Restaurant-Szene entwickelt, die Klassiker im leichten, modernen Gewand serviert. Außergewöhnliche Menüs bekommt man zum Beispiel im Restaurant Ööbiku, rund 45 Autominuten von Tallin entfernt, auf den Teller. Auch das Restaurant OKO am Strand von Haabneeme serviert Traditionelles mit modernem Einschlag. Wälder, Flüsse und Seen des nordischen Landes inspirieren aber nicht nur seit jeher die Kulinarik, sondern auch die Kultur. Vor allem die bildende Kunst, die Literatur und die estnischen Liedtexte sind eng verwoben mit der Beziehung zur Natur. Eine weitere Besonderheit: Viele Esten – auch die junge Generation – machen bei der Kunst aktiv mit!
Eines der am häufigsten ausgeübten Hobbies in Estland ist das Singen. Und so verwundert es vielleicht nicht, dass im "Land der Chöre" alle fünf Jahre ein großes Sängerfestival in Tallin statt findet, Laulupidu genannt. Das nächste Mal soll das Festival 2024 in der Hauptstadt steigen. Dabei singen Chöre aus allen Landesteilen zusammen. Die Tradition des Sängerfestes reicht bis ins Jahr 1869 zurück, als es das erste Mal ausgetragen wurde, heute gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es gibt sogar ein eigenes Sängerfest-Museum in Tartu. Fazit: Wer Natur, Kulinarik und Kultur in einer einzigartigen Verbundenheit miteinander erleben möchte, der ist in Estland gut aufgehoben.
Autor: Annette Waldow
© Fotos: Estonian Convention Bureau, Arne Ader, Aron Urb, Sven Zacek, Renee Altrov, Karl Ander Adami
Wenn das Hochwasser sich zwischen den Sümpfen seinen Weg bahnt, dann beginnt die fünfte Jahreszeit. Jetzt sind ganze Flächen geflutet und man kann im Kanu fahren, wo sonst Sumpfgras wächst. Im Soomaa Nationalpark im Südwesten Estlands beginnt die fünfte Jahreszeit dann, wenn es sehr viel regnet. Sie endet, wenn die Sonne für längere Zeit wieder rauskommt. Nun ist es aber nicht so, dass sich hier jemand darüber aufregt. Wenn es wieder so weit ist, wird der Regen eher wie ein Verwandter begrüßt, der von Zeit zu Zeit unerwartet herein schneit. Und mit dem man dann in Gummistiefeln angeregt plaudert ...
Die fünfte Jahreszeit kommt und geht öfter im Jahr. Und wenn es trocken ist, erfreut sich das Sumpfgebiet mit seinen Auenlandschaften und vier großen Mooren ebenfalls großer Beliebtheit bei Einheimischen und Gästen, denn es gibt viel zu erkunden. Schön sind z. B. die Lehrpfade Riisa und Kuuraniidu. Wer möchte, kann eine Tour mit einem Guide buchen – inklusive Kanutour und einer Wanderung in „Bog Shoes“. Mit diesem speziellen Schuhwerk gelangt man an Orte, die sonst nicht zugänglich sind. Ein weiteres interessantes Schutzgebiet ist der Karula Nationalpark mit seiner sanft hügeligen Landschaft. Auch hier im Hochland gibt es viel Wasser in Form von Seen, zum Beispiel den Koobassaare See. Karula ist der kleinste und bergigste Nationalpark Estlands und liegt ganz im Süden.
Über die Hälfte des nördlichsten Baltikumstaates ist mit Wald bedeckt; das Land, welches in etwa so groß ist wie die Niederlande, hat jedoch nur rund 1,3 Millionen Einwohner. In den vielen Nationalparks und auf den rund 2.000 Inseln Estlands findet man daher kontemplative Einsamkeit, falls gewünscht. Eine weitere Besonderheit des Landes ist der Peipussee, der rund sieben Mal so groß ist wie der Bodensee und zu den größten Binnengewässern Europas zählt. Ein Teil des Sees liegt in Estland, der andere in Russland.
