Schon wieder ein Windspiel, eines wie so viele auf dieser Insel, die wie kaum eine andere Kanareninsel durch einen einzigen Künstler nachhaltig und Tourismus-wirksam geprägt wurde. Cesar Manrique auf Lanzarote. Just an diesem Kreisverkehr, der 1992 noch eine Kreuzung war, starb der berühmte Künstler unweit seiner Stiftung beim Örtchen Tahiche. Am 25. September war das, als der 73-jährige einen selbstverschuldeten Unfall verursachte, den er nicht überlebte. Reisende nach Lanzarote landen seit 2019 auf dem nach ihm benannten Flughafen und schwärmen von dort aus, die Insel nach Manriques Spuren zu erkunden. Damit ist man gut 10 Tage beschäftigt, will man sich einen vertieften Einblick in das Leben des Lanzaroteños verschaffen. Der am 24. April 1919 auf der Insel geborene Manrique blickte auf ein wechselvolles Leben zurück. Aufgewachsen in Puerto Naos, dem alten Hafen der heutigen Hauptstadt Arecife, kämpfte er als Freiwilliger an der Seite des faschistischen Diktators Franco, studierte später Bauingenieur auf Teneriffa, besuchte die Kunstakademie in Madrid, zog in den 60er Jahren nach New York und kehrte schließlich 1968 nach Lanzarote zurück, um die Insel in „einen der schönsten Plätze der Welt zu verwandeln“ wie er es selbst formulierte. In Peppin Ramirez Cerdá, dem damaligen Inselpräsidenten fand er einen wichtigen Verbündeten und Freund, um sein Vorhaben umsetzen zu können. So wurde Manriques Anregung, alle Häuser auf der Insel in traditionellem Stil weiß zu halten mit grünen Fensterläden und nicht höher als zwei Stockwerke, nicht höher als eine Palme, zu bauen, konsequent umgesetzt, nicht zuletzt durch sein eigenes Werben für diese Idee auf der Insel. Diese Regelung besteht bis auf ganz wenige Ausnahmen bis heute noch.
Und just hier in Tahiche, nahe dem Kreisverkehr, an dem ich nun über den Künstler sinnierend meine Runden drehe, kaufte der Ibero-Star von Lanzarote einst ein Grundstück, dass die Bauern für wertlos hielten und ihm daher fast schenkten. Er baute darauf ein Haus, fand fünf Luftblasen in der Lava, die er zu Höhlen ausbaute und so ein Wohnhaus schuf, das bis heute seine Besucher in Erstaunen versetzt ob der Kreativität, die Natur derart in ein Gebäude einzubinden. Es ist das Haus der heutigen Fundacion Cesar Manrique.
Ich begebe mich auf die Entdeckung der Werke Manriques. Sein Wunsch war, es, Landschaftsbauten in Einklang mit der Natur zu bringen. Wer in seinen Bauwerken steht, empfindet den Geist dieses Vorhabens. Ich beginne im Jameos del Agua im Norden der Insel. Öde erscheint der Weg dorthin auf der durch die Lavafelder gehauene Schnellstraße, die sich wie ein Band durch die schwarze Wüste zieht. Radfahrer säumen wie allerorts die Wege zum Leidwesen der Autofahrer und zu meinem Erstaunen, das sie die Gefahr dieser Straßen und die absolute Unwegsamkeit links und rechts davon in Kauf nehmen. Mitten im Nichts liegt dann das erste Kunstwerk Manriques. Eine Grotte mit einem ausgedehnten Pool davor, und einer markanten Palme. Dahinter ein vom Lavastrom überdachter, unterirdischer See wie aus einer Märchenwelt. In der Grotte befindet sich ein hochklassiges Restaurant und das Speisen in jener atemberaubenden Umgebung wird zum echten Vergnügen. Jameo ist eigentlich ein altkanarisches Wort und bedeutet Vertiefung in der Erde. Und genauso sieht diese Grotte auch aus. Ein Konzertsaal mit 600 Sitzplätzen wurde hier integriert und bildet das Kernstück der Anlage.
Da ich schon einmal im Norden bin, begebe ich mich zum Mirador del Rio, einem weiteren Monument, das durch Manrique ausgebaut wurde. Vorbei am pittoresken Hafenstädtchen Orzola, von dem man nicht nur mit der Fähre zur Insel La Graciosa gelangt, sondern vor allem auch hervorragend Fisch essen kann in einem der zahlreichen Restaurants dort, gelange ich über steile Serpentinen zu der etwas im Inselinneren gelegen Stätte. Eigentlich nur ein Aussichtspunkt auf die vor Lanzarote gelagerte Insel La Graciosa, aber doch so viel mehr. Hier geht ein Wind, dass es einen fast wegweht. Ich flüchte mich in die Lavakuppel, die auf der Spitze des Berges zu einem Aussichtspunkt ausgebaut wurde. War am Jameos des Agua der Krebs das Symbol der Stätte, so ist es hier der Fisch, der außen weithin sichtbar vor dem Baukunstwerk steht. Ein Café mit Panoramafenstern, innen kurvenreich gestaltet, erwartet mich und eröffnet mir einen atemberaubenden Ausblick auf das Inselende, nach La Graciosa und die Weiten des Atlantiks. Der 1974 fertiggestellte Aussichtspunkt gilt als der schönste der Insel.
