Wintersport vom Allerfeinsten ASPEN

Champagne Powder und Pisten der Double Diamonds-Kategorie – das ist Adrenalin pur für die Ski- und Snowboard-Cracks. Und was machen die weniger Geübten unter den Brettl-Sportlern? Punkten beim Shopping und Promi-Gucken.

"Aspen!“, sagt mein Freund. Okay, Aspen also. Äh, Moment mal! „Wieso Aspen?“, frage ich. „Kannst Du mir mal erklären, warum wir roundabout 7.000 Kilometer weit fliegen müssen, um Winterurlaub zu machen?“ Wenn ich an Aspen denke, fallen mir zunächst bloß beheizte Bürgersteige und Antonio Banderas ein, der – wie mich eine Frauenzeitschrift beim Friseur kürzlich aufklärte – dort gern seine Ferien verbringt. Und auf beides konnte ich, ehrlich gesagt, in meinem bisherigen Leben ganz gut verzichten. Nun wiederum schaut mich mein Freund mit großen, erstaunten Augen an und fragt milde meine Unwissenheit belächelnd: „Schatz, schon mal was von Champagne Powder, erstklassigen Pisten und Double Diamonds gehört?“ Aha! Abfahrten also, die unsere europäischen schwarzen Pisten vom Schwierigkeitsgrad her noch weit übertreffen. Dank dieser kleinen Nachhilfe habe ich verstanden: Für jeden passionierten Wintersportler wie meinen Freund ist Aspen eine Art Mekka. Etwa jede dritte Piste im Skigebiet von Aspen sei als extrem schwer eingestuft, sagt er. Sein Fazit im O-Ton: „Extreme terrain für Experten.“ Und dann folgt ein ganz cleverer rhetorischer Schachzug: Fast beiläufig erwähnt mein Freund, dass man in Aspen sehr relaxed boarden, shoppen und Après-Ski genießen kann. Na, wenn das so ist, darf er diesmal gern unser Wintersport-Ziel bestimmen. Im unserem Freundeskreis rufen unsere Urlaubspläne stets die gleichen Reaktionen hervor. Aus der männlichen Ecke kommt: „Boah, Powder-Paradise! Double Diamonds!“ Und aus der weiblichen: „Oh wow, beheizte Bürgersteige! Antonio Banderas …“

Einige Wochen später sitzen wir tatsächlich im Flieger nach Aspen. Ich blättere in meinem Reiseführer und lese, dass der Ort im 19. Jahrhundert durch seinen Silberbergbau bekannt war. Als die Vorkommen zu Ende gingen, wurde Mitte der 40er Jahre verstärkt in den Aufbau als Wintersportgebiet investiert. Was durch die geographische Lage von Aspen sehr begünstigt wurde. Im Landesinneren, weit entfernt vom Meer und umgeben von Salzseen, die die Feuchtigkeit aus der Luft ziehen, ist die Luft hier besonders trocken. Und damit auch der Schnee – vergleichsweise deutlich trockener als in den Alpen und deswegen besonders pulvrig – Champagne Powder halt … Nach acht Stunden mit gefühlten 30 Zentimetern zwischen Knien und dem Vordersitz kann ich es kaum erwarten meine Beine wieder zu aktivieren. Und so stehen wir am nächsten Morgen schon vor Abfahrt der ersten Gondel in voller Montur bereit. Jetlag-bedingt habe ich um 5.32 Uhr das erste Mal auf den Wecker geschaut. Um 6 Uhr hatten mein Freund und ich ausgeschlafen, um 7 Uhr gefrühstückt, und um 8 Uhr standen wir nach einem ausgedehnten Spaziergang am Lift. Das örtliche Skigebiet setzt sich aus vier Regionen zusammen: Aspen Mountain, Aspen Highlands, Buttermilk und Snowmass. Alles in allem ein Gelände von 22 Quadratkilometern. Wir nehmen die Silver Queen Gondola auf den Aspen Mountain, den die Einheimischen auch Ajax nennen. Kaum sind wir an der Mittelstation ankommen, hält mir eine freundliche Dame schon einen Pappbecher unter die Nase: „Hot Cider – heißer Apfelsaft?“ Ich staune. Die Amerikaner sind ja bekannt für ihren Service, aber sowas hätte ich nun doch nicht erwartet.

