Hier ist er also gestrandet, im Jahr 60 nach Christus … Mein Blick schweift über das blaue Mittelmeer. Kleine Boote, Buchten mit schroffen Felsen, kuschelige Strände. Ich schlendere über die Promenade von Bugibba an der St. Paul’s Bay, vorbei an Fischlokalen, Beachclubs, hübschen Cafés, einem Casino und Discos. Die Bucht im Norden Maltas zählt zu den beliebtesten Urlaubszentren der Insel. Jeglicher Wassersport, u. a. auch Windsurfen und Parasailing, ist hier möglich.
Ihren Namen verdankt die Bucht – San-Pawl-il-Bahar, wie sie in der Landessprache heißt – dem zweifellos berühmtesten Schiffbrüchigen der Apostelgeschichte: Paulus, von Beruf Missionar. Der machte auf Malta offenbar einen richtig guten Job. Erfolgreich und nachhaltig. 98 Prozent der Inselbewohner sind katholisch. Und es gibt 365 Kirchen. Quasi für jeden Tag des Jahres eine.
Bis heute sind die Malteser stolz darauf, von niemand Geringerem als Paulus christianisiert worden zu sein. Aus diesem Grund wird alljährlich am 10. Februar im Gedenken an dieses Ereignis auch das Patronatsfest „St. Paul‘s Shipwreck“ zelebriert.
Überhaupt – sie feiern gern, die Malteser. Oft und ausgiebig. Von Mai bis September ist auf Malta und der Schwesterinsel Gozo Festa-Saison angesagt. In diesen Monaten veranstaltet immer irgendwo eine Stadt oder Gemeinde ein einwöchiges Patronatsfest zu Ehren ihres Stadt- oder Dorfheiligen. Diese Festas sind bereits seit dem 16. Jahrhundert überliefert – und Urlauber dort gern gesehene Gäste.
Höhepunkte der Feierlichkeiten sind zahlreiche Messen mit Gebeten für den jeweiligen Schutzheiligen sowie Prozessionen, auf denen seine Statue durch die Straßen getragen wird – begleitet von Blasmusik, Konfettiregen und frenetischem Applaus.
Den Höhepunkt und Abschluss einer jeden Festa bildet stets ein prunkvolles, aufwändiges Feuerwerk. Denn Feuerwerke sind fester und wichtiger Bestandteil der maltesischen Kultur. So ziemlich jedes Dorf hat hier seine eigene Pyrotechnik-Fabrik. Und eine Blaskapelle.
Es lohnt sich, einen Blick auf die Geschichte der Inselgruppe zu werfen. Sie reicht mehr als 7.000 Jahre zurück in die Vergangenheit, verlief äußerst wechselhaft. Was allein durch Maltas zentrale Lage im Mittelmeer – keine 100 Kilometer südlich von Sizilien – verständlich ist. Da segelten halt viele Seefahrer vorbei. Fast zwangsläufig. Und längst nicht alle Besucher waren willkommen.
Das Gästebuch der Geschichte verzeichnet vor Christus unter anderem die Phönizier, Karthager und Römer. Fast vier Jahrhunderte, von 395 bis 870 nach Christus, beherrschten die Byzantiner den Archipel. Bis zur Invasion der Araber. Später folgten dann noch die Normannen, Anjous und die Aragonier. Aber es waren die Ritter des Malteserordens, die an das Vermächtnis des heiligen Paulus und der ersten Christen anknüpften. Sie führten die maltesische Inselgruppe in ein neues und bedeutendes Zeitalter.
Der Orden war vom Ideal der Selbstlosigkeit und Barmherzigkeit geprägt, machte allerdings auch von Waffen kräftig Gebrauch. Aufgrund ihres Mutes erhielten die Ritter 1530 den maltesischen Archipel von Kaiser Karl V. zum Geschenk. Und sie etablierten auf Malta im 17. und 18. Jahrhundert eine Hochburg europäischer Zivilisation. Noch heute erinnern die Schönheit der Städte und die kulturelle Ausstrahlung der Insel an die Ritter des Malteserordens.