Noch mehr Manrique bitte. Diesmal wieder unter die Erde. Die Cueva de Los Verdes, ein acht Kilometer langes, weitverzweigtes Höhlensystem, 3000 Jahre alt, von dem Cesar Manrique einen Kilometer ausbauen ließ zu einem spektakulären, unterirdischen Besichtigungspunkt. Es ist eines der ersten Werke des Künstlers. 45 Minuten kann man hier, aber nur mit Führung, durch die Zauberwelt unter der Erde wandeln und kommt aus dem Staunen nicht heraus. Lichtinstallationen sorgen für die Effekte, die das Erlebnis ausmachen. Diese wurden von Jesús Soto, ebenfalls ein kanarischer Künstler, entwickelt. Ein Sammelsurium aus Formen und Farben, von schwefelgelb bis saftig grün, erwartet den Besucher. Von der Decke hängen kleine Tropfen. Sie werden Lavatränen genannt, erklärt mir meine Reiseleiterin Philine, die mich heute kreuz und quer über die Insel begleitet. Und wieder ein Konzertsaal unter der Erde, diesmal für 300 Zuschauer, die sich der einzigartigen Akustik erfreuen können.
Richtung Inselsüden gelange ich zum Jardin de Cactus. Hier hat sich Manrique nahe dem Dorf Guatiza 1991 als eines seiner späten Werke einen Garten mit 1100 verschiedenen Kakteenarten einfallen lassen. 4500 Stachelgewächse sind es insgesamt und auf der Erhebung im Garten thront weithin sichtbar eine Windmühle. Die Verbindung von Architektur und Natur, die dem Künstler so wichtig war, kommt hier besonders gut heraus.
Auf dem Weg zum LagOmar Museum mit seiner spannenden Geschichte passiere ich das mächtige, weiße Monumento del Campesino, das Manrique hier aus alten Wassertanks errichten ließ, um den Bauern der Insel Ehre zu erweisen. Und wie sollte es anders sein, das Monument liegt in einem Kreisverkehr, unweit des Bauernmuseums Casa Museo del Campesino. Die Bauern der Insel werden hier gewürdigt, die entdeckten, dass die Lavakörner den Tau zur Bewässerung der kargen Felder aufsaugen. Wieder lässt es sich hervorragend speisen an diesem Ort mit traditionellen Gerichten der Insel, diesmal Fleisch, vor allem seltenes und schmackhaftes Ziegenfleisch. Weniger Fisch. Und die Besichtigung der Anlage eröffnet dem Gast die Möglichkeit, traditionelles Kunsthandwerk der Insel zu erleben in kleinen Ateliers.
So gelange ich nahe der ehemaligen Hauptstadt Teguise mit ihren malerischen Gassen, in denen sonntags der größte und lebhafteste Markt der Insel stattfindet, zum Museum LagOmar. Manrique kaufte das Anwesen im Auftrag des Immobilienmaklers Sam Benady und gestaltete es mit dem bereits bekannten Künstler Jesús Soto zu einem Wunderwerk der Architektur um, dank der in Vulkanstein geschlagenen, halboffenen Räume. Das gefiel wohl auch dem aus „Doktor Schiwago“ bekannten Schauspieler Omar Sharif. Und er kaufte das Anwesen, verlor es aber am selben Tag wieder beim Bridge-Spiel. Darüber war er so verärgert, dass er Lanzarote für immer verließ. Der deutsche Architekt Dominik von Boettinger kaufte das Anwesen 1989, das heute als Museum zugänglich ist. Zusammen mit seiner Frau Beatriz van Hoff betreibt er es nun und auf dem Gelände befindet sich die mondäne Bar „La Cueva“.
Mich zieht es weiter nach Süden. Der Nationalpark Timanfaya ruft zu einer Besichtigung. Vorbei an der Stadt Haria, in der nicht nur samstags einer der schönsten Kunsthandwerkermärkte der Insel stattfindet, sondern auf deren Friedhof auf Cesar Manrique begraben liegt. Der Nationalpark sollte eigentlich früh morgens besucht werden. Denn bereits um 09:30 Uhr, wenn die Tore sich öffnen und man mit dem Auto zum Besucherzentrum fahren kann durch die staubige Ebene, stauen sich die Fahrzeuge weithin vor der Einfahrt. Vorbei an der markanten Teufelsfigur Diabolo, am Eingang des Nationalparks, gelange ich zum Restaurant El Diabolo auf der Spitze des Hügels hoch über dem Nationalpark. Dorthin begebe ich mich aber erst nach der spektakulären Busfahrt, die jeder Gast hier unternimmt. Denn mit dem eigenen Fahrzeugen kann man die rund 45 Minuten dauernden Fahrt durch die kurvigen, oft steilen und nahezu unwegsamen Trassen des Parks nicht fahren. Vorbei an erloschenen Vulkankratern, von denen es auf der Insel 300 gibt, mit spektakulären Ausblicken in die Tiefe erlebe ich die Busfahrt. Zum Abschluss gib es vor dem Restaurant noch eine alle 10 Minuten wiederholte Präsentation, wie ein Geysir funktioniert. Ein Arbeiter schüttet einen Eimer Wasser in ein Loch in die Tiefe des Vulkans und schon springt eine Dampf-Fontäne mehrere Meter hoch aus der Röhre. Tatsächlich ist es unter dem Restaurant so heiß, dass oben vor dem Gebäude ein Grill über eine Felsspalte angebracht ist, auf dem frische Hähnchen in natürlicher Hitze gegrillt werden. Dazu die atemberaubende Aussicht innerhalb des runden Gebäudes mit Ausblick auf Meer und Felsen. So schmeckt die Insel!
