Wo der Wein die Welt verzaubert PFALZ

Mit Schwert und Schild eroberten Caesars Legionen einst die germanischen Provinzen am Rhein – mit den Reben, die sie mitbrachten, die Herzen der Pfälzer.

Aus der Traube in die Tonne, aus der Tonne in das Fass. Aus dem Fasse dann, o Wonne, in die Flasche, in das Glas. Aus dem Glase in die Kehle, in den Magen, in den Schlund – und als Blut dann in die Seele und als Wort hierauf zum Mund. Aus dem Worte etwas später formt sich ein begeistert Lied, das auf Wolken in den Äther mit des Menschen Jubel zieht. Und im nächsten Frühling wieder fallen dann die Lieder fein nun als Tau auf Reben nieder: Und sie ­werden wieder Wein!“ Aus 38 Kehlen eines Männerchores schallt der ewige Kreislauf des Weins nach einer Volksweise des Kompo­nisten Kurt Lissmann (Text: Theobald Kerner) in den blauen Himmel. Die Cafés auf dem Römerplatz im historischen Zentrum von Bad Dürkheim sind bis auf den letzten Platz besetzt. Auf den Tischen funkeln in Wein­gläsern vor allem die frischen Riesling­sorten, der gehaltvolle rote Spätburgunder und der fruchtige Dornfelder. In den original Pfälzer „Dubbeschoppe“ – sich nach unten verjüngende Schoppengläser mit runden Eindellungen zur besseren Griffigkeit – perlen die er­frischenden Weinschorlen. Von Bad Dürkheim bis zum Deutschen Weintor in Schweigen-Rechten­bach windet sich die „Deutsche Weinstraße“ durch die herrliche Pfalz. Vorwiegend dicht am Rand des Pfälzer Walds entlang. An den Hängen und in den Tälern seiner sanften Hügellandschaft (Haardt genannt) lassen 1.800 Sonnenstunden im Jahr den größten Teil der Pfälzer Reben wachsen: Das macht die südlichste Region im „WeinReich Rheinland-Pfalz“ mit insgesamt 23.000 Hektar Rebfläche zum zweitgrößten deutschen Weinanbaugebiet. Hier reifen aber auch Mandeln, Pfir­siche, Zitrusfrüchte, Feigen und ganze Wälder von Esskastanien. Ein Garten Eden mitten in Deutschland.

Drei Prädikatswanderwege bereiten Wanderlust pur: Hoch hinaus geht es auf insgesamt sieben Etappen (12 bis 22 km) auf dem „Pfälzer Höhenwanderweg“. Aussichtspunkte wie z. B. der Donnersberg (687 m) bieten immer wieder großartige Rundblicke über das sanfte Pfälzer Bergland, in dessen Tälern sich Bilderbuchdörfer ducken. Mit neun Etappen (10 bis 23 km), ­Burgruinen auf sonnigen Höhen und urigen Wegen an rauschenden Bächen, lockt der „Pfälzer Waldpfad“. Weinseligkeit, gastfreundliche Ge­selligkeit und Gaumenfreuden satt begeistern auf dem „Pfälzer Weinsteig“ – mit rund 150 km der längste Prädikatswanderweg der Pfalz (10 Etappen zwischen 11 und 19 km).

Wein- Erbe der Römer seit 300 n. Chr.

Wer nicht wandert, schwingt sich aufs Fahrrad. Der 97 Kilometer lange Radweg „Deutsche Weinstraße“ führt mitten durchs Herz der Pfalz und ist gesäumt von Reben vergoldeten Weinbergen, romantischen Städten mit mittelalterlichem Flair und malerischen Winzerdörfern. Zu Zeiten der Weinlese (Ende August bis November) feiern Tagesausflügler und Urlauber auf Weingütern, in Winzergasthöfen und auf berühmten Weinfesten die reiche Traubenernte und den edlen Rebensaft, den die alten Römer vermutlich schon um 300 n. Chr. hier angebaut haben.

