Ich stehe vor einem prächtigen Bauwerk. Nach achtjähriger Bauzeit wurde es 1884 eröffnet. Namenspatron war der früh verstorbene Kronprinz Rudolf von Habsburg, der einige Zeit in Prag lebte. Das Rudolfinum wird auch Haus der Künste genannt, da von Anfang an geplant war, Musik und bildende Kunst unter einem Dach zu vereinen. Das Konzept ist aufgegangen, und als ich dort bin, wird die neue Ausstellung eröffnet, begleitet von einem Pop-Up-Konzert zweier junger Musiker. Tomas Karpíšek (Kontrabass) und Eduard Šístek (Cello), Duo di basso I. Prelude, II. Interlude, III. Duo für Cello und Kontrabass nach dem Choral Befiehl du deine Wege. Zwischen den in der Galerie ausgestellten Werken finden kurze musikalische Darbietungen statt. Ungezwungen, fast wie aus dem Stegreif, was keineswegs der Fall ist. Vielmehr verschmelzen die beiden Musiker zu einem harmonischen Ganzen, die gespielten Werke sind sehr anspruchsvoll. Art Sound ist ein neues gemeinsames Projekt der Galerie Rudolfinum und der Tschechischen Philharmonie im Rahmen der Ausstellung Antony Gormley / Pavla Melková. Die Ausstellung präsentiert atmosphärische Rauminstallationen und Skulpturen mit dem Ziel, unsere Wahrnehmung der Art und Weise, wie wir den Raum besetzen und die Objekte um uns herum erleben, zu vertiefen.
Milena Vostalova zeigt mir die Stadt. Wir sind ganz nah bei der Musik. Vor der Tschechischen Nationalbank erklärt sie die Geschichte: "Das Gebäude mit seiner monumentalen Fassade wurde in den Jahren 1935-42 nach Plänen des tschechischen Architekten František Roith errichtet und zunächst als Hotel unter dem Namen Zum Blauen Stern betrieben. Fryderyk Chopin übernachtete hier 1829 und 1830 auf der Durchreise von Wien nach Warschau. Das ‚Wunderkind‘ komponierte bereits im Alter von sieben Jahren. Doch Chopins kurzes Leben war nicht einfach. Nach sechs überaus erfolgreichen Konzerten in der Stadt beschloss er, nicht mehr aufzutreten, da er sich vor dem Spott der Leute fürchtete."
Wir schlendern weiter zum Prager Gemeindehaus, einem Repräsentationshaus aus der Zeit der Habsburger Republik. Das Repräsentationshaus am Platz der Republik ist so schön, dass man es nicht übersehen kann. Die Konzertsäle gehören zu den eindrucksvollsten und bedeutendsten in Prag, vor allem wegen ihrer hervorragenden Akustik. Der Smetana-Saal mit über 1200 Plätzen ist übrigens die Heimat des Prager Symphonieorchesters. Fast täglich finden hier klassische Konzerte statt.
Als wir am Hotel Goldener Adler vorbeikommen, erklärt uns Milena, dass Wolfgang Amadeus Mozart hier mehrmals übernachtet hat. Unser Blick fällt aber gleich auf das Ständetheater. In diesem Prachtbau fanden die Uraufführungen der Opern Don Giovanni (1787) und La clemenza di Tito (1791) von Wolfgang Amadeus Mozart statt. Der Bau wurde 1783 für Franz Anton Graf von Nostitz-Rieneck als Nationaltheater fertiggestellt. Seine Blütezeit erlebte das Theater unter Johann Carl Liebich, der es 1806 vom verstorbenen Domenico Guardasoni übernahm. Überlieferungen zufolge soll Mozart einmal gesagt haben: „Meine Prager verstehen mich.“ Damit drückte er aus, dass er in Prag wesentlich erfolgreicher war als in Wien.