Ein Hinweisschild bestimmt unseren weiteren Weg: „Beginners unload here“, steht da. Und da ich noch ein Boarder-Neuling bin, verabschiede ich mich, während mein Freund sich in die erste Double Diamond stürzt. In der Tat übertrifft der Champagne Powder meine kühnsten Erwartungen. Ich gleite ins Tal wie auf einer Wolke, staune über die fast menschenleeren Pisten und noch mehr über einige Skifahrer. Die brettern da wirklich in Westernkluft oder zumindest mit Cowboyhut den Hang runter! Auch wenn in Aspen das Angebot an Après-Ski groß ist – am Abend reicht unsere Kraft nur noch für den Weg in Bett. Nach dem Motto: Morgen ist ja auch noch Tag. Und den verbringen wir in Snowmass. Mit dem kostenlosen Skibus sind wir schon nach 20 Minuten im größten und höchsten Skigebiet von Aspen. 137 Kilometer Pisten erwarten uns hier. Und vorher zur Stärkung ein paar Cookies (frische Plätzchen) im Bus. Aspen liegt ja bereits 2.400 Meter hoch. Und in Snowmass befördert uns The Cirque Lift dann noch weiter rauf bis auf 3.817 Meter über dem Meeresspiegel. Da kann einem schon etwas schwindelig werden. Nicht nur wegen der dünnen Luft, sondern auch von den extrem steilen Hängen. Die tragen sinniger Weise Namen wie „Moment of Truth“ (Augenblick der Wahrheit) oder „Never come back“ (es gibt kein Zurück). Ich weiss natürlich, dass die Bezeichnungen völlig übertrieben sind, doch etwas mulmig wird mir schon in der Magengegend … Aber ich überlebe zahlreiche „Augenblicke der Wahrheit“ unversehrt. Und nach einem sonnigen Tag mit vielen herrlichen Abfahrten, schlendern wir am Abend noch eine Runde um den Block.

Als wir den „Caribu Club“ passieren, hält gerade eine Limousine vor der Tür. Aus meinem Reiseführer erinnere ich noch, dass dieser Club wohl zum Exklusivsten zählt, was Aspen so zu bieten hat. Er ist bekannt dafür, dass Promis hier gern einen geselligen Abend verbringen. Gäste zahlen hier eine Mitgliedsgebühr von 1.000 Dollar aufwärts. Gespannt bleiben wir stehen, um zu sehen, wer aussteigt. „Ist das nicht …?“ – „Mariah Carey?“ – „Ach, was!“ – „Nee, Paris Hilton, oder?“ – „Blödsinn!“ Nach einigem Rätselraten beschließen wir: Das war ganz einfach stinknormaler Jet-Set. Nichts weiter. Aber die Chancen, in Aspen einen echten Promi zu treffen, scheinen mindestens ebenso groß zu wie in Hollywood. Wenn nicht sogar größer. In der Hauptsaison starten und landen auf dem kleinen Flughafen Sardy Field bis zu 120 Privatjets täglich und bringen die Schönen und Reichen nach Aspen. Besonders um die Weihnachtszeit kommen viele Promis, um sich von ihrem anstrengenden Jet-Set-Leben ein wenig zu erholen. Dritter Tag. Jetlag. Einfach nur müde und kaputt. Aber wir sind mit Craig verabredet. Der ist Bergführer in Aspen und hat zur Aufgabe, den Touristen die schönsten Pisten zu zeigen. Kostenlos, versteht sich. Das gehört hier ebenfalls zum Service. Wir fragen Craig nach einer Abfahrtsstrecke durch den Wald. Aspen ist bekannt für seine bewaldeten Pisten, und auch wir wollen uns das Treeskiing nicht entgehen lassen. Das Fahren abseits der Pisten ist in den USA übrigens keine Besonderheit, denn die meisten Gebiete sind streng lawinenüberwacht. Wir stapfen also mit bleiernden Beinen durch den Pulverschnee zum Lift. Als wir auf den Lift warten – wieder so ein „Ist-das-nicht?“-Erlebnis: Ein dunkelhaariger Latino-Typ mit Pferdeschwanz stellt sich in die Reihe. Auffällig unauffällig stoße ich meinen Freund an, deute mit dem Kopf in Richtung Latino und zische: „Scha-hatz! An-to-ni-o!“ Mein Freund versteht nicht. Typisch! Nach dem zweiten, etwas genaueren Blick verzichte ich dann auf weitere Ausführungen. Klassischer Fall von Fehlalarm.