In Bad Dürkheim wird jeden Tag ein Fass aufgemacht: das „Dürkheimer Riesenfass“ nämlich. 1934 vom Küfermeister Fritz Keller aus 200 Kubikmetern Holz geschaffen, ist es mit einem Durchmesser von 13,5 Metern und einem Rauminhalt von 1,7 Millionen Litern das größte Weinfass der Welt. Doch Wein wurde nie darin eingelagert: Das Riesenfass ist ein täglich geöffnetes Weinlokal auf zwei Etagen, das seinen Gästen schöne Stunden bei Pfälzer Prädikatsweinen und Köstlichkeiten aus der Region bietet. Zum Beispiel bei einer „Pfälzer Vesper“ mit hausgemachter Leber- und Blutwurst, Schwartemagen, weißem Käse (Quark) und zwei Scheiben Brot mit Butter, garniert mit Gewürz­gurke. Empfehlung des Sommeliers dazu: den Müller-Thurgau Nr. 14.

Bad Dürkheims zweiter Superlativ ist der jährliche „Wurstmarkt“: Dieses größte Weinfest der Welt mit spekta­kulärem Jahrmarkt findet vom 7. bis 11. und 14. bis 17. September statt. In den Schubkarchständen mit ihren schmalen Holztischen und -bänken drängeln sich nicht nur Weinfreunde inmitten des Jahrmarkttrubels zwischen Budenzauber und Fahrgeschäften. In Neustadt an der Weinstraße werden jedes Jahr beim traditionellen „Deutschen Weinlesefest“ (in diesem Jahr vom 5. bis 15. Okt.) die deutsche und die pfälzische Weinkönigin gewählt.

Das größte Weinfest der Welt

Bereits am 28. September kommen Besucher aus aller Welt im „Haiselscher“, dem bekannten Pfälzer Weindorf, beim „Najen Woi“ (Neuen Wein) zu Zwiwwelkuche (Zwiebel­kuchen), Läwwerknepp (Leber­knödel) mit Sauerkraut, Grumbeersupp un Quetschekuche (Kartoffelsuppe mit Zwetschgenkuchen) oder leckeren Pfälzer Grillwürsten in Stimmung.Dann geht es Schlag auf Schlag: Samstag, 29. September: Wahl und Krönung der „Deutschen Weinkönigin“ im Kongresszentrum Saalbau. Freitag, den 5. Oktober: Wahl und Krönung der ­„Pfälzischen Weinkönigin“. Am Sonntag, den 14. Oktober, begeistern die neu gewählten Hoheiten mit ihren Hofdamen – den Weinprinzessinnen – ab 14 Uhr auf ihren Prunkwagen beim größten deutschen Winzerfestzug.

Doch nicht nur Bad Dürkheim und Neustadt/Weinstraße lohnen einen Besuch oder Urlaub in der Pfalz. Ge­feiert wird auch in all den anderen reizvollen Städten und malerischen Winzerorten. Und das nicht nur zu Zeiten der Traubenernte. Im Zentrum der Mittelhaardt liegt das Weinstädtchen Wachenheim zu Füßen der Ruine Wachtenburg. Von ihrem 22 m hohen Bergfried hat man einen herrlichen Rundblick über den Ort, die Haardt und bis in die Rhein­ebene. Wachenheim ist vor allem für seinen exzellenten Sekt bekannt. ­Besichtigung der Sektkellerei Schloss Wachenheim und Verkostung: Do. und Sa. 14 Uhr, So. 10.30 Uhr; Kellerei-Verkauf: Mo. bis Sa. 10-18 Uhr und sonntags von 11 bis 16 Uhr. Südlich der Pfälzer Sektmetropole liegt das urige Winzerdorf Forst. Weinkenner bekommen schon bei bloßer Erwähnung seiner Weinlagen „Ungeheuer“, „Pechstein“ und „Jesuitengarten“ glänzende Augen. Hinter der Hauptstraße führen schmale Gassen direkt in die Weinberge. Zu den beliebtesten Einkehrlokalen der ­Region gehört „Magin’s Weinstube Bacchus-Garten“ mit seiner geschmackvoll eingerichteten Winzerstube und dicht bewachsenem Weingarten. Kopfsteinpflaster in verwinkelten Gassen und historische Fachwerkbauten prägen das Bild der grünen Weinstadt Deidesheim. Das barocke Rathaus und die Kirche St. Ulrich säumen den Marktplatz mit seinem Andreasbrunnen. Aber nicht nur die stattlichen Weingüter ringsum mit ­ihren wohlklingenden Namen haben die Stadt berühmt gemacht. Die Vorliebe von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl für eine ganz besondere ­Pfälzer ­Spezialität sorgte dafür, dass der Name Deidesheim mittlerweile in der ganzen Welt bekannt ist: Die Liste ­seiner einstigen Staatsgäste, die er zum Saumagenessen ins Restaurant „St. Urban“ im Fünf-Sterne-Hotel „Deidesheimer Hof“ geführt hat, ist lang: Im Gästebuch des Lokals stehen u. a. Spaniens König Juan Carlos, ­Margret Thatcher, Michail Gorbatschow und Boris Jelzin, Ronald Reagan, Jacques Chirac und Francois Mitterand.

