Schroffe Schönheit SIZILIEN

© Increa / Fotolia

Malerisch, die raue Felsküste. Einladend, die sanften Strände. In ihrer natürlichen Vielfalt kann es die größte Insel im Mittelmeer mit ganzen Kontinenten aufnehmen. Und nicht zu vergessen die gute Küche. Plus Kultur – sowohl baulich als auch erbaulich.

Ganz entspannt sitze ich im Garten der Antica Focacceria San Francesco im Zentrum von Palermo auf Sizilien. Das ist eine Mischung aus Garküche und Pizzeria. Wir haben um die 30 Grad. Der Wein schmeckt gut. Und ich genieße Pasta con finocchio e sarde, Nudeln mit Fenchel und Sardinen. Sowas Leckeres habe ich zu Hause in Deutschland selten bekommen. Da tritt ein junger Mann an meinen Tisch, fragt: „Du kommst aus Deutschland?“ Ich bin erstaunt. Woher weiß der das? „Ich erkenne sowas“, sagt er. „Meine Eltern haben lange in eurem Land gelebt. Mein Vater war Eisenbieger im Ruhrgebiet und ich selbst habe auch ein paar Jahre meiner Kindheit dort verbracht. Dann sind wir zurück nach Sizilien – in unsere Heimat.“ Der junge Mann heißt Sandro, ist sehr höflich. Ich möchte ihn zu einem Amaro – das ist ein sizilianischer Kräuterbitter – einladen. Doch er schüttelt mit einem Lächeln dankend den Kopf. Ein Amaro ist zwar gesund und typisch für die Insel, aber offenbar nicht jedermanns Geschmack. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass ich den jungen Mann in den kommenden Tagen häufiger sehen werde. Aber das soll sich bald ergeben. Zunächst erzählt Sandro von seiner Familie und wie sie leben. Ich merke, dass er sehr stolz auf seine Heimat ist. Und als er anbietet, mir etwas davon zu zeigen, sage ich nicht nein. Unser erstes Ziel ist Orto Botanico, der Botanische Garten.

Sizilien ist anders als Italien – bunter, extremer

Von allein wäre ich nie auf die Idee gekommen, ihn mir anzusehen. Und im Park selbst bin ich überwältigt. Ich hatte Palermo immer mit Schmutz und Kriminalität verbunden – doch hier blüht wirklich das pralle Leben. Wir sind inmitten einer üppigen mediterranen Pflanzenwelt mit riesigen Bäumen und Blumen, die so viel Farbe zeigen, dass selbst ein Pfau vor Neid erblassen würde. Danach führt mich Sandro in die Handwerkerstraßen.

So heißt das Viertel zwischen Bahnhof und der Via Garibaldi. Ein altes Stück Palermo mit Läden und Werkstätten, die ihre Produkte selbst verkaufen. Günstig zu bekommen sind Hüte und auch maßgeschneiderte Kleider oder Anzüge. Abgesehen von einer langen Mittagspause sind die Händler, die gegen 14 Uhr auch gern mal ein Gläschen Wein trinken, bis weit in den Abend aktiv. Und sie lassen durchaus über den Preis mit sich reden, meint Sandro. Vom italienischen Stiefel ist Sizilien quasi nur einen Steinwurf entfernt – getrennt durch die Straße von Messina, einer Meerenge, die an der schmalsten Stelle lediglich drei Kilometer breit ist. Aber Sandro erzählt mir, dass jeder Sizilianer stolz darauf ist, nicht zum Festland zu gehören. Woran das liegt? Sandro: „Sizilien ist anders als Italien – bunter, extremer.“ Das soll auch ich in den nächsten Tagen noch feststellen ... Die Insel im Süden Italiens hat etwa die Form eines Dreiecks und ist in seiner natürlichen Vielfalt eigentlich selbst ein kleiner Kontinent. Malerisch, die raue Felsenküste. Lieblich, die zahlreichen Sandstrände. Mit über 3.000 unterschiedlichen Pflanzenarten ist Sizilien die vegetationsreichste Insel des Mittelmeeres. Ich sehe Gummibäume, Bananenstauden und Papyruspflanzen, freue mich über Zitronengärten, Jasmin und Orchideen.