Für einen guten Snowboarder sind Waldabfahrten das pure Vergnügen. Zwischen den dichten Bäumen kann man kaum eine Schneise erkennen. Für jemanden mit mittleren Fahrkünsten wie mich, ist das Fahren hier eine echte Herausforderung. Und nach einem Beihnahe-Zusammenstoß mit einem Populus tremula, besser bekannt als Espe – das ist eben jener Baum, der Aspen wohl irgendwann seinen Namen gab –, beschließe ich: Es ist Zeit für eine Auszeit. Die Pisten am Aspen Mountain enden alle in Aspen City, und so bin ich nach ein paar Schritten mitten im Leben, kehre im „Dinners“ ein. Hier gibt es Hamburger frisch vom Grill, dazu eine ordentliche Portion french fries. God bless America! Die Amis haben wirklich Ahnung von allem, was fettig und schnell zubereitet ist. Nach meinem Imbiss bummele ich durch die City von Aspen. Mit seinen viktorianischen Holzhäusern hat sich der Ort trotz allem Trubel immer noch den altmodischen Charme eines Westernstädtchens erhalten. Und in der Shopping-Lane trete ich sie dann mit den Füßen: die beheizten Bürgersteige. Es gibt sie also tatsächlich! In den Schaufenstern einiger Boutiquen setzt sich diese Dekadenz fort. Beim Blick auf die Preisschilder wird mir als Normalverdiener schon ein wenig schwindelig. In Aspen findet sich wirklich alles, was in der Modebranche Rang und Namen hat. Allerdings auch Sportswear und Kleidung von der Stange zu erschwinglichen Tarifen. Im Gegensatz zu Nobel-Skiorten wie St. Moritz, die aufgrund ihrer Hotelpreise eine Auslese der Klientel betreiben, begegnet einem in Aspen ein gemischtes Publikum. Hier verleben Promi und Pauschaltourist den Urlaub in friedlicher Koexistenz. Nach dem entspannten Shopping-Tag bin ich am nächsten Morgen wieder fit fürs Board. Unser Ziel: die Aspen Highlands – wohl das anspruchsvollste Skigebiet der Region. Über die Hälfte der Pisten sind als sehr schwer bis extrem schwer eingestuft. Für Freaks das absolute Non-Plus-Ultra: der Highlands Bowl. Mit dem Lift fahren wir zunächst hoch zum Loge Peak auf 3.559 Meter. Von dort geht es weiter in Richtung Gipfel, vorbei an Warnschildern wie „Experts only“ (nur für Könner) oder „There is no easy way down“ (es gibt keinen einfachen Weg hinunter). Nach einem Aufstieg von etwa einer Stunde oder einer Fahrt mit der Pistenraupe erwartet einen ein Steilhang, der kaum steigerungsfähig ist. Auf einem Gefälle bis zu 45 Grad stürzen sich hier die Cracks ins Freeride-Vergnügen. Für meinen Partner das Highlight des Urlaubs schlechthin. Während ich mich derweil auf dem „Applestrudel“ vergnüge – einer netten Abfahrt, die so entspannt zu fahren ist, wie ihr Name schon klingt.