„Pfälzische Toskana“ nennt sich die kleine Weinbaugemeinde St. Martin. Dicht aneinandergekuschelt ­scharen sich die Häuser um die am Hang ge­legene Kirche mit der Statue des ­Heiligen Martin. Für Kenner gilt diese idyllische Gemeinde als das schönste Dorf an der Deutschen Weinstraße. ­Sehenswert: der „Bibelgarten“ mit Pflanzen, die schon in der Heiligen Schrift erwähnt wurden, und der ­„Malerwinkel“. Geschäftiger zeigt sich der von einem Rebenmeer umgebene Nachbarort Maikammer. Doch seine herrliche Lage inmitten der Rebenlandschaft, romantische Innenhöfe und der kleine mediterrane Garten mit über 150 verschiedenen Pflanzenarten geben ihm ein südländisches Flair. Beliebte Wanderziele im Dreieck zwischen Neustadt an der Weinstraße, St. Martin und Maikammer sind die Große Kalmit (673 m, höchster Berg im Pfälzer Wald) mit der bewirtschafteten Hütte Kalmithaus und das geschichtsträchtige Hambacher Schloss auf dem Kastanienberg, auf dem im Mai 1832 zum ersten Mal die schwarz-rot-goldene Fahne wehte. Seitdem gilt das Hambacher Schloss als „Wiege der deutschen Demokratie“. Kleinstädtischer Charme mit Geschäften, Hotels und gutbürgerlichen Winzergasthöfen erwartet die Gäste in Edenkoben, dem Tor zur „Südlichen Weinstraße“. Das „Museum für Weinbau und Stadtgeschichte“ veranschaulicht die jahrhundertelange Tradi­tion des Ortes als Weinbaugemeinde. Und in der „Max Slevogt Galerie“ auf Schloss „Villa Ludwigshöhe“, einstiger Sommersitz von Bayernkönig Ludwig I., können sich Kunstfreunde an den Werken des vor allem wegen seiner Landschaftsbilder und Porträts berühmten deutschen Impressionisten (1868-1932) erfreuen.

Das Tor zur Südlichen Weinstraße

Nicht nur für Weinkenner empfiehlt sich ein Besuch im Weingut Kloster Heilsbruck mit seinem gemütlichen Klosterhof unter einem 400 Jahre ­alten Maulbeerbaum. Wo seit Gründung durch Zisterzienserinnen (1262) Jahrhunderte lang strenge Ordensregeln herrschten, werden von der Winzerfamilie Sulzer seit 1886 edle Pfälzer Tropfen aus eigenem Anbau angeboten. Über 30 Wein- und sechs Sektsorten stehen zur Wahl. Dazu die eleganten Barrique-Weine für die besonderen Momente im Leben – im klösterlichen Weinkeller, einem der ältesten Deutschlands, in Holzfässern gereift (Verkauf Mo. bis Fr. von 11 bis 18 Uhr, Sa. von 12 bis 15 Uhr). Weinprobe, Verkauf und Führung nur für Gruppen nach vorheriger Anmeldung (Tel. 06323 7040350).

