Die Fahrt führt in Richtung Süden, ein Farbgemisch aus Erdtönen und sattem Grün zieht an den Seitenscheiben vorbei, die zweispurige Schnellstraße ist in einem hervorragenden Zustand und lässt in der Theorie ein schnelles Gleiten auf dem glatten Straßenpflaster zu. Muhammad, der Fahrer des großen Geländewagens scheint meine Gedanken zu lesen und deutet auf die Blitzkästen, die scheinbar im Kilometertakt die Straße säumen. Er lächelt und zeigt unmissverständlich mit einer Geste aus Daumen und Zeigefinger, dass ein schnelles Fahren hier verdammt teuer wäre. Ich beruhige ihn und erkläre, dass ich es nicht eilig hätte – zu einzigartig ist diese Landschaft. Dhofar, die südliche Region des Omans, bezeichnet sich selbst als das „Land des Weihrauchs“.
Hier wachsen die Bäume langsam, aber stetig. Der Monsun, der hier Charif genannt wird, sorgt im Juli und August für ideale Wetterbedingungen. Es regnet dann weit mehr als zwanzig Tage im Monat, das bedeutet, dass eine Region, die man sonst schlicht als Wüste bezeichnet, für rund 50 Tage aufblüht. Salalah wird im Hochsommer zum „Green-Spot“ der arabischen Welt. Zehntausende von Arabern reisen in den tiefen Süden und feiern den Dauerregen in der Wüste. Muhammad erzählt, dass dann überall an den temporären Flüssen und Seen Picknicks abgehalten werden. Diese sommerliche Regenzeit lässt Wiesen und ganze Wälder gedeihen. So findet man an den Bergzügen des Qara Gebirges Baobab- und Weihrauchbaumwälder. Wo sonst eine Temperatur von 45 Grad Hitze herrscht, sorgen jetzt rund 20 Grad und Nieselregen für ideale Wachstumsbedingungen. Selbst Ackerbau kann in dem ca. 300 Kilometer langen Küstenstreifen betrieben werden. So werden Papayas, Mangos und Bananen rund um Salalah in groß angelegten Plantagen angebaut.
Der Monsun bringt dem kargen Land heute den Regen, doch er war historisch betrachtet auch der „Motor“ für die arabischen Seefahrer und damit die Triebfeder für den arabisch-indischen Handel. Hier kreuzte sich die Seidenstraße mit den Weihrauchpfaden, und hier wurde die Basis gelegt für den Reichtum der malerischen Küstenstädte. Sinnbildlich brachen von hier die „Heiligen Drei Könige“ aus dem Morgenland auf, um Gold, Weihrauch und Myrrhe ins Heilige Land zu bringen. Diese Region steht seit Jahrhunderten für Reichtum und landschaftliche Schönheit. Heute setzen die Einwohner Dhofars nicht mehr auf Myrrhe und Gold, sondern eher etwas profaner auf Tourismus und Obstanbau.
Der Wagen schraubt sich in weiten Serpentinen den Berg hoch. Die Obstplantagen bleiben in den tieferen Lagen, dagegen begleiten die Fahrt von nun an die groß gewachsenen Baobabs. Die mächtigen Bäume, die bei uns Affenbrotbäume genannt werden, kennt man aus der afrikanischen Savanne, wo sie sich wie Leuchttürme vereinzelt aus der Ebene erheben. Hier bilden sie ganze Wälder und sorgen mit ihrem bizarren Äußeren für ein fast archaisches Erscheinungsbild eines frühen Waldes. Während ich noch fasziniert in das schwere Grün dieser Wälder schaue, bremst der Fahrer abrupt ab. Am Ende einer langgezogenen Kurve tauchen drei ausgewachsene Dromedare wie aus dem Nichts auf. Wir hängen in den Sicherheitsgurten und kommen zwei Meter vor den langbeinigen Riesen zum Stehen. Die Tiere goutieren das mit einem genügsamen Kopfnicken und gehen gemessenen Schrittes langsam weiter in Richtung Bäume. Muhammad kann Sekunden später auch schon wieder lächeln und sagt ironisch, dass das wohl mit Abstand die größte Gefahrenquelle des Omans sei. Das kann ich nur bestätigen, ich habe mich selten in einer Region so sicher aufgehoben gefühlt wie im Land Sindbads des Seefahrers.