Noch weiter zieht es mich nach Süden. Der Tag neigt sich dem Ende zu. Eigentlich müsste ich nun in dem einzigen, in Zusammenarbeit mit Cesar Manrique geschaffenen Hotel der Insel in Costa Teguise nahe der Hauptstadt Arrecife übernachten, das heute von einer großen, spanischen Hotelkette betrieben wird. Doch mich reizt es mehr, den südlichsten Punkt der Insel anzusteuern, Playa Blanca. Mit Blick auf die benachbarte Kanareninsel Fuerteventura, die nur einen Katzensprung entfernt liegt. Hier liegt nicht nur der Faro Punta de Pechiguera, der alte und der neue Leuchtturm der Insel als Aussichtspunkt, sondern auch ein luxuriöses Hotel einer spanischen Hotelgruppe. Und wenn ich schon den ganzen Tag auf den Spuren des Insel-Helden Cesar Manrique unterwegs war, des Ibero-Stars von Lanzarote, dann ist es doch eine gelungene Abrundung, genau in jenem Hotel zu weilen, das eben dieser Bezeichnung gerecht wird. Lebendig geht es hier zu. Vielseitig ist das Angebot für Familien und Paare und reichhaltig die Küche, die den Gast mit kanarischen Spezialitäten verwöhnt. „Muy bien“ - sehr gute Wahl bekräftigt der Koch mich und andere Gäste strahlend bei der Auswahl der erlesenen Fisch- und Fleischgerichte der Region, die einem im Umfeld des Atlantik-Blicks im Restaurant des Hotels besondere Gaumenfreuden bereiten. Luxuriös bettet sich der Reisende in einer Suite und blickt auf den atemberaubenden Sonnenuntergang, während er bis abends noch im Zimmer-eigenen Jacuzzi entspannen kann. So lebt es sich, im Einklang mit der Natur. Das hätte Cesar Manrique wohl gefallen.
Während meiner ganzen Fahrt kreuz und quer über die Insel ist mir vor allem die eigentümliche Art des Weinbaus aufgefallen, die auf Lanzarote praktiziert wird. Vor allem in der südlichen Mitte der Insel rund um die Stadt San Bartolomé finde ich eine regelrechte Weinstraße, auf der sich eine Bodega an die andere anreiht. La Geria heißt die Gegend, die 16 Kilometer lang ist und etwa 5 Hektar umfasst. Der Wein selbst wird anders angebaut als in Europa. Auf vulkanischem Boden, der Lapilischicht, auch Picon genannt, gedeihen die Reben besonders gut. Weißweine sind es, die hier vor allem entstehen. Die Rebstöcke wachsen jeder für sich in kleinen, mit Mauern geschützten Einzelkratern. Die Weinbauern graben dabei bis zu drei Meter tiefe Löcher und pflanzen die Weinreben hinein. Die Lapilischicht heizt sich tagsüber auf, lerne ich und die Feuchtigkeit sehr gut im vulkanischen Granulat gespeichert. Die Mauern schützen die Reben vor dem Austrocknen. Die Trauben werden dann in Handarbeit gelesen. Ein aufwendiges Verfahren, das die hohen Preise der Weine erklärt. Die älteste, im Jahr 1775 gegründete Bodega heißt El Grifo. Das Wappen hat, wie sollte es auch anders sein, Cesar Manrique entworfen, ein Drachen-Symbol.
Kulinarisch sind auf Lanzarote zwei Richtungen markant: Der fangfrische Fisch und das Fleisch der Ziege oder des iberischen Schweins. Seehecht, Papageifisch, Thunfisch, Dorade und Rotbrasse, Zackenbarsch, Wolfsbarsch oder Wrackbarsch sowie auch Soldatengarnele, Hummer und Oktopus, manchmal auch Muräne, kommen auf fast jeder Fischplatte vor, die ich mir in den zahlreichen Fischrestaurants an der Küste bestelle. Zu oder vor fast jedem Gericht gibt es als Beilage oder Vorspeise die kanarischen Kartoffeln, Papas Arrugadas, oder Papas Bonitas als kleine Kartoffeln, etwas süßer. Dazu immer die rote und grüne Mojo, Saucen aus Avocado und Knoblauch für die grüne Version und Paprika für die rote Variante. Gerrne gibt es zum Abschluss oder auch als Vorspeise eine Käseplatte aus verschiedenen Schafs- und Ziegenkäsen unterschiedlicher Reifegrade. Die Rinde besteht dabei meist aus kanarischem Gofio, geröstetem Getreide. Die Majorera-Ziege ist dabei eine einheimische Kanaren-Ziege.