Wie Perlen auf einer Schnur reihen sich jetzt die idyllischen Winzer­dörfer aneinander. Ihre Namen lesen sich wie manche Etiketten auf den Weinflaschen: Rhodt unter Rietburg, Weyher in der Pfalz, Burrweiler, Gleisweiler, Birkweiler, Leinsweiler: Kleinode im golden und rubinrot leuchtenden Meer der Rebstöcke. Highlights an den Wanderwegen sind die Burgruine Neuscharfeneck bei Ramberg; der Slevogthof bei Leinsweiler mit den einzigen erhaltenen Wandmalereien des Künstlers (u. a. mit Motiven aus Mozarts Zauberflöte und Don Giovanni, Themen aus Macbeth, Tausendundeiner Nacht und Lederstrumpf); Burg Landeck mit ihrer einladenden Burgschenke und einem begeisternden Ausblick auf den bekannten Weinort Klingenmünster. Wie meine Reise durch die Pfalz begonnen hat, so endet sie auch. Im Weinkeller eines Winzerguts in Schweigen-Rechtenbach singt, vom Najen Woi angetörnt, ein Bass: „Ich weiß ein Fass in einem tiefen Keller, gefüllt mit wunderbarem Wein, ’s ist kein Burgunder und kein Muskateller: Ein alter Jahrgang ist’s vom Rhein. Ich hab da drunten manche Nacht gesessen und hielt im Arm ein Mädchen zart und fein. Ich hab den Namen von dem Wein vergessen – und den Namen vom Mägdelein!“ Man kann ja vieles nach einer durchzechten, weinseligen Nacht ­vergessen. Aber nicht die wohlmundenden, bekömmlichen Pfalzweine und die ­leckeren Köstlichkeiten im herrlichen „WeinReich Rheinland-Pfalz“.

INFORMATIONEN ZUR PFALZ

Beste Reisezeit: Von der Mandelblüte (Anfang März) bis Ende der Weinlese (November), ideal für Radtouren, zum Wandern und Feiern.

Klima: Durchschnittstemperatur März bis Juni 20 °C, Juli bis Ende August 27 °C, September bis Ende Oktober 18 °C.

Zeitzone: MEZ/MESZ.

Geld: Euro. EC- u. Kreditkarten werden in allen Städten und  größeren Orten akzeptiert.

Gesundheit: Gute ärztliche Versorgung in den Städten und touristischen Zentren.

Essen & Trinken: Neuleiningen, Burgschänke Neuleiningen: „Scharfrichtergeschnetzeltes” mit Würfelkartoffel und Bohnensalatbuquet, Viertele St. Laurent, trocken; Maikammer, Restaurant Alt Maikammer: Schafskäse in Esskastanien-Kartoffelkruste und Salatteller, Viertele Riesling vom Weingut Ökonomierat Ziegler. Burrweiler, Gaststätte Grafen von der Leye im historischen Schloß: Leberwurststrudel in Meerrettichsoße mit Specksauerkraut, Viertele Burrweiler Schäwer (Schieferlage).

Sehenswert: Römisches Weingut Weilberg (Bad Dürkheim). Größtes römisches Landgut der Pfalz (4./5. Jh. n. Chr.), Kelterhaus mit Haupthaus und weiteren Gebäuden. Gruppenführungen ca. 90 Min.

Unbedingt machen: Fahrt mit dem historischen Kuckucksbähnel (Dampflok) durchs idyllische Elmsteiner Tal mitten im Pfälzerwald. Fahrplan und Preise: Tel. 06321 30390 oder www.eisenbahnmuseum-neustadt.de.

Feste: Gimmeldinger Mandelblütenfest, ein Frühlingstraum in Rosa! Den Termin bestimmt die Natur. Infos: www.mandelbluetenfest.de. Geißbockversteigerung in Deidesheim, ein historisches Spektakel am Pfingstdienstag. Saumagenkerwe in Kallstadt. Bei diesem Fest (1. Wochenende Sept.) dreht sich alles um Wein, Saumagen und andere Pfälzer Spezialitäten.

Beliebte Mitbringsel: Pfälzer Wein und Spezialitäten.

Auskünfte: Pfalz Marketing e. V., www.pfalz.de oder Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, www.rlp-info.de.