Und was ist mit dem Ätna, der seit Anfang 2006 immer mal wieder Feuer spuckt? „Mach dir über den Vulkan keine Sorgen“, meint Sandro mit einem beruhigenden Lächeln. „Wir Sizilianer tun es auch nicht.“ Wir nehmen uns einen Mietwagen und fahren nach Marsala, etwa 60 Kilo-meter südwestlich von Palermo. Der Ort liegt direkt an der Küste nahe Capo Lilibeo, dem westlichsten Punkt der Insel. Aber Sandro möchte mir etwas anderes zeigen – das „Garibaldi“ in der Altstadt von Marsala. Nicht nur, weil man dort vorzüglich Fisch essen kann, sondern weil das Lokal einem Onkel gehört, den er lange nicht mehr gesehen hat. Klar, dass es bei diesem Treffen nicht nur bei einer Flasche Wein bleibt. Am nächsten Tag fahre ich alleine weiter. Nach Sciacca. Sandro sagte mir, dass der Ort etwas Naturromantisches an sich haben solle. Und ich werde nicht enttäuscht. Sciaccas Altstadt ist ein verwinkeltes Gewirr von Gassen, die häufig gerade mal so breit sind, dass zwei Leute aneinander vorbeikommen. Charmant! Abends, habe ich dann festgestellt, treffen sich Einheimische und Gäste, auf dem weiten Platz vor dem Jesuitenkolleg, dem so genannten Salon, zum Corso. Man trinkt zusammen, isst und redet über Gott und die Welt. Schöne und noch nicht völlig vom Tourismus überlaufene Strände mit herrlichen Sandbuchten entdecke ich gleich in der Nähe, entlang der Straße nach Agrigent: Torre Macauda, Torre Verdura und Secca Grande.

Schweigen ist die höchste Kunst

Und was ich noch äußerst spannend finde: die Katakomben San Giovanni in Syrakus nahe dem Archäologischen Regionalmuseum. Durch die halb verfallene Kirche San Giovanni gelangt man in unterirdische Katakomben und gerät in ein Labyrinth von Gängen aus frühchristlicher Zeit. Zugegeben: Ein bisschen unheimlich ist es schon – aber auch unheimlich reizvoll. Wovon ich mir, ehrlich gesagt, ein wenig mehr versprochen habe, ist Taormina, der bekannteste Ferienort der Insel. Man hat von hier aus zwar einen phantastischen Blick auf den Vulkan Ätna. Mir ist der Ort jedoch etwas zu überlaufen. Aber die Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden …

INFORMATIONEN ZU SIZILIEN

Beste Reisezeit: Mai, Juni, September und Oktober.

Klima: An den Küsten herrscht Mittelmeerklima mit einem langen, heißen Sommer. Im Herbst sind die Temperaturen angenehm, das Meer ist warm und der große Ansturm der Hochsaison und der Osterwochen fern. Der Winter ist regnerisch und mild. Im Landesinneren kann es oberhalb von 1.500 m im Sommer kühl werden.

Sprache: Italienisch. In Touristengebieten wird auch Englisch und Deutsch verstanden.

Geld: Landeswährung ist der Euro.

Dokumente: Personalausweis genügt.

Gesundheit: Die Notfallbehandlung in öffentlichen Krankenhäusern ist gratis. Eine Urlaubskrankenversicherung hilft, der oft komplizierten Bürokratie des öffentlichen Gesundheitsdienstes und Wartezeiten aus dem Weg zu gehen.

Essen & Trinken: Die Küche auf Sizilien spiegelt die Einflüsse der verschiedenen Kulturen wider, die ihre Spuren auf der Insel und in der Kochkunst hinterlassen haben. Genau wie bei der italienischen Küche gilt auch bei der sizilianischen Kochkultur: Einfachste Gerichte werden durch ihre köstliche Zubereitung mit frischen Zutaten und raffinierten Gewürzen zu einem besonderen kulinarischen Genuss.

Sehenswert: Stromboli: Das nächtliche Feuerwerk des Vulkans können Sie in Gipfelnähe, aber auch vom Boot aus beobachten. Pantalica: Auf Wanderwegen kann man sich die Anapo-Schlucht und 7.000 Jahre Geschichte erschließen

Unbedingt machen: Die Schlupfwinkel der Paten erforschen: In der Rocca Busambra bei Corleone wandeln Sie auf den Spuren der Mafia.

Unbedingt vermeiden: „Lo Scontrino“ vergessen. Nehmen Sie überall den Kassenbon mit, auch wenn Sie nur ein Brötchen gekauft haben. Es gibt für Sie und den Verkäufer hohe Strafen, wenn Sie den Zivilbeamten der Guardia di Finanza den Beleg nicht vorlegen können.

Auskünfte: Staatliches Italienisches Fremdenverkehrsamt.