Als wir uns später am Lift treffen, wirft mir mein Freund vor: „Jetzt hast du mich schon angesteckt mit deinem Ist-das-nicht-Virus! Als ich vorhin im Lift saß, blieb mir fast das Herz stehen. Ich dachte, Bill Clinton setzt sich zu mir!“ Den letzten Tag lassen wir am Buttermilk ausklingen. Das Skigebiet ist wegen seiner überwiegend leichten Pisten als besonders familienfreundlich bekannt. Aber auch Fortgeschrittene und Carver kommen hier auf ihre Kosten. Und für Boarder gibt es einen großen Fun-Park. Als wir am Nachmittag nach Aspen zurückkehren, nehmen wir ein letztes Mal die Silver Queen Gondola auf den Ajax, setzen uns mit unserem Hot Cider in einen Deckchair – genießen die Sonne, den traumhaften Ausblick auf die 4.000 Meter hohen Gipfel der Maroon Bells und den Service: Heute wird kostenlos Sonnencreme ausgeteilt. Der verschnupften Dame hinter uns wird außerdem noch ein Papiertaschentuch gereicht. Ja, hier geht es entspannter zu als in den heimischen Skigebieten. Kein Gedränge am Lift, allerorten ein freundliches „Have a nice day“ (einen schönen Tag!) und zum Après-Ski eher Kunst und Kultur statt Halligalli auf der Hütte. Aspen vereint optimale Bedingungen für Wintersportler mit hervorragende Restaurants, Shopping und jeder Menge Entertainment. Und einen Promi haben wir schließlich auch noch zu sehen bekommen: Auf dem Weg zum Bus kreuzte George Clooney unseren Weg! Zumindest sah er ihm verdammt ähnlich …

INFORMATIONEN ZU ASPEN

Beste Reisezeit: November bis April.

Klima: Im Winter und im Frühling sind die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Im Herbst ist es kühl, im Sommer warm. Die Sonne scheint in Aspen an 300 Tagen im Jahr. Pro Wintersaison fallen gut sieben Meter Schnee, ab Ende November.

Zeitzone: MEZ minus 8 Stunden.

Sprache: Englisch.

Geld: US-Dollar

Dokumente: Einreisende brauchen einen gültigen, maschinenlesbaren Reisepass. Westeuropäische Touristen dürfen sich maximal 90 Tage in den USA aufhalten ohne ein Visum zu beantragen.

Gesundheit: Schutzimpfungen sind zur Einreise prinzipiell nicht nötig. Die ärztliche Versorgung in den USA ist sehr gut. Allerdings müssen Reisende aus Europa die Behandlung sofort beim Arzt oder im Krankenhaus bezahlen – selbst bei Abschluss einer Auslandskrankenversicherung. Für die Abrechnung wird eine Kreditkarte benötigt. Medikamente sind in Supermärkten und Drugstores erhältlich.

Essen & Trinken: Rund 100 Restaurants bieten vom Hamburger bis zur Haute Cuisine alles an. Hot Cider wird kostenlos ausgeschenkt.

Restaurants: „Cloud Nine Aspen Highland“: Das Restaurant ist in österreichischer Hand. Wirt Andreas Fischbacher serviert Wild und Raclette am offenen Feuer. Und bei Heimweh hilft vielleicht auch der Kaiserschmarrn. „Sundeck“ auf dem Aspen Mountain: ein beliebter Treff-punkt zum Après-Ski. „Elevation“: ein In-Lokal mit neuer US-Küche.

Sehenswert: Highland Bowl: Allein der Blick über die Kante dieses Steilhangs, lässt einem das Herz schneller schlagen. Maroon Bells: Die zwei Viertausender sind schon vom 16 Kilometer entfernten Aspen imposant. Ashcroft Ghost Town: Zwölf leer stehende Gebäude erinnern an das Ende des 19. Jahrhunderts, als hier noch 2.500 Einwohner lebten.

Unbedingt machen: Das Wheeler/Stallard Museum besuchen. Es dokumentiert Aspens Geschichte.

Unbedingt vermeiden: Als Ski-Anfänger den leichten blauen Pisten folgen. Denn diese entsprechen bei uns in Europa den mittel-schweren roten Abfahrten.

Beliebte Mitbringsel: Designerbekleidung – von Burberry über Prada bis Ralph Lauren. Dank des niedrigen Dollarkurses macht das Shoppen in den USA richtig Spaß. Insbesondere Sport-Equipment gibt es hier zum Schnäppchenkurs.

Auskünfte: www.aspensnowmass.com.