Manfred Reher

Fotos: RPT = Rheinland Pfalz Tourismus

Manfred Reher

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Wo der Wein die Welt verzaubert PFALZ

Mit Schwert und Schild eroberten Caesars Legionen einst die germanischen Provinzen am Rhein – mit den Reben, die sie mitbrachten, die Herzen der Pfälzer.

Aus der Traube in die Tonne, aus der Tonne in das Fass. Aus dem Fasse dann, o Wonne, in die Flasche, in das Glas. Aus dem Glase in die Kehle, in den Magen, in den Schlund – und als Blut dann in die Seele und als Wort hierauf zum Mund. Aus dem Worte etwas später formt sich ein begeistert Lied, das auf Wolken in den Äther mit des Menschen Jubel zieht. Und im nächsten Frühling wieder fallen dann die Lieder fein nun als Tau auf Reben nieder: Und sie ­werden wieder Wein!“ Aus 38 Kehlen eines Männerchores schallt der ewige Kreislauf des Weins nach einer Volksweise des Kompo­nisten Kurt Lissmann (Text: Theobald Kerner) in den blauen Himmel. Die Cafés auf dem Römerplatz im historischen Zentrum von Bad Dürkheim sind bis auf den letzten Platz besetzt. Auf den Tischen funkeln in Wein­gläsern vor allem die frischen Riesling­sorten, der gehaltvolle rote Spätburgunder und der fruchtige Dornfelder. In den original Pfälzer „Dubbeschoppe“ – sich nach unten verjüngende Schoppengläser mit runden Eindellungen zur besseren Griffigkeit – perlen die er­frischenden Weinschorlen. Von Bad Dürkheim bis zum Deutschen Weintor in Schweigen-Rechten­bach windet sich die „Deutsche Weinstraße“ durch die herrliche Pfalz. Vorwiegend dicht am Rand des Pfälzer Walds entlang. An den Hängen und in den Tälern seiner sanften Hügellandschaft (Haardt genannt) lassen 1.800 Sonnenstunden im Jahr den größten Teil der Pfälzer Reben wachsen: Das macht die südlichste Region im „WeinReich Rheinland-Pfalz“ mit insgesamt 23.000 Hektar Rebfläche zum zweitgrößten deutschen Weinanbaugebiet. Hier reifen aber auch Mandeln, Pfir­siche, Zitrusfrüchte, Feigen und ganze Wälder von Esskastanien. Ein Garten Eden mitten in Deutschland.

Drei Prädikatswanderwege bereiten Wanderlust pur: Hoch hinaus geht es auf insgesamt sieben Etappen (12 bis 22 km) auf dem „Pfälzer Höhenwanderweg“. Aussichtspunkte wie z. B. der Donnersberg (687 m) bieten immer wieder großartige Rundblicke über das sanfte Pfälzer Bergland, in dessen Tälern sich Bilderbuchdörfer ducken. Mit neun Etappen (10 bis 23 km), ­Burgruinen auf sonnigen Höhen und urigen Wegen an rauschenden Bächen, lockt der „Pfälzer Waldpfad“. Weinseligkeit, gastfreundliche Ge­selligkeit und Gaumenfreuden satt begeistern auf dem „Pfälzer Weinsteig“ – mit rund 150 km der längste Prädikatswanderweg der Pfalz (10 Etappen zwischen 11 und 19 km).

Wein- Erbe der Römer seit 300 n. Chr.

Wer nicht wandert, schwingt sich aufs Fahrrad. Der 97 Kilometer lange Radweg „Deutsche Weinstraße“ führt mitten durchs Herz der Pfalz und ist gesäumt von Reben vergoldeten Weinbergen, romantischen Städten mit mittelalterlichem Flair und malerischen Winzerdörfern. Zu Zeiten der Weinlese (Ende August bis November) feiern Tagesausflügler und Urlauber auf Weingütern, in Winzergasthöfen und auf berühmten Weinfesten die reiche Traubenernte und den edlen Rebensaft, den die alten Römer vermutlich schon um 300 n. Chr. hier angebaut haben.