Wir haben wenig später die letzte Haarnadelkurve unserer Tour bewältigt und stehen staunend vor dem eigentlichen Ziel unserer Tour. Das ist bei näherer Betrachtung allerdings falsch ausgedrückt, denn wir stehen auf einem kleinen Parkplatz, der umgeben ist von Dutzenden von Wasserfällen und Kaskaden. Inmitten des rotbraunen Karstgesteins haben sich diverse Bäche ihren Weg gesucht und stürzen sich in munteren Strömen die Hänge hinab. Wir steigen aus und werden vom melodischen Donner der Wassermassen begrüßt. Wir sind beide angetan von dieser unerwarteten Symphonie in der Wildnis. Der Fahrer erzählt, dass er schon oft hier war, aber immer wieder schwer beeindruckt ist von diesem lauten Naturschauspiel. Vor uns ist ein gigantisches Panoramagemälde zum Leben erweckt worden. Auf 180 Grad Sichtweite erheben sich grüne Berge, von denen sich unterschiedlich große Wasserfälle in einen tiefblauen See ergießen. Ich lasse den Blick von den Bergkuppen hinunter auf den See gleiten und entdecke Schwärme großer und kleiner Fische. Ich habe offensichtlich den Garten Eden in der Wüste entdeckt, und um das Bild komplett zu machen, erscheinen die Dromedare, die wir eben noch fast auf dem Kühler hatten und waten durch die Traumlandschaft, um sich einen idealen Platz für eine Wasserpause zu suchen.
Muhammad versprach mir vor Antritt der Fahrt, dass ich heute die grüne Insel in der weiten Wüste finden würde. Er hat mit keinem Wort übertrieben. Ich habe, um es ein wenig malerisch auszudrücken, schlicht ein Paradies auf Erden gefunden. Ich habe es relaxt in einem Geländewagen erreicht und erlebe es nun gemeinsam mit einer Vielzahl von begeisterten Besuchern, die sich alle gegenseitig oder auf Selfies vor dem lebendigen Panoramagemälde ablichten, auf dass das Himmelreich-Geheimnis dieser Tour nur mit einer kleinen Schar von Eingeweihten in der ganzen Welt geteilt werde …
Anreise: Idealerweise mit dem Flugzeug, diverse Fluglinien steuern Oman an und es gibt Direktflüge unter anderem von Frankfurt und München aus.
Beste Reisezeit: Wenn man nicht auf Nieselregen und Monsunwolken steht, sollte man das Zeitfenster zwischen Oktober und Mai für den tiefen Süden des Omans wählen.
Mitbringsel: Weihrauch in allen Variationen - vom Naturprodukt bis zur Seife oder Bodylotion, der Oman war das wirtschaftliche Zentrum der Weihrauchstraße, das kann man auch heute noch über die Souvenierauswahl dokumentieren.
Nicht versäumen: Ein Besuch einer Weihrauchplantage, es ist ein idealer Ort etwas über die Geschichte der Weihrauchstraße und der Gewinnung des begehrten Baumsaftes zu erfahren.
Ausflüge: Salalah bietet eine Vielzahl an sensationellen Ausflugszielen, ob man nun durch die Wüste wandern oder alte Festungsanlagen in Dhofar besuchen möchte oder ob man es anlegt, mit Schildkröten und Delphinen zu schnorcheln, die Region im Süden kann sicher allein im Mietwagen oder organisiert mit Guide bereist werden. Die Firma "Bin Samooda International“ hat sich einen hervorragenden Namen gemacht und verfügt über ein enges Netz sehr gut ausgebildeter Tour Guides.
Unterkunft: Die Region Salalah verfügt über eine Vielzahl von 3 - 5 Stern Unterkünften. Hervorragend schlafen und essen kann man im Alila Hinu Bay und Al Baleed Resort by Anantara.