Am Uhelný trh, dem Kohlenmarkt nahe der Stadtmauer, steht eine Reihe von Bürgerhäusern mit mittelalterlichen Laubengängen. Am Haus Zu den drei goldenen Löwen erinnert eine Gedenktafel mit einem Porträt an den Aufenthalt von Wolfgang Amadeus Mozart. In diesem Gasthof wohnte der Komponist im Herbst 1787 anlässlich der Uraufführungen seiner Opern im Ständetheater. Einige seiner Werke vollendete er hier nach seiner Ankunft in Prag. Mit dem Librettisten Lorenzo da Ponte, der im Haus gegenüber wohnte, soll er über den Balkon kommuniziert haben.
Gleich um die Ecke weist mich Milena auf die Gedenktafel für Franz Liszt hin. Auch der Komponist, Pianist und Dirigent feierte in Prag große Erfolge. Bei einem seiner Konzerte war Bedřich Smetana anwesend, der von dem damaligen Pianisten begeistert war. Smetana selbst war arm und wollte eine Musikschule gründen. In seiner Not wandte er sich an Liszt, der ihm zwar kein Geld gab, ihm aber viel wirksamer half. Seinem Brief an Liszt legte er eine Klavierkomposition bei. Liszt gab sie mit Empfehlung an einen großen Verleger weiter, und Smetana wurde kurzerhand vom armen und unbekannten Musiker zum wohlhabenden und berühmten Nationalkomponisten. 1948 eröffnete er seine Musikschule am Altstädter Ring.
Die letzte Station meiner musikalischen Reise ist das Prager Messegelände. Das Messegelände hat eine lange Tradition, jedes Jahr finden hier mehr als 50 Ausstellungsprojekte, Messen und eine Vielzahl von Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen statt. Das Konzert „Durch Mahler verbunden“ fand im Rahmen des internationalen Musikfestivals „Dvořákova Praha” statt. Das Konzert erinnerte an die Weltpremiere von Mahlers 7. Sinfonie, die 1908 am selben Ort stattfand. Trotz des regnerischen Wetters kamen mehr als 2000 Besucher. Die Tschechische Philharmonie und die Bamberger Symphoniker spielten unter der Leitung von Jakub Hrůša, der ab Herbst 2025 Musikdirektor der Royal Opera in Covent Garden in London wird. Mit diesem Open-Air-Konzert wurde das Jahr der tschechischen Musik gefeiert, nicht nur wegen der tschechischen Wurzeln Gustav Mahlers, sondern auch, weil er 1904, also vor 120 Jahren, mit der Komposition seiner Siebten Symphonie begann. Das gemeinsame tschechisch-deutsche Orchester unter der Leitung des weltberühmten Mahler erinnert auch heute noch daran, dass Prag zu Recht das "Herz Europas" genannt werden kann. Standing Ovations am Ende des Konzerts, das Publikum erhob sich von den Sitzen und applaudierte begeistert. Im September 2025 wird es wieder stattfinden, das Festival Dvořákova Praha.
Das 1140 von Fürst Vladislav II. gegründete Kloster ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Tschechischen Republik. Seine heutige barocke Gestalt stammt aus dem 17. und 18. Auf dem Klostergelände befinden sich die Kirche Mariä Himmelfahrt, eine außerordentlich wertvolle Bibliothek mit mittelalterlichen Handschriften und eine Gemäldegalerie. Sie ist die zweitälteste kirchliche Bibliothek in Böhmen. Ich kann mich gar nicht satt sehen an diesem Schatz: ca. 280.000 Titel, ca. 3.000 Handschriften und 1.500 Erstdrucke, datiert bis ins Jahr 860. Alle Titel sind kunstvoll ausgestellt, barocke Fresken zu den jeweiligen Themen des Raumes schmücken Wände und Decken. In der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt ist der Gründer des Prämonstratenserordens, der heilige Norbert, begraben. Wolfgang Amadeus Mozart spielte 1789 auf der Orgel der barocken Basilika.