In Bad Dürkheim wird jeden Tag ein Fass aufgemacht: das „Dürkheimer Riesenfass“ nämlich. 1934 vom Küfermeister Fritz Keller aus 200 Kubikmetern Holz geschaffen, ist es mit einem Durchmesser von 13,5 Metern und einem Rauminhalt von 1,7 Millionen Litern das größte Weinfass der Welt. Doch Wein wurde nie darin eingelagert: Das Riesenfass ist ein täglich geöffnetes Weinlokal auf zwei Etagen, das seinen Gästen schöne Stunden bei Pfälzer Prädikatsweinen und Köstlichkeiten aus der Region bietet. Zum Beispiel bei einer „Pfälzer Vesper“ mit hausgemachter Leber- und Blutwurst, Schwartemagen, weißem Käse (Quark) und zwei Scheiben Brot mit Butter, garniert mit Gewürz­gurke. Empfehlung des Sommeliers dazu: den Müller-Thurgau Nr. 14.

Bad Dürkheims zweiter Superlativ ist der jährliche „Wurstmarkt“: Dieses größte Weinfest der Welt mit spekta­kulärem Jahrmarkt findet vom 7. bis 11. und 14. bis 17. September statt. In den Schubkarchständen mit ihren schmalen Holztischen und -bänken drängeln sich nicht nur Weinfreunde inmitten des Jahrmarkttrubels zwischen Budenzauber und Fahrgeschäften. In Neustadt an der Weinstraße werden jedes Jahr beim traditionellen „Deutschen Weinlesefest“ (in diesem Jahr vom 5. bis 15. Okt.) die deutsche und die pfälzische Weinkönigin gewählt.

Das größte Weinfest der Welt

Bereits am 28. September kommen Besucher aus aller Welt im „Haiselscher“, dem bekannten Pfälzer Weindorf, beim „Najen Woi“ (Neuen Wein) zu Zwiwwelkuche (Zwiebel­kuchen), Läwwerknepp (Leber­knödel) mit Sauerkraut, Grumbeersupp un Quetschekuche (Kartoffelsuppe mit Zwetschgenkuchen) oder leckeren Pfälzer Grillwürsten in Stimmung.Dann geht es Schlag auf Schlag: Samstag, 29. September: Wahl und Krönung der „Deutschen Weinkönigin“ im Kongresszentrum Saalbau. Freitag, den 5. Oktober: Wahl und Krönung der ­„Pfälzischen Weinkönigin“. Am Sonntag, den 14. Oktober, begeistern die neu gewählten Hoheiten mit ihren Hofdamen – den Weinprinzessinnen – ab 14 Uhr auf ihren Prunkwagen beim größten deutschen Winzerfestzug.

Doch nicht nur Bad Dürkheim und Neustadt/Weinstraße lohnen einen Besuch oder Urlaub in der Pfalz. Ge­feiert wird auch in all den anderen reizvollen Städten und malerischen Winzerorten. Und das nicht nur zu Zeiten der Traubenernte. Im Zentrum der Mittelhaardt liegt das Weinstädtchen Wachenheim zu Füßen der Ruine Wachtenburg. Von ihrem 22 m hohen Bergfried hat man einen herrlichen Rundblick über den Ort, die Haardt und bis in die Rhein­ebene. Wachenheim ist vor allem für seinen exzellenten Sekt bekannt. ­Besichtigung der Sektkellerei Schloss Wachenheim und Verkostung: Do. und Sa. 14 Uhr, So. 10.30 Uhr; Kellerei-Verkauf: Mo. bis Sa. 10-18 Uhr und sonntags von 11 bis 16 Uhr. Südlich der Pfälzer Sektmetropole liegt das urige Winzerdorf Forst. Weinkenner bekommen schon bei bloßer Erwähnung seiner Weinlagen „Ungeheuer“, „Pechstein“ und „Jesuitengarten“ glänzende Augen. Hinter der Hauptstraße führen schmale Gassen direkt in die Weinberge. Zu den beliebtesten Einkehrlokalen der ­Region gehört „Magin’s Weinstube Bacchus-Garten“ mit seiner geschmackvoll eingerichteten Winzerstube und dicht bewachsenem Weingarten. Kopfsteinpflaster in verwinkelten Gassen und historische Fachwerkbauten prägen das Bild der grünen Weinstadt Deidesheim. Das barocke Rathaus und die Kirche St. Ulrich säumen den Marktplatz mit seinem Andreasbrunnen. Aber nicht nur die stattlichen Weingüter ringsum mit ­ihren wohlklingenden Namen haben die Stadt berühmt gemacht. Die Vorliebe von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl für eine ganz besondere ­Pfälzer ­Spezialität sorgte dafür, dass der Name Deidesheim mittlerweile in der ganzen Welt bekannt ist: Die Liste ­seiner einstigen Staatsgäste, die er zum Saumagenessen ins Restaurant „St. Urban“ im Fünf-Sterne-Hotel „Deidesheimer Hof“ geführt hat, ist lang: Im Gästebuch des Lokals stehen u. a. Spaniens König Juan Carlos, ­Margret Thatcher, Michail Gorbatschow und Boris Jelzin, Ronald Reagan, Jacques Chirac und Francois Mitterand.