Lisa Kluxen

Fotos: Matt Inden/ Weaver Multimedia Group, Colorado Tourism Office; AspenSnowmass

Lisa Kluxen

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Champagne Powder und Pisten der Double Diamonds-Kategorie – das ist Adrenalin pur für die Ski- und Snowboard-Cracks. Und was machen die weniger Geübten unter den Brettl-Sportlern? Punkten beim Shopping und Promi-Gucken.

"Aspen!“, sagt mein Freund. Okay, Aspen also. Äh, Moment mal! „Wieso Aspen?“, frage ich. „Kannst Du mir mal erklären, warum wir roundabout 7.000 Kilometer weit fliegen müssen, um Winterurlaub zu machen?“ Wenn ich an Aspen denke, fallen mir zunächst bloß beheizte Bürgersteige und Antonio Banderas ein, der – wie mich eine Frauenzeitschrift beim Friseur kürzlich aufklärte – dort gern seine Ferien verbringt. Und auf beides konnte ich, ehrlich gesagt, in meinem bisherigen Leben ganz gut verzichten. Nun wiederum schaut mich mein Freund mit großen, erstaunten Augen an und fragt milde meine Unwissenheit belächelnd: „Schatz, schon mal was von Champagne Powder, erstklassigen Pisten und Double Diamonds gehört?“ Aha! Abfahrten also, die unsere europäischen schwarzen Pisten vom Schwierigkeitsgrad her noch weit übertreffen. Dank dieser kleinen Nachhilfe habe ich verstanden: Für jeden passionierten Wintersportler wie meinen Freund ist Aspen eine Art Mekka. Etwa jede dritte Piste im Skigebiet von Aspen sei als extrem schwer eingestuft, sagt er. Sein Fazit im O-Ton: „Extreme terrain für Experten.“ Und dann folgt ein ganz cleverer rhetorischer Schachzug: Fast beiläufig erwähnt mein Freund, dass man in Aspen sehr relaxed boarden, shoppen und Après-Ski genießen kann. Na, wenn das so ist, darf er diesmal gern unser Wintersport-Ziel bestimmen. Im unserem Freundeskreis rufen unsere Urlaubspläne stets die gleichen Reaktionen hervor. Aus der männlichen Ecke kommt: „Boah, Powder-Paradise! Double Diamonds!“ Und aus der weiblichen: „Oh wow, beheizte Bürgersteige! Antonio Banderas …“

Einige Wochen später sitzen wir tatsächlich im Flieger nach Aspen. Ich blättere in meinem Reiseführer und lese, dass der Ort im 19. Jahrhundert durch seinen Silberbergbau bekannt war. Als die Vorkommen zu Ende gingen, wurde Mitte der 40er Jahre verstärkt in den Aufbau als Wintersportgebiet investiert. Was durch die geographische Lage von Aspen sehr begünstigt wurde. Im Landesinneren, weit entfernt vom Meer und umgeben von Salzseen, die die Feuchtigkeit aus der Luft ziehen, ist die Luft hier besonders trocken. Und damit auch der Schnee – vergleichsweise deutlich trockener als in den Alpen und deswegen besonders pulvrig – Champagne Powder halt … Nach acht Stunden mit gefühlten 30 Zentimetern zwischen Knien und dem Vordersitz kann ich es kaum erwarten meine Beine wieder zu aktivieren. Und so stehen wir am nächsten Morgen schon vor Abfahrt der ersten Gondel in voller Montur bereit. Jetlag-bedingt habe ich um 5.32 Uhr das erste Mal auf den Wecker geschaut. Um 6 Uhr hatten mein Freund und ich ausgeschlafen, um 7 Uhr gefrühstückt, und um 8 Uhr standen wir nach einem ausgedehnten Spaziergang am Lift. Das örtliche Skigebiet setzt sich aus vier Regionen zusammen: Aspen Mountain, Aspen Highlands, Buttermilk und Snowmass. Alles in allem ein Gelände von 22 Quadratkilometern. Wir nehmen die Silver Queen Gondola auf den Aspen Mountain, den die Einheimischen auch Ajax nennen. Kaum sind wir an der Mittelstation ankommen, hält mir eine freundliche Dame schon einen Pappbecher unter die Nase: „Hot Cider – heißer Apfelsaft?“ Ich staune. Die Amerikaner sind ja bekannt für ihren Service, aber sowas hätte ich nun doch nicht erwartet.