Autorin: Susanne Reuter
© Fotos: Susanne Reuter, Petra Hajska, Dvorakova Praha Festival
Ich stehe vor einem prächtigen Bauwerk. Nach achtjähriger Bauzeit wurde es 1884 eröffnet. Namenspatron war der früh verstorbene Kronprinz Rudolf von Habsburg, der einige Zeit in Prag lebte. Das Rudolfinum wird auch Haus der Künste genannt, da von Anfang an geplant war, Musik und bildende Kunst unter einem Dach zu vereinen. Das Konzept ist aufgegangen, und als ich dort bin, wird die neue Ausstellung eröffnet, begleitet von einem Pop-Up-Konzert zweier junger Musiker. Tomas Karpíšek (Kontrabass) und Eduard Šístek (Cello), Duo di basso I. Prelude, II. Interlude, III. Duo für Cello und Kontrabass nach dem Choral Befiehl du deine Wege. Zwischen den in der Galerie ausgestellten Werken finden kurze musikalische Darbietungen statt. Ungezwungen, fast wie aus dem Stegreif, was keineswegs der Fall ist. Vielmehr verschmelzen die beiden Musiker zu einem harmonischen Ganzen, die gespielten Werke sind sehr anspruchsvoll. Art Sound ist ein neues gemeinsames Projekt der Galerie Rudolfinum und der Tschechischen Philharmonie im Rahmen der Ausstellung Antony Gormley / Pavla Melková. Die Ausstellung präsentiert atmosphärische Rauminstallationen und Skulpturen mit dem Ziel, unsere Wahrnehmung der Art und Weise, wie wir den Raum besetzen und die Objekte um uns herum erleben, zu vertiefen.
Milena Vostalova zeigt mir die Stadt. Wir sind ganz nah bei der Musik. Vor der Tschechischen Nationalbank erklärt sie die Geschichte: "Das Gebäude mit seiner monumentalen Fassade wurde in den Jahren 1935-42 nach Plänen des tschechischen Architekten František Roith errichtet und zunächst als Hotel unter dem Namen Zum Blauen Stern betrieben. Fryderyk Chopin übernachtete hier 1829 und 1830 auf der Durchreise von Wien nach Warschau. Das ‚Wunderkind‘ komponierte bereits im Alter von sieben Jahren. Doch Chopins kurzes Leben war nicht einfach. Nach sechs überaus erfolgreichen Konzerten in der Stadt beschloss er, nicht mehr aufzutreten, da er sich vor dem Spott der Leute fürchtete."
Wir schlendern weiter zum Prager Gemeindehaus, einem Repräsentationshaus aus der Zeit der Habsburger Republik. Das Repräsentationshaus am Platz der Republik ist so schön, dass man es nicht übersehen kann. Die Konzertsäle gehören zu den eindrucksvollsten und bedeutendsten in Prag, vor allem wegen ihrer hervorragenden Akustik. Der Smetana-Saal mit über 1200 Plätzen ist übrigens die Heimat des Prager Symphonieorchesters. Fast täglich finden hier klassische Konzerte statt.
Als wir am Hotel Goldener Adler vorbeikommen, erklärt uns Milena, dass Wolfgang Amadeus Mozart hier mehrmals übernachtet hat. Unser Blick fällt aber gleich auf das Ständetheater. In diesem Prachtbau fanden die Uraufführungen der Opern Don Giovanni (1787) und La clemenza di Tito (1791) von Wolfgang Amadeus Mozart statt. Der Bau wurde 1783 für Franz Anton Graf von Nostitz-Rieneck als Nationaltheater fertiggestellt. Seine Blütezeit erlebte das Theater unter Johann Carl Liebich, der es 1806 vom verstorbenen Domenico Guardasoni übernahm. Überlieferungen zufolge soll Mozart einmal gesagt haben: „Meine Prager verstehen mich.“ Damit drückte er aus, dass er in Prag wesentlich erfolgreicher war als in Wien.