„Pfälzische Toskana“ nennt sich die kleine Weinbaugemeinde St. Martin. Dicht aneinandergekuschelt ­scharen sich die Häuser um die am Hang ge­legene Kirche mit der Statue des ­Heiligen Martin. Für Kenner gilt diese idyllische Gemeinde als das schönste Dorf an der Deutschen Weinstraße. ­Sehenswert: der „Bibelgarten“ mit Pflanzen, die schon in der Heiligen Schrift erwähnt wurden, und der ­„Malerwinkel“. Geschäftiger zeigt sich der von einem Rebenmeer umgebene Nachbarort Maikammer. Doch seine herrliche Lage inmitten der Rebenlandschaft, romantische Innenhöfe und der kleine mediterrane Garten mit über 150 verschiedenen Pflanzenarten geben ihm ein südländisches Flair. Beliebte Wanderziele im Dreieck zwischen Neustadt an der Weinstraße, St. Martin und Maikammer sind die Große Kalmit (673 m, höchster Berg im Pfälzer Wald) mit der bewirtschafteten Hütte Kalmithaus und das geschichtsträchtige Hambacher Schloss auf dem Kastanienberg, auf dem im Mai 1832 zum ersten Mal die schwarz-rot-goldene Fahne wehte. Seitdem gilt das Hambacher Schloss als „Wiege der deutschen Demokratie“. Kleinstädtischer Charme mit Geschäften, Hotels und gutbürgerlichen Winzergasthöfen erwartet die Gäste in Edenkoben, dem Tor zur „Südlichen Weinstraße“. Das „Museum für Weinbau und Stadtgeschichte“ veranschaulicht die jahrhundertelange Tradi­tion des Ortes als Weinbaugemeinde. Und in der „Max Slevogt Galerie“ auf Schloss „Villa Ludwigshöhe“, einstiger Sommersitz von Bayernkönig Ludwig I., können sich Kunstfreunde an den Werken des vor allem wegen seiner Landschaftsbilder und Porträts berühmten deutschen Impressionisten (1868-1932) erfreuen.

Das Tor zur Südlichen Weinstraße

Nicht nur für Weinkenner empfiehlt sich ein Besuch im Weingut Kloster Heilsbruck mit seinem gemütlichen Klosterhof unter einem 400 Jahre ­alten Maulbeerbaum. Wo seit Gründung durch Zisterzienserinnen (1262) Jahrhunderte lang strenge Ordensregeln herrschten, werden von der Winzerfamilie Sulzer seit 1886 edle Pfälzer Tropfen aus eigenem Anbau angeboten. Über 30 Wein- und sechs Sektsorten stehen zur Wahl. Dazu die eleganten Barrique-Weine für die besonderen Momente im Leben – im klösterlichen Weinkeller, einem der ältesten Deutschlands, in Holzfässern gereift (Verkauf Mo. bis Fr. von 11 bis 18 Uhr, Sa. von 12 bis 15 Uhr). Weinprobe, Verkauf und Führung nur für Gruppen nach vorheriger Anmeldung (Tel. 06323 7040350).