Autor: Robert Görs

© Fotos: dertour, Gerhard Führing © Increa / Fotolia, reisehunger.net

Robert Görs

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Malerisch, die raue Felsküste. Einladend, die sanften Strände. In ihrer natürlichen Vielfalt kann es die größte Insel im Mittelmeer mit ganzen Kontinenten aufnehmen. Und nicht zu vergessen die gute Küche. Plus Kultur – sowohl baulich als auch erbaulich.

Ganz entspannt sitze ich im Garten der Antica Focacceria San Francesco im Zentrum von Palermo auf Sizilien. Das ist eine Mischung aus Garküche und Pizzeria. Wir haben um die 30 Grad. Der Wein schmeckt gut. Und ich genieße Pasta con finocchio e sarde, Nudeln mit Fenchel und Sardinen. Sowas Leckeres habe ich zu Hause in Deutschland selten bekommen. Da tritt ein junger Mann an meinen Tisch, fragt: „Du kommst aus Deutschland?“ Ich bin erstaunt. Woher weiß der das? „Ich erkenne sowas“, sagt er. „Meine Eltern haben lange in eurem Land gelebt. Mein Vater war Eisenbieger im Ruhrgebiet und ich selbst habe auch ein paar Jahre meiner Kindheit dort verbracht. Dann sind wir zurück nach Sizilien – in unsere Heimat.“ Der junge Mann heißt Sandro, ist sehr höflich. Ich möchte ihn zu einem Amaro – das ist ein sizilianischer Kräuterbitter – einladen. Doch er schüttelt mit einem Lächeln dankend den Kopf. Ein Amaro ist zwar gesund und typisch für die Insel, aber offenbar nicht jedermanns Geschmack. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass ich den jungen Mann in den kommenden Tagen häufiger sehen werde. Aber das soll sich bald ergeben. Zunächst erzählt Sandro von seiner Familie und wie sie leben. Ich merke, dass er sehr stolz auf seine Heimat ist. Und als er anbietet, mir etwas davon zu zeigen, sage ich nicht nein. Unser erstes Ziel ist Orto Botanico, der Botanische Garten.

Sizilien ist anders als Italien – bunter, extremer

Von allein wäre ich nie auf die Idee gekommen, ihn mir anzusehen. Und im Park selbst bin ich überwältigt. Ich hatte Palermo immer mit Schmutz und Kriminalität verbunden – doch hier blüht wirklich das pralle Leben. Wir sind inmitten einer üppigen mediterranen Pflanzenwelt mit riesigen Bäumen und Blumen, die so viel Farbe zeigen, dass selbst ein Pfau vor Neid erblassen würde. Danach führt mich Sandro in die Handwerkerstraßen.

So heißt das Viertel zwischen Bahnhof und der Via Garibaldi. Ein altes Stück Palermo mit Läden und Werkstätten, die ihre Produkte selbst verkaufen. Günstig zu bekommen sind Hüte und auch maßgeschneiderte Kleider oder Anzüge. Abgesehen von einer langen Mittagspause sind die Händler, die gegen 14 Uhr auch gern mal ein Gläschen Wein trinken, bis weit in den Abend aktiv. Und sie lassen durchaus über den Preis mit sich reden, meint Sandro. Vom italienischen Stiefel ist Sizilien quasi nur einen Steinwurf entfernt – getrennt durch die Straße von Messina, einer Meerenge, die an der schmalsten Stelle lediglich drei Kilometer breit ist. Aber Sandro erzählt mir, dass jeder Sizilianer stolz darauf ist, nicht zum Festland zu gehören. Woran das liegt? Sandro: „Sizilien ist anders als Italien – bunter, extremer.“ Das soll auch ich in den nächsten Tagen noch feststellen ... Die Insel im Süden Italiens hat etwa die Form eines Dreiecks und ist in seiner natürlichen Vielfalt eigentlich selbst ein kleiner Kontinent. Malerisch, die raue Felsenküste. Lieblich, die zahlreichen Sandstrände. Mit über 3.000 unterschiedlichen Pflanzenarten ist Sizilien die vegetationsreichste Insel des Mittelmeeres. Ich sehe Gummibäume, Bananenstauden und Papyruspflanzen, freue mich über Zitronengärten, Jasmin und Orchideen.