Ein Hinweisschild bestimmt unseren weiteren Weg: „Beginners unload here“, steht da. Und da ich noch ein Boarder-Neuling bin, verabschiede ich mich, während mein Freund sich in die erste Double Diamond stürzt. In der Tat übertrifft der Champagne Powder meine kühnsten Erwartungen. Ich gleite ins Tal wie auf einer Wolke, staune über die fast menschenleeren Pisten und noch mehr über einige Skifahrer. Die brettern da wirklich in Westernkluft oder zumindest mit Cowboyhut den Hang runter! Auch wenn in Aspen das Angebot an Après-Ski groß ist – am Abend reicht unsere Kraft nur noch für den Weg in Bett. Nach dem Motto: Morgen ist ja auch noch Tag. Und den verbringen wir in Snowmass. Mit dem kostenlosen Skibus sind wir schon nach 20 Minuten im größten und höchsten Skigebiet von Aspen. 137 Kilometer Pisten erwarten uns hier. Und vorher zur Stärkung ein paar Cookies (frische Plätzchen) im Bus. Aspen liegt ja bereits 2.400 Meter hoch. Und in Snowmass befördert uns The Cirque Lift dann noch weiter rauf bis auf 3.817 Meter über dem Meeresspiegel. Da kann einem schon etwas schwindelig werden. Nicht nur wegen der dünnen Luft, sondern auch von den extrem steilen Hängen. Die tragen sinniger Weise Namen wie „Moment of Truth“ (Augenblick der Wahrheit) oder „Never come back“ (es gibt kein Zurück). Ich weiss natürlich, dass die Bezeichnungen völlig übertrieben sind, doch etwas mulmig wird mir schon in der Magengegend … Aber ich überlebe zahlreiche „Augenblicke der Wahrheit“ unversehrt. Und nach einem sonnigen Tag mit vielen herrlichen Abfahrten, schlendern wir am Abend noch eine Runde um den Block.

Als wir den „Caribu Club“ passieren, hält gerade eine Limousine vor der Tür. Aus meinem Reiseführer erinnere ich noch, dass dieser Club wohl zum Exklusivsten zählt, was Aspen so zu bieten hat. Er ist bekannt dafür, dass Promis hier gern einen geselligen Abend verbringen. Gäste zahlen hier eine Mitgliedsgebühr von 1.000 Dollar aufwärts. Gespannt bleiben wir stehen, um zu sehen, wer aussteigt. „Ist das nicht …?“ – „Mariah Carey?“ – „Ach, was!“ – „Nee, Paris Hilton, oder?“ – „Blödsinn!“ Nach einigem Rätselraten beschließen wir: Das war ganz einfach stinknormaler Jet-Set. Nichts weiter. Aber die Chancen, in Aspen einen echten Promi zu treffen, scheinen mindestens ebenso groß zu wie in Hollywood. Wenn nicht sogar größer. In der Hauptsaison starten und landen auf dem kleinen Flughafen Sardy Field bis zu 120 Privatjets täglich und bringen die Schönen und Reichen nach Aspen. Besonders um die Weihnachtszeit kommen viele Promis, um sich von ihrem anstrengenden Jet-Set-Leben ein wenig zu erholen. Dritter Tag. Jetlag. Einfach nur müde und kaputt. Aber wir sind mit Craig verabredet. Der ist Bergführer in Aspen und hat zur Aufgabe, den Touristen die schönsten Pisten zu zeigen. Kostenlos, versteht sich. Das gehört hier ebenfalls zum Service. Wir fragen Craig nach einer Abfahrtsstrecke durch den Wald. Aspen ist bekannt für seine bewaldeten Pisten, und auch wir wollen uns das Treeskiing nicht entgehen lassen. Das Fahren abseits der Pisten ist in den USA übrigens keine Besonderheit, denn die meisten Gebiete sind streng lawinenüberwacht. Wir stapfen also mit bleiernden Beinen durch den Pulverschnee zum Lift. Als wir auf den Lift warten – wieder so ein „Ist-das-nicht?“-Erlebnis: Ein dunkelhaariger Latino-Typ mit Pferdeschwanz stellt sich in die Reihe. Auffällig unauffällig stoße ich meinen Freund an, deute mit dem Kopf in Richtung Latino und zische: „Scha-hatz! An-to-ni-o!“ Mein Freund versteht nicht. Typisch! Nach dem zweiten, etwas genaueren Blick verzichte ich dann auf weitere Ausführungen. Klassischer Fall von Fehlalarm.