Erholt setze ich meine Entdeckungstour am folgenden Tag fort. Nicht immer muss es Cesar Manrique sein, um schöne Seiten der Insel zu entdecken. Nach einem Besuch des schönsten Strandes der Insel, Playa Papagayo, der aber ob seiner Beliebtheit bereits ab 11 Uhr morgens hoffnungslos überfüllt ist, zieht es mich zu El Golfo, der Bucht im Südwesten der Insel. Eigentlich gibt es hier im Süden nicht viel zu sehen, im Gegensatz zum Norden Lanzarotes. Karge Wüste und eine fast 30 minütige Fahrt, die auf der kleinen, 845,9 Quadratkilometer messenden Insel durchaus weit ist, bietet sich dem Reisenden. 1824 brach der letzte Vulkan auf der Insel aus und formte sie nachhaltig bis heute. Im Timanfaya Nationalpark fand der letzte Vulkanausbruch sogar 1730 statt, er dauerte 200 Tage. Lange her. Davon können Isländer nur träumen, kommt es mir schmunzelnd in den Sinn. Auf dem Weg nach El Golfo komme ich noch einmal am Ort Hilaria vorbei, benannt nach einem Einsiedler, der dort 50 Jahre mit seinem Kamel gelebt haben soll. Er liegt mitten im Nationalpark Timanfaya. Ernährt hat der Einsiedler sich von den Früchten eines Feigenbaums, der aus dem vulkanigen Boden sprießte. Wohl eines der wenigen Freuden, die er in in seinem Dasein genießen konnte. An jener Stelle steht heute das von Manrique erbaute Restaurant Diabolo im Nationalpark. Solche Geschichten gibt es viele auf der Insel. Die Jungfrau Dolores von Mancha Blanca, im Norden der Insel soll einst auf Bitten des Pfarrers geholfen haben, das Dorf vom Lavastrom zu verschonen. Denn just dort wo sich der Pfarrer mit dem Kreuz in der Hand aufstellte, stoppte der Lavastrom.
Es ist schon eine skurrile Welt, die ich auf Lanzarote antreffe. Die Lagune El Golfo eröffnet sich mir als ein grünes Becken südlich eines ehemaligen Fischerdörfchens. Ein teilweise im Meer versunkener Krater des Vulkans Montańa, 50 Meter von der Küste entfernt kommt in grüner Färbung daher, hervorgerufen durch einzellige Algen, die in dem salzigen Gewässer leben. Unterirdisch strömt Wasser von und zum Meer und hält das Gleichgewicht des Gewässers aufrecht. Mirador del Charco de los Clocos heißt der Punkt, von dem aus ich das Naturspektakel beobachten kann. Und wenn ich schon in der Gegend bin, besuche ich direkt auch den nahegelegenen Aussichtspunkt Los Hervideros, an dem das Meer sich in gewaltiger Brandung atemberaubend gegen die Klippen und in eine ausgespülte Grotte schlägt. Hier spürt und sieht man das Zusammentreffen der Naturgewalten hautnah.
Die Westküste der Insel ist ein Paradies für Freunde der Naturgewalten. Und jener, die sie nutzen wollen. Die Surfer. Im Nordwesten der Insel liegt die Bucht Caleta de Famara am gleichnamigen Ort. Dorthin zieht es mich, ans Ende der Sandwüste El Jable. Ein Sandsturm erschwert mir die Anfahrt und die Dünen an der Küste scheinen über die Straße zu wandern. Und doch liegt genau hier der Reiz, der die Gegend ausmacht. Das Famara-Gebirge fällt sichtbar steil ab und die fallenden Winde erzeugen die wirbelnden Luftmassen. Die Wellen brechen sich spektakulär am Strand. Das Paradies für alle, die mit dem Brett auf dem Wasser unterwegs sind. Der Ort ist geprägt von Surfern. Von Teguise kommend sehe ich schon von weitem das markante Wrack eines Zementfrachters, der 1982 hier auf Grund lief. Eine von Skandinaviern in den 70er Jahren erbaute Bungalow-Siedlung drängt sich dicht an den Boden, als suche sie Schutz vor den Winden dieser Gegend. Wie schon so oft eine skurrile Szene die ihres Gleichen sucht auf der Insel, deren Kulisse durch karge, nackte Felsen geprägt ist, auf denen kein Baum wächst, der nicht dort von Menschenhand hingesetzt wurde.
Nach vielen Tagen Inselerkundung auf den Spuren des Künstlers Cesar Manrique erkenne ich, dass dieses karge Kanaren-Eiland weit mehr ist, als eine Vulkaninsel. Es ist eine Welt, die ihres Gleichen sucht und Menschen mit Hang zur Extravaganz anzieht. So ganz anders als andere Kanareninseln kommt Lanzarote daher. Einzigartig, unverwechselbar, skurril. Die raue Herzlichkeit der Lanzaroteños und Lanzaroteñas, die so gar nicht zu der rauen Natur passt, hat mich erstaunt, erfreut, geprägt und meinen Aufenthalt erfüllt. Gibt es noch mehr zu entdecken? Es gilt diese einzigartigen Wunder der Natur erneut zu erleben, sich wieder bezaubern zu lassen von ihnen und ihnen dabei völlig anders zu begegnen.
Autor: Philip Duckwitz
Diese Reise wurde teilweise durchgeführt mit freundlicher Unterstützung des Tourismusamts Lanzarote und Iberostar Selection Lanzarote Park.