Und was ist mit dem Ätna, der seit Anfang 2006 immer mal wieder Feuer spuckt? „Mach dir über den Vulkan keine Sorgen“, meint Sandro mit einem beruhigenden Lächeln. „Wir Sizilianer tun es auch nicht.“ Wir nehmen uns einen Mietwagen und fahren nach Marsala, etwa 60 Kilo-meter südwestlich von Palermo. Der Ort liegt direkt an der Küste nahe Capo Lilibeo, dem westlichsten Punkt der Insel. Aber Sandro möchte mir etwas anderes zeigen – das „Garibaldi“ in der Altstadt von Marsala. Nicht nur, weil man dort vorzüglich Fisch essen kann, sondern weil das Lokal einem Onkel gehört, den er lange nicht mehr gesehen hat. Klar, dass es bei diesem Treffen nicht nur bei einer Flasche Wein bleibt. Am nächsten Tag fahre ich alleine weiter. Nach Sciacca. Sandro sagte mir, dass der Ort etwas Naturromantisches an sich haben solle. Und ich werde nicht enttäuscht. Sciaccas Altstadt ist ein verwinkeltes Gewirr von Gassen, die häufig gerade mal so breit sind, dass zwei Leute aneinander vorbeikommen. Charmant! Abends, habe ich dann festgestellt, treffen sich Einheimische und Gäste, auf dem weiten Platz vor dem Jesuitenkolleg, dem so genannten Salon, zum Corso. Man trinkt zusammen, isst und redet über Gott und die Welt. Schöne und noch nicht völlig vom Tourismus überlaufene Strände mit herrlichen Sandbuchten entdecke ich gleich in der Nähe, entlang der Straße nach Agrigent: Torre Macauda, Torre Verdura und Secca Grande.

Schweigen ist die höchste Kunst

Und was ich noch äußerst spannend finde: die Katakomben San Giovanni in Syrakus nahe dem Archäologischen Regionalmuseum. Durch die halb verfallene Kirche San Giovanni gelangt man in unterirdische Katakomben und gerät in ein Labyrinth von Gängen aus frühchristlicher Zeit. Zugegeben: Ein bisschen unheimlich ist es schon – aber auch unheimlich reizvoll. Wovon ich mir, ehrlich gesagt, ein wenig mehr versprochen habe, ist Taormina, der bekannteste Ferienort der Insel. Man hat von hier aus zwar einen phantastischen Blick auf den Vulkan Ätna. Mir ist der Ort jedoch etwas zu überlaufen. Aber die Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden …

INFORMATIONEN ZU SIZILIEN

Beste Reisezeit: Mai, Juni, September und Oktober.

Klima: An den Küsten herrscht Mittelmeerklima mit einem langen, heißen Sommer. Im Herbst sind die Temperaturen angenehm, das Meer ist warm und der große Ansturm der Hochsaison und der Osterwochen fern. Der Winter ist regnerisch und mild. Im Landesinneren kann es oberhalb von 1.500 m im Sommer kühl werden.

Sprache: Italienisch. In Touristengebieten wird auch Englisch und Deutsch verstanden.

Geld: Landeswährung ist der Euro.

Dokumente: Personalausweis genügt.

Gesundheit: Die Notfallbehandlung in öffentlichen Krankenhäusern ist gratis. Eine Urlaubskrankenversicherung hilft, der oft komplizierten Bürokratie des öffentlichen Gesundheitsdienstes und Wartezeiten aus dem Weg zu gehen.

Essen & Trinken: Die Küche auf Sizilien spiegelt die Einflüsse der verschiedenen Kulturen wider, die ihre Spuren auf der Insel und in der Kochkunst hinterlassen haben. Genau wie bei der italienischen Küche gilt auch bei der sizilianischen Kochkultur: Einfachste Gerichte werden durch ihre köstliche Zubereitung mit frischen Zutaten und raffinierten Gewürzen zu einem besonderen kulinarischen Genuss.

Sehenswert: Stromboli: Das nächtliche Feuerwerk des Vulkans können Sie in Gipfelnähe, aber auch vom Boot aus beobachten. Pantalica: Auf Wanderwegen kann man sich die Anapo-Schlucht und 7.000 Jahre Geschichte erschließen

Unbedingt machen: Die Schlupfwinkel der Paten erforschen: In der Rocca Busambra bei Corleone wandeln Sie auf den Spuren der Mafia.

Unbedingt vermeiden: „Lo Scontrino“ vergessen. Nehmen Sie überall den Kassenbon mit, auch wenn Sie nur ein Brötchen gekauft haben. Es gibt für Sie und den Verkäufer hohe Strafen, wenn Sie den Zivilbeamten der Guardia di Finanza den Beleg nicht vorlegen können.

Auskünfte: Staatliches Italienisches Fremdenverkehrsamt.

Autor: Robert Görs

© Fotos: dertour, Gerhard Führing © Increa / Fotolia, reisehunger.net

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