In jüngerer Geschichte wurde Malta samt der Schwesterninsel Gozo und Comino im Jahr 1814 Großbritannien als Kolonie zugesprochen. 1964 erlangte der Archipel vollständige Unabhängigkeit, blieb aber noch ein Jahrzehnt im Commonwealth. 1974 wurde Malta eine Republik. 1990 bewarb sie sich um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union, wurde 2004 in die Staatengemeinschaft aufgenommen. Und 2018 ist die Insel-Metropole Valletta Europäische Kulturhauptstadt (siehe Infokasten).
Im kommenden Jahr werden auf der Insel mehr als zwei Millionen Touristen erwartet. Aus Deutschland rechnet man mit annähernd 200.000 Urlaubsgäste, aus Italien mit etwa 300.000, und aus dem Vereinigten Königreich könnten es an die 600.000 Besucher sein. Denn bei britischen Urlaubern ist Malta ein äußerst beliebtes Reiseziel. Logisch. Schon aufgrund der historischen Verbundenheit.
Vieles hier – die rund 300 Sonnentage im Jahr ausdrücklich ausgenommen – ist den Briten von zu Hause her vertraut. Der Linksverkehr beispielsweise. Oder dass in Touristen-Hochburgen – wie mir auf meinem Spaziergang entlang der St. Paul’s Bay auffällt – gefühlt jede dritte Bar ein Pub ist. Okay, um korrekt zu sein: Oftmals handelt es sich dabei um einen Irish Pub, aber immerhin.
Original und very British sind hingegen die roten Telefonzellen, die allerdings im heutigen Handy-Zeitalter eher einen dekorativen Zweck erfüllen. Oder die Briefkästen im English style, die jedoch kaum ein Tourist nutzt. Wer verschickt denn heute noch Ansichtskarten, wenn man doch Selfies posten kann?
Das am meisten Verbindende zwischen Großbritannien und seiner ehemaligen Kolonie ist natürlich die englische Sprache. Ein großes Erbe, das Malta in 160 Jahren gemeinsamer Geschichte hinterlassen wurde. Und daraus haben die Malteser einen florierenden Wirtschaftszweig gemacht.
Im Inselstaat gibt es über 40 lizensierte Sprachschulen für Englischunterricht. Sie alle unterliegen der Kontrolle des örtlichen Bildungsministeriums, garantieren somit die Einhaltung professioneller Standards, bieten aber jeweils eine individuelle Lernatmosphäre. Je nach Zielgruppe. Die Angebotspalette reicht von beliebten Ferienkursen für Jugendliche bis hin zu Trainingsprogrammen in Business-Englisch für Erwachsene. Neben dem eigentlichen Unterricht organisieren die Sprachschulen spannende Freizeitaktivitäten – von Sport bis hin zu kulturellen Exkursionen, um Land und Leute kennen zu lernen. Natürlich auf Englisch.
Daneben gibt es eine zweite, gleichrangige Umgangssprache, sogar mit eigenen Schriftzeichen: Maltesisch, das auch als Malti bezeichnet wird. Das macht Malta zu einem der wenigen wirklich bilingualen Länder Europas. Malti ist ein abenteuerlicher Mix aus Arabisch und Italienisch, mit einem Schuss Französisch und einer Prise Spanisch – worin sich die vielen unterschiedlichen Wurzeln der Maltesern widerspiegeln. Auf Malti begrüßt man sich beispielsweise mit „Bonjou“ und bedankt sich mit einem freundlichen „grazzi“.