Autor: Wolfgang Siesing
© Fotos: Wolfgang Siesing, unsplash.com (Anusree Mohan), pexels.com (Abdullah Alharrasi)
Die Fahrt führt in Richtung Süden, ein Farbgemisch aus Erdtönen und sattem Grün zieht an den Seitenscheiben vorbei, die zweispurige Schnellstraße ist in einem hervorragenden Zustand und lässt in der Theorie ein schnelles Gleiten auf dem glatten Straßenpflaster zu. Muhammad, der Fahrer des großen Geländewagens scheint meine Gedanken zu lesen und deutet auf die Blitzkästen, die scheinbar im Kilometertakt die Straße säumen. Er lächelt und zeigt unmissverständlich mit einer Geste aus Daumen und Zeigefinger, dass ein schnelles Fahren hier verdammt teuer wäre. Ich beruhige ihn und erkläre, dass ich es nicht eilig hätte – zu einzigartig ist diese Landschaft. Dhofar, die südliche Region des Omans, bezeichnet sich selbst als das „Land des Weihrauchs“.
Hier wachsen die Bäume langsam, aber stetig. Der Monsun, der hier Charif genannt wird, sorgt im Juli und August für ideale Wetterbedingungen. Es regnet dann weit mehr als zwanzig Tage im Monat, das bedeutet, dass eine Region, die man sonst schlicht als Wüste bezeichnet, für rund 50 Tage aufblüht. Salalah wird im Hochsommer zum „Green-Spot“ der arabischen Welt. Zehntausende von Arabern reisen in den tiefen Süden und feiern den Dauerregen in der Wüste. Muhammad erzählt, dass dann überall an den temporären Flüssen und Seen Picknicks abgehalten werden. Diese sommerliche Regenzeit lässt Wiesen und ganze Wälder gedeihen. So findet man an den Bergzügen des Qara Gebirges Baobab- und Weihrauchbaumwälder. Wo sonst eine Temperatur von 45 Grad Hitze herrscht, sorgen jetzt rund 20 Grad und Nieselregen für ideale Wachstumsbedingungen. Selbst Ackerbau kann in dem ca. 300 Kilometer langen Küstenstreifen betrieben werden. So werden Papayas, Mangos und Bananen rund um Salalah in groß angelegten Plantagen angebaut.
Der Monsun bringt dem kargen Land heute den Regen, doch er war historisch betrachtet auch der „Motor“ für die arabischen Seefahrer und damit die Triebfeder für den arabisch-indischen Handel. Hier kreuzte sich die Seidenstraße mit den Weihrauchpfaden, und hier wurde die Basis gelegt für den Reichtum der malerischen Küstenstädte. Sinnbildlich brachen von hier die „Heiligen Drei Könige“ aus dem Morgenland auf, um Gold, Weihrauch und Myrrhe ins Heilige Land zu bringen. Diese Region steht seit Jahrhunderten für Reichtum und landschaftliche Schönheit. Heute setzen die Einwohner Dhofars nicht mehr auf Myrrhe und Gold, sondern eher etwas profaner auf Tourismus und Obstanbau.
Der Wagen schraubt sich in weiten Serpentinen den Berg hoch. Die Obstplantagen bleiben in den tieferen Lagen, dagegen begleiten die Fahrt von nun an die groß gewachsenen Baobabs. Die mächtigen Bäume, die bei uns Affenbrotbäume genannt werden, kennt man aus der afrikanischen Savanne, wo sie sich wie Leuchttürme vereinzelt aus der Ebene erheben. Hier bilden sie ganze Wälder und sorgen mit ihrem bizarren Äußeren für ein fast archaisches Erscheinungsbild eines frühen Waldes. Während ich noch fasziniert in das schwere Grün dieser Wälder schaue, bremst der Fahrer abrupt ab. Am Ende einer langgezogenen Kurve tauchen drei ausgewachsene Dromedare wie aus dem Nichts auf. Wir hängen in den Sicherheitsgurten und kommen zwei Meter vor den langbeinigen Riesen zum Stehen. Die Tiere goutieren das mit einem genügsamen Kopfnicken und gehen gemessenen Schrittes langsam weiter in Richtung Bäume. Muhammad kann Sekunden später auch schon wieder lächeln und sagt ironisch, dass das wohl mit Abstand die größte Gefahrenquelle des Omans sei. Das kann ich nur bestätigen, ich habe mich selten in einer Region so sicher aufgehoben gefühlt wie im Land Sindbads des Seefahrers.