© Fotos: Philip Duckwitz
Schon wieder ein Windspiel, eines wie so viele auf dieser Insel, die wie kaum eine andere Kanareninsel durch einen einzigen Künstler nachhaltig und Tourismus-wirksam geprägt wurde. Cesar Manrique auf Lanzarote. Just an diesem Kreisverkehr, der 1992 noch eine Kreuzung war, starb der berühmte Künstler unweit seiner Stiftung beim Örtchen Tahiche. Am 25. September war das, als der 73-jährige einen selbstverschuldeten Unfall verursachte, den er nicht überlebte. Reisende nach Lanzarote landen seit 2019 auf dem nach ihm benannten Flughafen und schwärmen von dort aus, die Insel nach Manriques Spuren zu erkunden. Damit ist man gut 10 Tage beschäftigt, will man sich einen vertieften Einblick in das Leben des Lanzaroteños verschaffen. Der am 24. April 1919 auf der Insel geborene Manrique blickte auf ein wechselvolles Leben zurück. Aufgewachsen in Puerto Naos, dem alten Hafen der heutigen Hauptstadt Arecife, kämpfte er als Freiwilliger an der Seite des faschistischen Diktators Franco, studierte später Bauingenieur auf Teneriffa, besuchte die Kunstakademie in Madrid, zog in den 60er Jahren nach New York und kehrte schließlich 1968 nach Lanzarote zurück, um die Insel in „einen der schönsten Plätze der Welt zu verwandeln“ wie er es selbst formulierte. In Peppin Ramirez Cerdá, dem damaligen Inselpräsidenten fand er einen wichtigen Verbündeten und Freund, um sein Vorhaben umsetzen zu können. So wurde Manriques Anregung, alle Häuser auf der Insel in traditionellem Stil weiß zu halten mit grünen Fensterläden und nicht höher als zwei Stockwerke, nicht höher als eine Palme, zu bauen, konsequent umgesetzt, nicht zuletzt durch sein eigenes Werben für diese Idee auf der Insel. Diese Regelung besteht bis auf ganz wenige Ausnahmen bis heute noch.
Und just hier in Tahiche, nahe dem Kreisverkehr, an dem ich nun über den Künstler sinnierend meine Runden drehe, kaufte der Ibero-Star von Lanzarote einst ein Grundstück, dass die Bauern für wertlos hielten und ihm daher fast schenkten. Er baute darauf ein Haus, fand fünf Luftblasen in der Lava, die er zu Höhlen ausbaute und so ein Wohnhaus schuf, das bis heute seine Besucher in Erstaunen versetzt ob der Kreativität, die Natur derart in ein Gebäude einzubinden. Es ist das Haus der heutigen Fundacion Cesar Manrique.
Ich begebe mich auf die Entdeckung der Werke Manriques. Sein Wunsch war, es, Landschaftsbauten in Einklang mit der Natur zu bringen. Wer in seinen Bauwerken steht, empfindet den Geist dieses Vorhabens. Ich beginne im Jameos del Agua im Norden der Insel. Öde erscheint der Weg dorthin auf der durch die Lavafelder gehauene Schnellstraße, die sich wie ein Band durch die schwarze Wüste zieht. Radfahrer säumen wie allerorts die Wege zum Leidwesen der Autofahrer und zu meinem Erstaunen, das sie die Gefahr dieser Straßen und die absolute Unwegsamkeit links und rechts davon in Kauf nehmen. Mitten im Nichts liegt dann das erste Kunstwerk Manriques. Eine Grotte mit einem ausgedehnten Pool davor, und einer markanten Palme. Dahinter ein vom Lavastrom überdachter, unterirdischer See wie aus einer Märchenwelt. In der Grotte befindet sich ein hochklassiges Restaurant und das Speisen in jener atemberaubenden Umgebung wird zum echten Vergnügen. Jameo ist eigentlich ein altkanarisches Wort und bedeutet Vertiefung in der Erde. Und genauso sieht diese Grotte auch aus. Ein Konzertsaal mit 600 Sitzplätzen wurde hier integriert und bildet das Kernstück der Anlage.
Da ich schon einmal im Norden bin, begebe ich mich zum Mirador del Rio, einem weiteren Monument, das durch Manrique ausgebaut wurde. Vorbei am pittoresken Hafenstädtchen Orzola, von dem man nicht nur mit der Fähre zur Insel La Graciosa gelangt, sondern vor allem auch hervorragend Fisch essen kann in einem der zahlreichen Restaurants dort, gelange ich über steile Serpentinen zu der etwas im Inselinneren gelegen Stätte. Eigentlich nur ein Aussichtspunkt auf die vor Lanzarote gelagerte Insel La Graciosa, aber doch so viel mehr. Hier geht ein Wind, dass es einen fast wegweht. Ich flüchte mich in die Lavakuppel, die auf der Spitze des Berges zu einem Aussichtspunkt ausgebaut wurde. War am Jameos des Agua der Krebs das Symbol der Stätte, so ist es hier der Fisch, der außen weithin sichtbar vor dem Baukunstwerk steht. Ein Café mit Panoramafenstern, innen kurvenreich gestaltet, erwartet mich und eröffnet mir einen atemberaubenden Ausblick auf das Inselende, nach La Graciosa und die Weiten des Atlantiks. Der 1974 fertiggestellte Aussichtspunkt gilt als der schönste der Insel.