Ob Sprachschüler, Sportsfreund oder Kulturfan – Malta hat in vielerlei Hinsicht seine Reize. Wie es sich für Inseln gehört, spielt Wassersport hier eine wichtige Rolle. Taucher sind von den Steilküsten des Archipels mit ihren zahlreichen Unterwasserhöhlen begeistert. Glasklares Wasser und Fischreichtum machen jeden Tauchgang zu einem unvergesslichen Erlebnis. Übrigens auch im Winter, denn das Wasser ist zwischen Oktober und April immer noch warm. Es gibt ein breites Angebot an Tauchschulen, die Kurse und Unterwasser-Exkursionen für jeden Level anbieten.
Vor allem im Frühling, wenn die Inseln mit bunten Blumen übersät sind, steht Malta bei Wanderern hoch im Kurs. Imposante Klippen, die steil ins Meer abfallen, die sanfte Heidelandschaft der Garrigue oder verborgene Täler mit üppiger Vegetation – die Inseln gewähren atemberaubende Ausblicke. Besonders empfehlenswert für Tageswanderungen sind die folgenden Gegenden Mellieha, Dingli, Ghar Lapsi, Fawwara, Wardija im Norden der Hauptinsel und die verschiedenen Buchten und Küsten mit ihren Fischerdörfern und Delimara Point im Süden.
Ideal ist das Terrain für Mountainbiking. Ambitionierte Biker finden steile Hügel und Haarnadelkurven vor, Freizeitradler genießen im Süden und Binnenland entspannt die herrlichen Landschaften. Diejenigen, für die das Glück dieser Erde auf dem Rücken der Pferde liegt, können ebenfalls auf Malta selig werden. Ausritte und Unterricht werden für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten.
Für Kletterer hält Malta faszinierende Herausforderungen bereit: Es gibt schwierige, überhängende Klippen und Vorsprünge, aber auch leichtere Felsen für den Einsteiger. Die bei Kletterern beliebtesten Gegenden sind Ghar Lapsi unter den Klippen von Dingli sowie entlang der Victoria Lines bei Gharghur. Atemberaubende Felsformationen mit großartigem Meeresblick bieten auch das perfekte Umfeld für Abseiling, was auf Malta immer mehr an Popularität gewinnt.
Unbedingt zu empfehlen während eines Malta-Urlaubs ist eine Stippvisite auf Gozo. Die Überfahrt mit der Fähre von der Haupt- zur Schwesterinsel – vorbei am fast unbewohnten Eiland Comino – dauert lediglich 30 Minuten und kostet nur eine Handvoll Euros.
Sofort nach der Ankunft erschließt sich dem Besucher Gozos Charme. Das Leben auf dieser kleineren und ländlicheren Insel verläuft gemächlich. Der Lebensrhythmus wird bestimmt durch die Jahreszeiten, den Fischfang und die Landwirtschaft. Gozo ist deutlich grüner und flacher als Malta. Im Winter und Frühjahr bedeckt ein dichter Teppich aus duftenden Kräutern und üppiger Flora die Insel. Im Sommer blühen Oleander, Bougainvillea und Geranien. Barockkirchen und alte Bauernhäuser aus Stein sind die typischen Bauten und prägen das Gesicht der Insel.
Auf Gozo ist jahrtausendealte Geschichte zu begreifen. Im wahrsten Wortsinn. Es gibt eine Fülle historischer Stätten, Forts und – nicht zu vergessen – einen der besterhaltenen prähistorischen Tempel des maltesischen Archipels, Ggantija. Ein Fest für Kulturinteressierte!
Alle Straßen Gozos führen in die Hauptstadt Victoria. Oder Rabat (Vorstadt), wie sie die Gozitaner nennen. Darüber, auf einem Hügel, erhebt sich Victorias imposante Zitadelle. Von ihren beeindruckenden Bastionen bietet sich ein herrlicher Ausblick über die ganze Insel. Jahrhundertelang bot die Zitadelle Schutz vor nordafrikanischen Korsaren und Sarazenen, von denen die Bevölkerung Gozos im Lauf der Geschichte mehrfach versklavt wurde.