Wir haben wenig später die letzte Haarnadelkurve unserer Tour bewältigt und stehen staunend vor dem eigentlichen Ziel unserer Tour. Das ist bei näherer Betrachtung allerdings falsch ausgedrückt, denn wir stehen auf einem kleinen Parkplatz, der umgeben ist von Dutzenden von Wasserfällen und Kaskaden. Inmitten des rotbraunen Karstgesteins haben sich diverse Bäche ihren Weg gesucht und stürzen sich in munteren Strömen die Hänge hinab. Wir steigen aus und werden vom melodischen Donner der Wassermassen begrüßt. Wir sind beide angetan von dieser unerwarteten Symphonie in der Wildnis. Der Fahrer erzählt, dass er schon oft hier war, aber immer wieder schwer beeindruckt ist von diesem lauten Naturschauspiel. Vor uns ist ein gigantisches Panoramagemälde zum Leben erweckt worden. Auf 180 Grad Sichtweite erheben sich grüne Berge, von denen sich unterschiedlich große Wasserfälle in einen tiefblauen See ergießen. Ich lasse den Blick von den Bergkuppen hinunter auf den See gleiten und entdecke Schwärme großer und kleiner Fische. Ich habe offensichtlich den Garten Eden in der Wüste entdeckt, und um das Bild komplett zu machen, erscheinen die Dromedare, die wir eben noch fast auf dem Kühler hatten und waten durch die Traumlandschaft, um sich einen idealen Platz für eine Wasserpause zu suchen.
Muhammad versprach mir vor Antritt der Fahrt, dass ich heute die grüne Insel in der weiten Wüste finden würde. Er hat mit keinem Wort übertrieben. Ich habe, um es ein wenig malerisch auszudrücken, schlicht ein Paradies auf Erden gefunden. Ich habe es relaxt in einem Geländewagen erreicht und erlebe es nun gemeinsam mit einer Vielzahl von begeisterten Besuchern, die sich alle gegenseitig oder auf Selfies vor dem lebendigen Panoramagemälde ablichten, auf dass das Himmelreich-Geheimnis dieser Tour nur mit einer kleinen Schar von Eingeweihten in der ganzen Welt geteilt werde …
Anreise: Idealerweise mit dem Flugzeug, diverse Fluglinien steuern Oman an und es gibt Direktflüge unter anderem von Frankfurt und München aus.
Beste Reisezeit: Wenn man nicht auf Nieselregen und Monsunwolken steht, sollte man das Zeitfenster zwischen Oktober und Mai für den tiefen Süden des Omans wählen.
Mitbringsel: Weihrauch in allen Variationen - vom Naturprodukt bis zur Seife oder Bodylotion, der Oman war das wirtschaftliche Zentrum der Weihrauchstraße, das kann man auch heute noch über die Souvenierauswahl dokumentieren.
Nicht versäumen: Ein Besuch einer Weihrauchplantage, es ist ein idealer Ort etwas über die Geschichte der Weihrauchstraße und der Gewinnung des begehrten Baumsaftes zu erfahren.
Ausflüge: Salalah bietet eine Vielzahl an sensationellen Ausflugszielen, ob man nun durch die Wüste wandern oder alte Festungsanlagen in Dhofar besuchen möchte oder ob man es anlegt, mit Schildkröten und Delphinen zu schnorcheln, die Region im Süden kann sicher allein im Mietwagen oder organisiert mit Guide bereist werden. Die Firma "Bin Samooda International“ hat sich einen hervorragenden Namen gemacht und verfügt über ein enges Netz sehr gut ausgebildeter Tour Guides.
Unterkunft: Die Region Salalah verfügt über eine Vielzahl von 3 - 5 Stern Unterkünften. Hervorragend schlafen und essen kann man im Alila Hinu Bay und Al Baleed Resort by Anantara.
Autor: Wolfgang Siesing
© Fotos: Wolfgang Siesing, unsplash.com (Anusree Mohan), pexels.com (Abdullah Alharrasi)
© Copyright 2024 Die neue Reiselust