Extra-Tipp: Wer die Vielfalt des Baltikumlandes hautnah erleben möchte, der kann den Peraküla-Aegviidu-Ähijärve Wanderweg entlang laufen. Auf rund 820 Kilometern führt der Weitwanderweg durch die abwechslungsreichsten estnischen Landschaften. Der Startpunkt liegt ganz im Norden an der Küste in Peraküla. In Richtung Süden geht es dann runter bis nach Ähijärve.
Die große Naturverbundenheit der Esten zeigt sich auch in der Kulinarik: Viele der bevorzugten Lebensmittel stammen direkt aus dem Wald, vom Feld oder aus dem (Bio)-Garten. Dazu kommt eine schonende Zubereitung. Da gibt es z. B. Pilze, Kartoffel- und Beerengerichte mit Gartenkräutern in Hülle und Fülle. Deshalb findet man hier vielerorts, was neuerdings als Superfood angepriesen wird: Lebensmittel, hauptsächlich Früchte und Samen, deren Nährstoffgehalt besonders hoch ist. Noch dazu sollen die Superfoods aus Bio-Anbau oder Wildwuchs stammen und möglichst unverarbeitet auf den Tisch kommen. Das soll sie besonders gesund machen.
Anders, als oft angenommen, sind Superfoods nicht nur in exotischen Gefilden beheimatet. Auch Wildpflanzen wie die Brennessel oder der Löwenzahn gehören dazu. Die estnische Super-Beere ist die Schwarze Johannisbeere.
Auch der Buchweizen kommt in deftigen Gerichten und in Süßspeisen häufig zum Einsatz. Beides findet man in gehobenen Restaurants ebenso vor wie in urigen Wirtshäusern: Auf den Tisch kommen z. B. Buchweizenbrei mit Pfifferlingen oder ein Buchweizendessert mit frischen Waldbeeren und getrocknetem Johannisbeer-Pulver.
Spannend ist der Mix in der Restaurant-Landschaft: Durch die langen, entbehrungsreichen Winter in Estland gibt es viel deftige Kost, oft nach alten Familienrezepten gekocht. Daneben hat sich eine junge Restaurant-Szene entwickelt, die Klassiker im leichten, modernen Gewand serviert. Außergewöhnliche Menüs bekommt man zum Beispiel im Restaurant Ööbiku, rund 45 Autominuten von Tallin entfernt, auf den Teller. Auch das Restaurant OKO am Strand von Haabneeme serviert Traditionelles mit modernem Einschlag. Wälder, Flüsse und Seen des nordischen Landes inspirieren aber nicht nur seit jeher die Kulinarik, sondern auch die Kultur. Vor allem die bildende Kunst, die Literatur und die estnischen Liedtexte sind eng verwoben mit der Beziehung zur Natur. Eine weitere Besonderheit: Viele Esten – auch die junge Generation – machen bei der Kunst aktiv mit!
Eines der am häufigsten ausgeübten Hobbies in Estland ist das Singen. Und so verwundert es vielleicht nicht, dass im "Land der Chöre" alle fünf Jahre ein großes Sängerfestival in Tallin statt findet, Laulupidu genannt. Das nächste Mal soll das Festival 2024 in der Hauptstadt steigen. Dabei singen Chöre aus allen Landesteilen zusammen. Die Tradition des Sängerfestes reicht bis ins Jahr 1869 zurück, als es das erste Mal ausgetragen wurde, heute gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es gibt sogar ein eigenes Sängerfest-Museum in Tartu. Fazit: Wer Natur, Kulinarik und Kultur in einer einzigartigen Verbundenheit miteinander erleben möchte, der ist in Estland gut aufgehoben.
Autor: Annette Waldow
© Fotos: Estonian Convention Bureau, Arne Ader, Aron Urb, Sven Zacek, Renee Altrov, Karl Ander Adami
© Copyright 2024 Die neue Reiselust