Heutzutage ist Victoria nicht nur geografisches Zentrum der Insel, sondern auch ihr Lebensmittelpunkt. Hier verbindet sich das quirlige Leben der Märkte und Geschäfte mit einer entspannten, geselligen Atmosphäre.
Die schönen, unberührten Küsten und die atemberaubenden, historischen Bauwerke des Inselstaats machen ihn zu einer perfekten Filmkulisse. Was natürlich auch den Produzenten nicht verborgen blieb. Und so zählt der Archipel schon seit einiger Zeit zu den begehrtesten Drehorten für Kino- und TV-Produktionen – zum Beispiel als Double vom alten Rom über das Marseille des 19. Jahrhunderts bis hin zum Beirut der 60-er Jahre.
Steven Spielberg, Ridley Scott, Wolfgang Petersen und andere renommierte Regisseure sowie Filmstars wie Angelina Jolie, Brad Pitt, Sharon Stone, Russell Crowe, Tom Hanks, Robin Williams und Sean Connery konnten sich in den vergangenen Jahren nicht nur von der Professionalität der maltesischen Filmindustrie, sondern auch vom Charme der Inseln überzeugen.
Auf Malta wurden zahlreiche Kino-Kassenschlager und TV-Hits gedreht, u. a. Game of Thrones, Gladiator, Troja, The Davinci Code, Wickie und die starken Männer sowie World War Z. The Times, die lokale Tageszeitung, bezeichnete den Inselstaat – mit einer Grundfläche von 316 Quadratkilometern nicht mal so groß wie Dresden (328 qkm) – auch schon mal augenzwinkernd als „Mini-Hollywood im Mittelmeer“.
Autor: Robert Ahlborn
© Fotos: Jean Louis Wertz, Vanicsek Pèter, Clive Vella, Kostas Kominis, Herbert Geisen, Andreas Hub/Credits Malta Tourism Authority, Maurizio Modena/viewingmalta
Hier ist er also gestrandet, im Jahr 60 nach Christus … Mein Blick schweift über das blaue Mittelmeer. Kleine Boote, Buchten mit schroffen Felsen, kuschelige Strände. Ich schlendere über die Promenade von Bugibba an der St. Paul’s Bay, vorbei an Fischlokalen, Beachclubs, hübschen Cafés, einem Casino und Discos. Die Bucht im Norden Maltas zählt zu den beliebtesten Urlaubszentren der Insel. Jeglicher Wassersport, u. a. auch Windsurfen und Parasailing, ist hier möglich.
Ihren Namen verdankt die Bucht – San-Pawl-il-Bahar, wie sie in der Landessprache heißt – dem zweifellos berühmtesten Schiffbrüchigen der Apostelgeschichte: Paulus, von Beruf Missionar. Der machte auf Malta offenbar einen richtig guten Job. Erfolgreich und nachhaltig. 98 Prozent der Inselbewohner sind katholisch. Und es gibt 365 Kirchen. Quasi für jeden Tag des Jahres eine.
Bis heute sind die Malteser stolz darauf, von niemand Geringerem als Paulus christianisiert worden zu sein. Aus diesem Grund wird alljährlich am 10. Februar im Gedenken an dieses Ereignis auch das Patronatsfest „St. Paul‘s Shipwreck“ zelebriert.
Überhaupt – sie feiern gern, die Malteser. Oft und ausgiebig. Von Mai bis September ist auf Malta und der Schwesterinsel Gozo Festa-Saison angesagt. In diesen Monaten veranstaltet immer irgendwo eine Stadt oder Gemeinde ein einwöchiges Patronatsfest zu Ehren ihres Stadt- oder Dorfheiligen. Diese Festas sind bereits seit dem 16. Jahrhundert überliefert – und Urlauber dort gern gesehene Gäste.