Am Uhelný trh, dem Kohlenmarkt nahe der Stadtmauer, steht eine Reihe von Bürgerhäusern mit mittelalterlichen Laubengängen. Am Haus Zu den drei goldenen Löwen erinnert eine Gedenktafel mit einem Porträt an den Aufenthalt von Wolfgang Amadeus Mozart. In diesem Gasthof wohnte der Komponist im Herbst 1787 anlässlich der Uraufführungen seiner Opern im Ständetheater. Einige seiner Werke vollendete er hier nach seiner Ankunft in Prag. Mit dem Librettisten Lorenzo da Ponte, der im Haus gegenüber wohnte, soll er über den Balkon kommuniziert haben.
Gleich um die Ecke weist mich Milena auf die Gedenktafel für Franz Liszt hin. Auch der Komponist, Pianist und Dirigent feierte in Prag große Erfolge. Bei einem seiner Konzerte war Bedřich Smetana anwesend, der von dem damaligen Pianisten begeistert war. Smetana selbst war arm und wollte eine Musikschule gründen. In seiner Not wandte er sich an Liszt, der ihm zwar kein Geld gab, ihm aber viel wirksamer half. Seinem Brief an Liszt legte er eine Klavierkomposition bei. Liszt gab sie mit Empfehlung an einen großen Verleger weiter, und Smetana wurde kurzerhand vom armen und unbekannten Musiker zum wohlhabenden und berühmten Nationalkomponisten. 1948 eröffnete er seine Musikschule am Altstädter Ring.
Die letzte Station meiner musikalischen Reise ist das Prager Messegelände. Das Messegelände hat eine lange Tradition, jedes Jahr finden hier mehr als 50 Ausstellungsprojekte, Messen und eine Vielzahl von Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen statt. Das Konzert „Durch Mahler verbunden“ fand im Rahmen des internationalen Musikfestivals „Dvořákova Praha” statt. Das Konzert erinnerte an die Weltpremiere von Mahlers 7. Sinfonie, die 1908 am selben Ort stattfand. Trotz des regnerischen Wetters kamen mehr als 2000 Besucher. Die Tschechische Philharmonie und die Bamberger Symphoniker spielten unter der Leitung von Jakub Hrůša, der ab Herbst 2025 Musikdirektor der Royal Opera in Covent Garden in London wird. Mit diesem Open-Air-Konzert wurde das Jahr der tschechischen Musik gefeiert, nicht nur wegen der tschechischen Wurzeln Gustav Mahlers, sondern auch, weil er 1904, also vor 120 Jahren, mit der Komposition seiner Siebten Symphonie begann. Das gemeinsame tschechisch-deutsche Orchester unter der Leitung des weltberühmten Mahler erinnert auch heute noch daran, dass Prag zu Recht das "Herz Europas" genannt werden kann. Standing Ovations am Ende des Konzerts, das Publikum erhob sich von den Sitzen und applaudierte begeistert. Im September 2025 wird es wieder stattfinden, das Festival Dvořákova Praha.
Das 1140 von Fürst Vladislav II. gegründete Kloster ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Tschechischen Republik. Seine heutige barocke Gestalt stammt aus dem 17. und 18. Auf dem Klostergelände befinden sich die Kirche Mariä Himmelfahrt, eine außerordentlich wertvolle Bibliothek mit mittelalterlichen Handschriften und eine Gemäldegalerie. Sie ist die zweitälteste kirchliche Bibliothek in Böhmen. Ich kann mich gar nicht satt sehen an diesem Schatz: ca. 280.000 Titel, ca. 3.000 Handschriften und 1.500 Erstdrucke, datiert bis ins Jahr 860. Alle Titel sind kunstvoll ausgestellt, barocke Fresken zu den jeweiligen Themen des Raumes schmücken Wände und Decken. In der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt ist der Gründer des Prämonstratenserordens, der heilige Norbert, begraben. Wolfgang Amadeus Mozart spielte 1789 auf der Orgel der barocken Basilika.
Autorin: Susanne Reuter
© Fotos: Susanne Reuter, Petra Hajska, Dvorakova Praha Festival
© Copyright 2024 Die neue Reiselust