Noch mehr Manrique bitte. Diesmal wieder unter die Erde. Die Cueva de Los Verdes, ein acht Kilometer langes, weitverzweigtes Höhlensystem, 3000 Jahre alt, von dem Cesar Manrique einen Kilometer ausbauen ließ zu einem spektakulären, unterirdischen Besichtigungspunkt. Es ist eines der ersten Werke des Künstlers. 45 Minuten kann man hier, aber nur mit Führung, durch die Zauberwelt unter der Erde wandeln und kommt aus dem Staunen nicht heraus. Lichtinstallationen sorgen für die Effekte, die das Erlebnis ausmachen. Diese wurden von Jesús Soto, ebenfalls ein kanarischer Künstler, entwickelt. Ein Sammelsurium aus Formen und Farben, von schwefelgelb bis saftig grün, erwartet den Besucher. Von der Decke hängen kleine Tropfen. Sie werden Lavatränen genannt, erklärt mir meine Reiseleiterin Philine, die mich heute kreuz und quer über die Insel begleitet. Und wieder ein Konzertsaal unter der Erde, diesmal für 300 Zuschauer, die sich der einzigartigen Akustik erfreuen können.
Richtung Inselsüden gelange ich zum Jardin de Cactus. Hier hat sich Manrique nahe dem Dorf Guatiza 1991 als eines seiner späten Werke einen Garten mit 1100 verschiedenen Kakteenarten einfallen lassen. 4500 Stachelgewächse sind es insgesamt und auf der Erhebung im Garten thront weithin sichtbar eine Windmühle. Die Verbindung von Architektur und Natur, die dem Künstler so wichtig war, kommt hier besonders gut heraus.
Auf dem Weg zum LagOmar Museum mit seiner spannenden Geschichte passiere ich das mächtige, weiße Monumento del Campesino, das Manrique hier aus alten Wassertanks errichten ließ, um den Bauern der Insel Ehre zu erweisen. Und wie sollte es anders sein, das Monument liegt in einem Kreisverkehr, unweit des Bauernmuseums Casa Museo del Campesino. Die Bauern der Insel werden hier gewürdigt, die entdeckten, dass die Lavakörner den Tau zur Bewässerung der kargen Felder aufsaugen. Wieder lässt es sich hervorragend speisen an diesem Ort mit traditionellen Gerichten der Insel, diesmal Fleisch, vor allem seltenes und schmackhaftes Ziegenfleisch. Weniger Fisch. Und die Besichtigung der Anlage eröffnet dem Gast die Möglichkeit, traditionelles Kunsthandwerk der Insel zu erleben in kleinen Ateliers.
So gelange ich nahe der ehemaligen Hauptstadt Teguise mit ihren malerischen Gassen, in denen sonntags der größte und lebhafteste Markt der Insel stattfindet, zum Museum LagOmar. Manrique kaufte das Anwesen im Auftrag des Immobilienmaklers Sam Benady und gestaltete es mit dem bereits bekannten Künstler Jesús Soto zu einem Wunderwerk der Architektur um, dank der in Vulkanstein geschlagenen, halboffenen Räume. Das gefiel wohl auch dem aus „Doktor Schiwago“ bekannten Schauspieler Omar Sharif. Und er kaufte das Anwesen, verlor es aber am selben Tag wieder beim Bridge-Spiel. Darüber war er so verärgert, dass er Lanzarote für immer verließ. Der deutsche Architekt Dominik von Boettinger kaufte das Anwesen 1989, das heute als Museum zugänglich ist. Zusammen mit seiner Frau Beatriz van Hoff betreibt er es nun und auf dem Gelände befindet sich die mondäne Bar „La Cueva“.
Mich zieht es weiter nach Süden. Der Nationalpark Timanfaya ruft zu einer Besichtigung. Vorbei an der Stadt Haria, in der nicht nur samstags einer der schönsten Kunsthandwerkermärkte der Insel stattfindet, sondern auf deren Friedhof auf Cesar Manrique begraben liegt. Der Nationalpark sollte eigentlich früh morgens besucht werden. Denn bereits um 09:30 Uhr, wenn die Tore sich öffnen und man mit dem Auto zum Besucherzentrum fahren kann durch die staubige Ebene, stauen sich die Fahrzeuge weithin vor der Einfahrt. Vorbei an der markanten Teufelsfigur Diabolo, am Eingang des Nationalparks, gelange ich zum Restaurant El Diabolo auf der Spitze des Hügels hoch über dem Nationalpark. Dorthin begebe ich mich aber erst nach der spektakulären Busfahrt, die jeder Gast hier unternimmt. Denn mit dem eigenen Fahrzeugen kann man die rund 45 Minuten dauernden Fahrt durch die kurvigen, oft steilen und nahezu unwegsamen Trassen des Parks nicht fahren. Vorbei an erloschenen Vulkankratern, von denen es auf der Insel 300 gibt, mit spektakulären Ausblicken in die Tiefe erlebe ich die Busfahrt. Zum Abschluss gib es vor dem Restaurant noch eine alle 10 Minuten wiederholte Präsentation, wie ein Geysir funktioniert. Ein Arbeiter schüttet einen Eimer Wasser in ein Loch in die Tiefe des Vulkans und schon springt eine Dampf-Fontäne mehrere Meter hoch aus der Röhre. Tatsächlich ist es unter dem Restaurant so heiß, dass oben vor dem Gebäude ein Grill über eine Felsspalte angebracht ist, auf dem frische Hähnchen in natürlicher Hitze gegrillt werden. Dazu die atemberaubende Aussicht innerhalb des runden Gebäudes mit Ausblick auf Meer und Felsen. So schmeckt die Insel!