Höhepunkte der Feierlichkeiten sind zahlreiche Messen mit Gebeten für den jeweiligen Schutzheiligen sowie Prozessionen, auf denen seine Statue durch die Straßen getragen wird – begleitet von Blasmusik, Konfettiregen und frenetischem Applaus.
Den Höhepunkt und Abschluss einer jeden Festa bildet stets ein prunkvolles, aufwändiges Feuerwerk. Denn Feuerwerke sind fester und wichtiger Bestandteil der maltesischen Kultur. So ziemlich jedes Dorf hat hier seine eigene Pyrotechnik-Fabrik. Und eine Blaskapelle.
Es lohnt sich, einen Blick auf die Geschichte der Inselgruppe zu werfen. Sie reicht mehr als 7.000 Jahre zurück in die Vergangenheit, verlief äußerst wechselhaft. Was allein durch Maltas zentrale Lage im Mittelmeer – keine 100 Kilometer südlich von Sizilien – verständlich ist. Da segelten halt viele Seefahrer vorbei. Fast zwangsläufig. Und längst nicht alle Besucher waren willkommen.
Das Gästebuch der Geschichte verzeichnet vor Christus unter anderem die Phönizier, Karthager und Römer. Fast vier Jahrhunderte, von 395 bis 870 nach Christus, beherrschten die Byzantiner den Archipel. Bis zur Invasion der Araber. Später folgten dann noch die Normannen, Anjous und die Aragonier. Aber es waren die Ritter des Malteserordens, die an das Vermächtnis des heiligen Paulus und der ersten Christen anknüpften. Sie führten die maltesische Inselgruppe in ein neues und bedeutendes Zeitalter.
Der Orden war vom Ideal der Selbstlosigkeit und Barmherzigkeit geprägt, machte allerdings auch von Waffen kräftig Gebrauch. Aufgrund ihres Mutes erhielten die Ritter 1530 den maltesischen Archipel von Kaiser Karl V. zum Geschenk. Und sie etablierten auf Malta im 17. und 18. Jahrhundert eine Hochburg europäischer Zivilisation. Noch heute erinnern die Schönheit der Städte und die kulturelle Ausstrahlung der Insel an die Ritter des Malteserordens.
In jüngerer Geschichte wurde Malta samt der Schwesterninsel Gozo und Comino im Jahr 1814 Großbritannien als Kolonie zugesprochen. 1964 erlangte der Archipel vollständige Unabhängigkeit, blieb aber noch ein Jahrzehnt im Commonwealth. 1974 wurde Malta eine Republik. 1990 bewarb sie sich um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union, wurde 2004 in die Staatengemeinschaft aufgenommen. Und 2018 ist die Insel-Metropole Valletta Europäische Kulturhauptstadt (siehe Infokasten).
Im kommenden Jahr werden auf der Insel mehr als zwei Millionen Touristen erwartet. Aus Deutschland rechnet man mit annähernd 200.000 Urlaubsgäste, aus Italien mit etwa 300.000, und aus dem Vereinigten Königreich könnten es an die 600.000 Besucher sein. Denn bei britischen Urlaubern ist Malta ein äußerst beliebtes Reiseziel. Logisch. Schon aufgrund der historischen Verbundenheit.
Vieles hier – die rund 300 Sonnentage im Jahr ausdrücklich ausgenommen – ist den Briten von zu Hause her vertraut. Der Linksverkehr beispielsweise. Oder dass in Touristen-Hochburgen – wie mir auf meinem Spaziergang entlang der St. Paul’s Bay auffällt – gefühlt jede dritte Bar ein Pub ist. Okay, um korrekt zu sein: Oftmals handelt es sich dabei um einen Irish Pub, aber immerhin.
Original und very British sind hingegen die roten Telefonzellen, die allerdings im heutigen Handy-Zeitalter eher einen dekorativen Zweck erfüllen. Oder die Briefkästen im English style, die jedoch kaum ein Tourist nutzt. Wer verschickt denn heute noch Ansichtskarten, wenn man doch Selfies posten kann?