Für einen guten Snowboarder sind Waldabfahrten das pure Vergnügen. Zwischen den dichten Bäumen kann man kaum eine Schneise erkennen. Für jemanden mit mittleren Fahrkünsten wie mich, ist das Fahren hier eine echte Herausforderung. Und nach einem Beihnahe-Zusammenstoß mit einem Populus tremula, besser bekannt als Espe – das ist eben jener Baum, der Aspen wohl irgendwann seinen Namen gab –, beschließe ich: Es ist Zeit für eine Auszeit. Die Pisten am Aspen Mountain enden alle in Aspen City, und so bin ich nach ein paar Schritten mitten im Leben, kehre im „Dinners“ ein. Hier gibt es Hamburger frisch vom Grill, dazu eine ordentliche Portion french fries. God bless America! Die Amis haben wirklich Ahnung von allem, was fettig und schnell zubereitet ist. Nach meinem Imbiss bummele ich durch die City von Aspen. Mit seinen viktorianischen Holzhäusern hat sich der Ort trotz allem Trubel immer noch den altmodischen Charme eines Westernstädtchens erhalten. Und in der Shopping-Lane trete ich sie dann mit den Füßen: die beheizten Bürgersteige. Es gibt sie also tatsächlich! In den Schaufenstern einiger Boutiquen setzt sich diese Dekadenz fort. Beim Blick auf die Preisschilder wird mir als Normalverdiener schon ein wenig schwindelig. In Aspen findet sich wirklich alles, was in der Modebranche Rang und Namen hat. Allerdings auch Sportswear und Kleidung von der Stange zu erschwinglichen Tarifen. Im Gegensatz zu Nobel-Skiorten wie St. Moritz, die aufgrund ihrer Hotelpreise eine Auslese der Klientel betreiben, begegnet einem in Aspen ein gemischtes Publikum. Hier verleben Promi und Pauschaltourist den Urlaub in friedlicher Koexistenz. Nach dem entspannten Shopping-Tag bin ich am nächsten Morgen wieder fit fürs Board. Unser Ziel: die Aspen Highlands – wohl das anspruchsvollste Skigebiet der Region. Über die Hälfte der Pisten sind als sehr schwer bis extrem schwer eingestuft. Für Freaks das absolute Non-Plus-Ultra: der Highlands Bowl. Mit dem Lift fahren wir zunächst hoch zum Loge Peak auf 3.559 Meter. Von dort geht es weiter in Richtung Gipfel, vorbei an Warnschildern wie „Experts only“ (nur für Könner) oder „There is no easy way down“ (es gibt keinen einfachen Weg hinunter). Nach einem Aufstieg von etwa einer Stunde oder einer Fahrt mit der Pistenraupe erwartet einen ein Steilhang, der kaum steigerungsfähig ist. Auf einem Gefälle bis zu 45 Grad stürzen sich hier die Cracks ins Freeride-Vergnügen. Für meinen Partner das Highlight des Urlaubs schlechthin. Während ich mich derweil auf dem „Applestrudel“ vergnüge – einer netten Abfahrt, die so entspannt zu fahren ist, wie ihr Name schon klingt.