Noch weiter zieht es mich nach Süden. Der Tag neigt sich dem Ende zu. Eigentlich müsste ich nun in dem einzigen, in Zusammenarbeit mit Cesar Manrique geschaffenen Hotel der Insel in Costa Teguise nahe der Hauptstadt Arrecife übernachten, das heute von einer großen, spanischen Hotelkette betrieben wird. Doch mich reizt es mehr, den südlichsten Punkt der Insel anzusteuern, Playa Blanca. Mit Blick auf die benachbarte Kanareninsel Fuerteventura, die nur einen Katzensprung entfernt liegt. Hier liegt nicht nur der Faro Punta de Pechiguera, der alte und der neue Leuchtturm der Insel als Aussichtspunkt, sondern auch ein luxuriöses Hotel einer spanischen Hotelgruppe. Und wenn ich schon den ganzen Tag auf den Spuren des Insel-Helden Cesar Manrique unterwegs war, des Ibero-Stars von Lanzarote, dann ist es doch eine gelungene Abrundung, genau in jenem Hotel zu weilen, das eben dieser Bezeichnung gerecht wird. Lebendig geht es hier zu. Vielseitig ist das Angebot für Familien und Paare und reichhaltig die Küche, die den Gast mit kanarischen Spezialitäten verwöhnt. „Muy bien“ - sehr gute Wahl bekräftigt der Koch mich und andere Gäste strahlend bei der Auswahl der erlesenen Fisch- und Fleischgerichte der Region, die einem im Umfeld des Atlantik-Blicks im Restaurant des Hotels besondere Gaumenfreuden bereiten. Luxuriös bettet sich der Reisende in einer Suite und blickt auf den atemberaubenden Sonnenuntergang, während er bis abends noch im Zimmer-eigenen Jacuzzi entspannen kann. So lebt es sich, im Einklang mit der Natur. Das hätte Cesar Manrique wohl gefallen.
Während meiner ganzen Fahrt kreuz und quer über die Insel ist mir vor allem die eigentümliche Art des Weinbaus aufgefallen, die auf Lanzarote praktiziert wird. Vor allem in der südlichen Mitte der Insel rund um die Stadt San Bartolomé finde ich eine regelrechte Weinstraße, auf der sich eine Bodega an die andere anreiht. La Geria heißt die Gegend, die 16 Kilometer lang ist und etwa 5 Hektar umfasst. Der Wein selbst wird anders angebaut als in Europa. Auf vulkanischem Boden, der Lapilischicht, auch Picon genannt, gedeihen die Reben besonders gut. Weißweine sind es, die hier vor allem entstehen. Die Rebstöcke wachsen jeder für sich in kleinen, mit Mauern geschützten Einzelkratern. Die Weinbauern graben dabei bis zu drei Meter tiefe Löcher und pflanzen die Weinreben hinein. Die Lapilischicht heizt sich tagsüber auf, lerne ich und die Feuchtigkeit sehr gut im vulkanischen Granulat gespeichert. Die Mauern schützen die Reben vor dem Austrocknen. Die Trauben werden dann in Handarbeit gelesen. Ein aufwendiges Verfahren, das die hohen Preise der Weine erklärt. Die älteste, im Jahr 1775 gegründete Bodega heißt El Grifo. Das Wappen hat, wie sollte es auch anders sein, Cesar Manrique entworfen, ein Drachen-Symbol.
Kulinarisch sind auf Lanzarote zwei Richtungen markant: Der fangfrische Fisch und das Fleisch der Ziege oder des iberischen Schweins. Seehecht, Papageifisch, Thunfisch, Dorade und Rotbrasse, Zackenbarsch, Wolfsbarsch oder Wrackbarsch sowie auch Soldatengarnele, Hummer und Oktopus, manchmal auch Muräne, kommen auf fast jeder Fischplatte vor, die ich mir in den zahlreichen Fischrestaurants an der Küste bestelle. Zu oder vor fast jedem Gericht gibt es als Beilage oder Vorspeise die kanarischen Kartoffeln, Papas Arrugadas, oder Papas Bonitas als kleine Kartoffeln, etwas süßer. Dazu immer die rote und grüne Mojo, Saucen aus Avocado und Knoblauch für die grüne Version und Paprika für die rote Variante. Gerrne gibt es zum Abschluss oder auch als Vorspeise eine Käseplatte aus verschiedenen Schafs- und Ziegenkäsen unterschiedlicher Reifegrade. Die Rinde besteht dabei meist aus kanarischem Gofio, geröstetem Getreide. Die Majorera-Ziege ist dabei eine einheimische Kanaren-Ziege.