Das am meisten Verbindende zwischen Großbritannien und seiner ehemaligen Kolonie ist natürlich die englische Sprache. Ein großes Erbe, das Malta in 160 Jahren gemeinsamer Geschichte hinterlassen wurde. Und daraus haben die Malteser einen florierenden Wirtschaftszweig gemacht.
Im Inselstaat gibt es über 40 lizensierte Sprachschulen für Englischunterricht. Sie alle unterliegen der Kontrolle des örtlichen Bildungsministeriums, garantieren somit die Einhaltung professioneller Standards, bieten aber jeweils eine individuelle Lernatmosphäre. Je nach Zielgruppe. Die Angebotspalette reicht von beliebten Ferienkursen für Jugendliche bis hin zu Trainingsprogrammen in Business-Englisch für Erwachsene. Neben dem eigentlichen Unterricht organisieren die Sprachschulen spannende Freizeitaktivitäten – von Sport bis hin zu kulturellen Exkursionen, um Land und Leute kennen zu lernen. Natürlich auf Englisch.
Daneben gibt es eine zweite, gleichrangige Umgangssprache, sogar mit eigenen Schriftzeichen: Maltesisch, das auch als Malti bezeichnet wird. Das macht Malta zu einem der wenigen wirklich bilingualen Länder Europas. Malti ist ein abenteuerlicher Mix aus Arabisch und Italienisch, mit einem Schuss Französisch und einer Prise Spanisch – worin sich die vielen unterschiedlichen Wurzeln der Maltesern widerspiegeln. Auf Malti begrüßt man sich beispielsweise mit „Bonjou“ und bedankt sich mit einem freundlichen „grazzi“.
Ob Sprachschüler, Sportsfreund oder Kulturfan – Malta hat in vielerlei Hinsicht seine Reize. Wie es sich für Inseln gehört, spielt Wassersport hier eine wichtige Rolle. Taucher sind von den Steilküsten des Archipels mit ihren zahlreichen Unterwasserhöhlen begeistert. Glasklares Wasser und Fischreichtum machen jeden Tauchgang zu einem unvergesslichen Erlebnis. Übrigens auch im Winter, denn das Wasser ist zwischen Oktober und April immer noch warm. Es gibt ein breites Angebot an Tauchschulen, die Kurse und Unterwasser-Exkursionen für jeden Level anbieten.
Vor allem im Frühling, wenn die Inseln mit bunten Blumen übersät sind, steht Malta bei Wanderern hoch im Kurs. Imposante Klippen, die steil ins Meer abfallen, die sanfte Heidelandschaft der Garrigue oder verborgene Täler mit üppiger Vegetation – die Inseln gewähren atemberaubende Ausblicke. Besonders empfehlenswert für Tageswanderungen sind die folgenden Gegenden Mellieha, Dingli, Ghar Lapsi, Fawwara, Wardija im Norden der Hauptinsel und die verschiedenen Buchten und Küsten mit ihren Fischerdörfern und Delimara Point im Süden.
Ideal ist das Terrain für Mountainbiking. Ambitionierte Biker finden steile Hügel und Haarnadelkurven vor, Freizeitradler genießen im Süden und Binnenland entspannt die herrlichen Landschaften. Diejenigen, für die das Glück dieser Erde auf dem Rücken der Pferde liegt, können ebenfalls auf Malta selig werden. Ausritte und Unterricht werden für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten.
Für Kletterer hält Malta faszinierende Herausforderungen bereit: Es gibt schwierige, überhängende Klippen und Vorsprünge, aber auch leichtere Felsen für den Einsteiger. Die bei Kletterern beliebtesten Gegenden sind Ghar Lapsi unter den Klippen von Dingli sowie entlang der Victoria Lines bei Gharghur. Atemberaubende Felsformationen mit großartigem Meeresblick bieten auch das perfekte Umfeld für Abseiling, was auf Malta immer mehr an Popularität gewinnt.