Als wir uns später am Lift treffen, wirft mir mein Freund vor: „Jetzt hast du mich schon angesteckt mit deinem Ist-das-nicht-Virus! Als ich vorhin im Lift saß, blieb mir fast das Herz stehen. Ich dachte, Bill Clinton setzt sich zu mir!“ Den letzten Tag lassen wir am Buttermilk ausklingen. Das Skigebiet ist wegen seiner überwiegend leichten Pisten als besonders familienfreundlich bekannt. Aber auch Fortgeschrittene und Carver kommen hier auf ihre Kosten. Und für Boarder gibt es einen großen Fun-Park. Als wir am Nachmittag nach Aspen zurückkehren, nehmen wir ein letztes Mal die Silver Queen Gondola auf den Ajax, setzen uns mit unserem Hot Cider in einen Deckchair – genießen die Sonne, den traumhaften Ausblick auf die 4.000 Meter hohen Gipfel der Maroon Bells und den Service: Heute wird kostenlos Sonnencreme ausgeteilt. Der verschnupften Dame hinter uns wird außerdem noch ein Papiertaschentuch gereicht. Ja, hier geht es entspannter zu als in den heimischen Skigebieten. Kein Gedränge am Lift, allerorten ein freundliches „Have a nice day“ (einen schönen Tag!) und zum Après-Ski eher Kunst und Kultur statt Halligalli auf der Hütte. Aspen vereint optimale Bedingungen für Wintersportler mit hervorragende Restaurants, Shopping und jeder Menge Entertainment. Und einen Promi haben wir schließlich auch noch zu sehen bekommen: Auf dem Weg zum Bus kreuzte George Clooney unseren Weg! Zumindest sah er ihm verdammt ähnlich …

INFORMATIONEN ZU ASPEN

Beste Reisezeit: November bis April.

Klima: Im Winter und im Frühling sind die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Im Herbst ist es kühl, im Sommer warm. Die Sonne scheint in Aspen an 300 Tagen im Jahr. Pro Wintersaison fallen gut sieben Meter Schnee, ab Ende November.

Zeitzone: MEZ minus 8 Stunden.

Sprache: Englisch.

Geld: US-Dollar

Dokumente: Einreisende brauchen einen gültigen, maschinenlesbaren Reisepass. Westeuropäische Touristen dürfen sich maximal 90 Tage in den USA aufhalten ohne ein Visum zu beantragen.

Gesundheit: Schutzimpfungen sind zur Einreise prinzipiell nicht nötig. Die ärztliche Versorgung in den USA ist sehr gut. Allerdings müssen Reisende aus Europa die Behandlung sofort beim Arzt oder im Krankenhaus bezahlen – selbst bei Abschluss einer Auslandskrankenversicherung. Für die Abrechnung wird eine Kreditkarte benötigt. Medikamente sind in Supermärkten und Drugstores erhältlich.

Essen & Trinken: Rund 100 Restaurants bieten vom Hamburger bis zur Haute Cuisine alles an. Hot Cider wird kostenlos ausgeschenkt.

Restaurants: „Cloud Nine Aspen Highland“: Das Restaurant ist in österreichischer Hand. Wirt Andreas Fischbacher serviert Wild und Raclette am offenen Feuer. Und bei Heimweh hilft vielleicht auch der Kaiserschmarrn. „Sundeck“ auf dem Aspen Mountain: ein beliebter Treff-punkt zum Après-Ski. „Elevation“: ein In-Lokal mit neuer US-Küche.

Sehenswert: Highland Bowl: Allein der Blick über die Kante dieses Steilhangs, lässt einem das Herz schneller schlagen. Maroon Bells: Die zwei Viertausender sind schon vom 16 Kilometer entfernten Aspen imposant. Ashcroft Ghost Town: Zwölf leer stehende Gebäude erinnern an das Ende des 19. Jahrhunderts, als hier noch 2.500 Einwohner lebten.

Unbedingt machen: Das Wheeler/Stallard Museum besuchen. Es dokumentiert Aspens Geschichte.

Unbedingt vermeiden: Als Ski-Anfänger den leichten blauen Pisten folgen. Denn diese entsprechen bei uns in Europa den mittel-schweren roten Abfahrten.

Beliebte Mitbringsel: Designerbekleidung – von Burberry über Prada bis Ralph Lauren. Dank des niedrigen Dollarkurses macht das Shoppen in den USA richtig Spaß. Insbesondere Sport-Equipment gibt es hier zum Schnäppchenkurs.

Auskünfte: www.aspensnowmass.com.

Lisa Kluxen

Fotos: Matt Inden/ Weaver Multimedia Group, Colorado Tourism Office; AspenSnowmass

Lisa Kluxen

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