Erholt setze ich meine Entdeckungstour am folgenden Tag fort. Nicht immer muss es Cesar Manrique sein, um schöne Seiten der Insel zu entdecken. Nach einem Besuch des schönsten Strandes der Insel, Playa Papagayo, der aber ob seiner Beliebtheit bereits ab 11 Uhr morgens hoffnungslos überfüllt ist, zieht es mich zu El Golfo, der Bucht im Südwesten der Insel. Eigentlich gibt es hier im Süden nicht viel zu sehen, im Gegensatz zum Norden Lanzarotes. Karge Wüste und eine fast 30 minütige Fahrt, die auf der kleinen, 845,9 Quadratkilometer messenden Insel durchaus weit ist, bietet sich dem Reisenden. 1824 brach der letzte Vulkan auf der Insel aus und formte sie nachhaltig bis heute. Im Timanfaya Nationalpark fand der letzte Vulkanausbruch sogar 1730 statt, er dauerte 200 Tage. Lange her. Davon können Isländer nur träumen, kommt es mir schmunzelnd in den Sinn. Auf dem Weg nach El Golfo komme ich noch einmal am Ort Hilaria vorbei, benannt nach einem Einsiedler, der dort 50 Jahre mit seinem Kamel gelebt haben soll. Er liegt mitten im Nationalpark Timanfaya. Ernährt hat der Einsiedler sich von den Früchten eines Feigenbaums, der aus dem vulkanigen Boden sprießte. Wohl eines der wenigen Freuden, die er in in seinem Dasein genießen konnte. An jener Stelle steht heute das von Manrique erbaute Restaurant Diabolo im Nationalpark. Solche Geschichten gibt es viele auf der Insel. Die Jungfrau Dolores von Mancha Blanca, im Norden der Insel soll einst auf Bitten des Pfarrers geholfen haben, das Dorf vom Lavastrom zu verschonen. Denn just dort wo sich der Pfarrer mit dem Kreuz in der Hand aufstellte, stoppte der Lavastrom.
Es ist schon eine skurrile Welt, die ich auf Lanzarote antreffe. Die Lagune El Golfo eröffnet sich mir als ein grünes Becken südlich eines ehemaligen Fischerdörfchens. Ein teilweise im Meer versunkener Krater des Vulkans Montańa, 50 Meter von der Küste entfernt kommt in grüner Färbung daher, hervorgerufen durch einzellige Algen, die in dem salzigen Gewässer leben. Unterirdisch strömt Wasser von und zum Meer und hält das Gleichgewicht des Gewässers aufrecht. Mirador del Charco de los Clocos heißt der Punkt, von dem aus ich das Naturspektakel beobachten kann. Und wenn ich schon in der Gegend bin, besuche ich direkt auch den nahegelegenen Aussichtspunkt Los Hervideros, an dem das Meer sich in gewaltiger Brandung atemberaubend gegen die Klippen und in eine ausgespülte Grotte schlägt. Hier spürt und sieht man das Zusammentreffen der Naturgewalten hautnah.
Die Westküste der Insel ist ein Paradies für Freunde der Naturgewalten. Und jener, die sie nutzen wollen. Die Surfer. Im Nordwesten der Insel liegt die Bucht Caleta de Famara am gleichnamigen Ort. Dorthin zieht es mich, ans Ende der Sandwüste El Jable. Ein Sandsturm erschwert mir die Anfahrt und die Dünen an der Küste scheinen über die Straße zu wandern. Und doch liegt genau hier der Reiz, der die Gegend ausmacht. Das Famara-Gebirge fällt sichtbar steil ab und die fallenden Winde erzeugen die wirbelnden Luftmassen. Die Wellen brechen sich spektakulär am Strand. Das Paradies für alle, die mit dem Brett auf dem Wasser unterwegs sind. Der Ort ist geprägt von Surfern. Von Teguise kommend sehe ich schon von weitem das markante Wrack eines Zementfrachters, der 1982 hier auf Grund lief. Eine von Skandinaviern in den 70er Jahren erbaute Bungalow-Siedlung drängt sich dicht an den Boden, als suche sie Schutz vor den Winden dieser Gegend. Wie schon so oft eine skurrile Szene die ihres Gleichen sucht auf der Insel, deren Kulisse durch karge, nackte Felsen geprägt ist, auf denen kein Baum wächst, der nicht dort von Menschenhand hingesetzt wurde.
Nach vielen Tagen Inselerkundung auf den Spuren des Künstlers Cesar Manrique erkenne ich, dass dieses karge Kanaren-Eiland weit mehr ist, als eine Vulkaninsel. Es ist eine Welt, die ihres Gleichen sucht und Menschen mit Hang zur Extravaganz anzieht. So ganz anders als andere Kanareninseln kommt Lanzarote daher. Einzigartig, unverwechselbar, skurril. Die raue Herzlichkeit der Lanzaroteños und Lanzaroteñas, die so gar nicht zu der rauen Natur passt, hat mich erstaunt, erfreut, geprägt und meinen Aufenthalt erfüllt. Gibt es noch mehr zu entdecken? Es gilt diese einzigartigen Wunder der Natur erneut zu erleben, sich wieder bezaubern zu lassen von ihnen und ihnen dabei völlig anders zu begegnen.
Autor: Philip Duckwitz
Diese Reise wurde teilweise durchgeführt mit freundlicher Unterstützung des Tourismusamts Lanzarote und Iberostar Selection Lanzarote Park.
© Fotos: Philip Duckwitz
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