Unbedingt zu empfehlen während eines Malta-Urlaubs ist eine Stippvisite auf Gozo. Die Überfahrt mit der Fähre von der Haupt- zur Schwesterinsel – vorbei am fast unbewohnten Eiland Comino – dauert lediglich 30 Minuten und kostet nur eine Handvoll Euros.
Sofort nach der Ankunft erschließt sich dem Besucher Gozos Charme. Das Leben auf dieser kleineren und ländlicheren Insel verläuft gemächlich. Der Lebensrhythmus wird bestimmt durch die Jahreszeiten, den Fischfang und die Landwirtschaft. Gozo ist deutlich grüner und flacher als Malta. Im Winter und Frühjahr bedeckt ein dichter Teppich aus duftenden Kräutern und üppiger Flora die Insel. Im Sommer blühen Oleander, Bougainvillea und Geranien. Barockkirchen und alte Bauernhäuser aus Stein sind die typischen Bauten und prägen das Gesicht der Insel.
Auf Gozo ist jahrtausendealte Geschichte zu begreifen. Im wahrsten Wortsinn. Es gibt eine Fülle historischer Stätten, Forts und – nicht zu vergessen – einen der besterhaltenen prähistorischen Tempel des maltesischen Archipels, Ggantija. Ein Fest für Kulturinteressierte!
Alle Straßen Gozos führen in die Hauptstadt Victoria. Oder Rabat (Vorstadt), wie sie die Gozitaner nennen. Darüber, auf einem Hügel, erhebt sich Victorias imposante Zitadelle. Von ihren beeindruckenden Bastionen bietet sich ein herrlicher Ausblick über die ganze Insel. Jahrhundertelang bot die Zitadelle Schutz vor nordafrikanischen Korsaren und Sarazenen, von denen die Bevölkerung Gozos im Lauf der Geschichte mehrfach versklavt wurde.
Heutzutage ist Victoria nicht nur geografisches Zentrum der Insel, sondern auch ihr Lebensmittelpunkt. Hier verbindet sich das quirlige Leben der Märkte und Geschäfte mit einer entspannten, geselligen Atmosphäre.
Die schönen, unberührten Küsten und die atemberaubenden, historischen Bauwerke des Inselstaats machen ihn zu einer perfekten Filmkulisse. Was natürlich auch den Produzenten nicht verborgen blieb. Und so zählt der Archipel schon seit einiger Zeit zu den begehrtesten Drehorten für Kino- und TV-Produktionen – zum Beispiel als Double vom alten Rom über das Marseille des 19. Jahrhunderts bis hin zum Beirut der 60-er Jahre.
Steven Spielberg, Ridley Scott, Wolfgang Petersen und andere renommierte Regisseure sowie Filmstars wie Angelina Jolie, Brad Pitt, Sharon Stone, Russell Crowe, Tom Hanks, Robin Williams und Sean Connery konnten sich in den vergangenen Jahren nicht nur von der Professionalität der maltesischen Filmindustrie, sondern auch vom Charme der Inseln überzeugen.
Auf Malta wurden zahlreiche Kino-Kassenschlager und TV-Hits gedreht, u. a. Game of Thrones, Gladiator, Troja, The Davinci Code, Wickie und die starken Männer sowie World War Z. The Times, die lokale Tageszeitung, bezeichnete den Inselstaat – mit einer Grundfläche von 316 Quadratkilometern nicht mal so groß wie Dresden (328 qkm) – auch schon mal augenzwinkernd als „Mini-Hollywood im Mittelmeer“.
Autor: Robert Ahlborn
© Fotos: Jean Louis Wertz, Vanicsek Pèter, Clive Vella, Kostas Kominis, Herbert Geisen, Andreas Hub/Credits Malta Tourism Authority, Maurizio Modena/viewingmalta
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