Wie Perlen auf einer Schnur reihen sich jetzt die idyllischen Winzer­dörfer aneinander. Ihre Namen lesen sich wie manche Etiketten auf den Weinflaschen: Rhodt unter Rietburg, Weyher in der Pfalz, Burrweiler, Gleisweiler, Birkweiler, Leinsweiler: Kleinode im golden und rubinrot leuchtenden Meer der Rebstöcke. Highlights an den Wanderwegen sind die Burgruine Neuscharfeneck bei Ramberg; der Slevogthof bei Leinsweiler mit den einzigen erhaltenen Wandmalereien des Künstlers (u. a. mit Motiven aus Mozarts Zauberflöte und Don Giovanni, Themen aus Macbeth, Tausendundeiner Nacht und Lederstrumpf); Burg Landeck mit ihrer einladenden Burgschenke und einem begeisternden Ausblick auf den bekannten Weinort Klingenmünster. Wie meine Reise durch die Pfalz begonnen hat, so endet sie auch. Im Weinkeller eines Winzerguts in Schweigen-Rechtenbach singt, vom Najen Woi angetörnt, ein Bass: „Ich weiß ein Fass in einem tiefen Keller, gefüllt mit wunderbarem Wein, ’s ist kein Burgunder und kein Muskateller: Ein alter Jahrgang ist’s vom Rhein. Ich hab da drunten manche Nacht gesessen und hielt im Arm ein Mädchen zart und fein. Ich hab den Namen von dem Wein vergessen – und den Namen vom Mägdelein!“ Man kann ja vieles nach einer durchzechten, weinseligen Nacht ­vergessen. Aber nicht die wohlmundenden, bekömmlichen Pfalzweine und die ­leckeren Köstlichkeiten im herrlichen „WeinReich Rheinland-Pfalz“.

INFORMATIONEN ZUR PFALZ

Beste Reisezeit: Von der Mandelblüte (Anfang März) bis Ende der Weinlese (November), ideal für Radtouren, zum Wandern und Feiern.

Klima: Durchschnittstemperatur März bis Juni 20 °C, Juli bis Ende August 27 °C, September bis Ende Oktober 18 °C.

Zeitzone: MEZ/MESZ.

Geld: Euro. EC- u. Kreditkarten werden in allen Städten und  größeren Orten akzeptiert.

Gesundheit: Gute ärztliche Versorgung in den Städten und touristischen Zentren.

Essen & Trinken: Neuleiningen, Burgschänke Neuleiningen: „Scharfrichtergeschnetzeltes” mit Würfelkartoffel und Bohnensalatbuquet, Viertele St. Laurent, trocken; Maikammer, Restaurant Alt Maikammer: Schafskäse in Esskastanien-Kartoffelkruste und Salatteller, Viertele Riesling vom Weingut Ökonomierat Ziegler. Burrweiler, Gaststätte Grafen von der Leye im historischen Schloß: Leberwurststrudel in Meerrettichsoße mit Specksauerkraut, Viertele Burrweiler Schäwer (Schieferlage).

Sehenswert: Römisches Weingut Weilberg (Bad Dürkheim). Größtes römisches Landgut der Pfalz (4./5. Jh. n. Chr.), Kelterhaus mit Haupthaus und weiteren Gebäuden. Gruppenführungen ca. 90 Min.

Unbedingt machen: Fahrt mit dem historischen Kuckucksbähnel (Dampflok) durchs idyllische Elmsteiner Tal mitten im Pfälzerwald. Fahrplan und Preise: Tel. 06321 30390 oder www.eisenbahnmuseum-neustadt.de.

Feste: Gimmeldinger Mandelblütenfest, ein Frühlingstraum in Rosa! Den Termin bestimmt die Natur. Infos: www.mandelbluetenfest.de. Geißbockversteigerung in Deidesheim, ein historisches Spektakel am Pfingstdienstag. Saumagenkerwe in Kallstadt. Bei diesem Fest (1. Wochenende Sept.) dreht sich alles um Wein, Saumagen und andere Pfälzer Spezialitäten.

Beliebte Mitbringsel: Pfälzer Wein und Spezialitäten.

Auskünfte: Pfalz Marketing e. V., www.pfalz.de oder Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, www.rlp-info.de.

Manfred Reher

Fotos: RPT = Rheinland Pfalz Tourismus

Manfred Reher

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