Im Zauber einer rassigen Schönheit ANDALUSIEN

Andalusien im Herbst - ein Kurztrip an die Costa de la Luz: Von Flamenco und Sherry über Thunfisch und Lord Nelson bis Alcázar und Wanderdünen hat Spaniens Süden einiges zu bieten.

Schon als sie auf die Bühne tritt, weiß ich, dass gleich etwas ganz Besonderes passieren wird. Noch vor ihrem ersten Tanzschritt habe ich Gänsehaut. Die Haltung. Die Ausstrahlung. Der Blick. Ganz langsam stolziert sie in einem großen Halbkreis bis zur Mitte der Bühne, während das wehmütige Klagelied des Sängers die Herzen der Zuschauer ergreift. In Zeitlupe breitet sie ihre Arme aus, hebt sie über ihren Kopf, stampft ganz sanft mit einem Fuß auf. Und dann geht es los. Ihre Hände winden sich in einem grazilen Reigen umeinander und weben einen unsichtbaren Zauber, der durch die riesige Kelterhallte schwebt und dem sich kein Anwesender entziehen kann. Es spielt keine Rolle mehr, dass es kalt ist und dass man keine weiteren Tapas und keinen Sherry mehr probieren wollte, um möglichst schnell zum üppigen Dinner in das warme Innere der Bodegas Gonzáles Byass zu flüchten. Jetzt starrt man nur noch gebannt auf diese wunderschöne Flamenco Tänzerin, mit ihrem ungewöhnlichen Kurzhaarschnitt, ihrem faszinierenden Stolz und Feuer, ihrem schlichten schwarzen Stufenkleid. Nein. So eine Frau kann keinem Mann gehören. Und wenn er auch noch so schön singt. Und wie sie ihn später im rasanten Feuerwerk der Bulería, das ist eine der klassischen Palos (Zweige) des Flamencos, davon überzeugt, kann er sie eigentlich nur demütig ziehen lassen … und ihr gleichzeitig für immer verfallen sein.

Leonor Leal ist eine von vielen Flamenco Künstlerinnen in Andalusien. Aber sie ist eine, die ich nie vergessen werde. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Sie ist anders als man sich eine typische Flamenco Tänzerin vorstellt. Genau wie Andalusien im Herbst anders ist, als in der Hochsaison zwischen Mai und September. Die Sanftheit der Sonne und der Farben vermischt sich mit dem feurigen Temperament zu einem bittersüßen, geradezu süchtig machenden Elixier. Neben allen anderen Schönheiten und Genüssen Andalusiens werde ich Leonor jedem empfehlen, der vor hat in den Süden Spaniens zu reisen oder die Chance hat, sie einmal irgendwo anders auf der Welt zu sehen. Sie ist eine Tochter der kleinen Stadt Jerez de la Frontera, wo meine kleine Reise nach Andalusien angefangen hat. Die Stadt ist vor allem für die Herstellung der weltweit besten Sherrys berühmt. Deshalb wird das Getränk in Spanien auch Jerez oder Vino Jerez genannt. Ob er wirklich der Beste ist, kann ich nicht sagen, denn hier habe ich das erste Gläschen überhaupt probiert. Und es war gut. Gewohnt haben wir im Hotel Iberostar Andalucía Playa. Mit seinem von Sanddünen und Sträuchern geschützten Strand, seinem herrlichen Frühstücks- und Abendbuffet, seiner mondänen Atmosphäre und dem prächtigen Pool, hat das Haus seine fünf Sterne aus meiner Sicht verdient. Der erste Ausflug ging nach Conil de la Frontera. Ein kleines beschauliches Fischerörtchen. Beschaulich allerdings nur jetzt – Ende Oktober – wenn die Touristen des Sommers und mit ihnen die große Hitze verschwunden ist. Dort habe ich direkt am Strand im fantasievollen Restaurant Timón de Roche meine ersten Tapas gegessen. Der Iberico Schinken wurde ganz frisch vom ganzen Schweinefuß herunter geschnitten – dazu ein Schlückchen Weißwein, ein paar Sonnenstrahlen und die Meeresbrise … köstlich.

Ein Wandertag mit Thunfisch-Kreationen und Lord Nelson

Im La Chanca de Conil, einem kleinen ganz neu eingerichteten Museum in einem historisch wichtigen Gebäude der Stadt, habe ich dann mehr über die Geschichte Conils und die Almadraba erfahren. Dies ist die traditionelle Art des Thunfischfangs. Mit Hilfe eines aufwändigen Netzsystems werden die Fische jedes Jahr im Frühjahr auf dem Weg zu Ihren Laichplätzen im Mittelmeer an der Meerenge von Gibraltar abgefangen. Das gleiche passiert dann noch einmal im Herbst, wenn die Fische wieder zurück in den Atlantik strömen. Folglich kann man überall in Andalusien köstliche Spezialitäten aus Thunfisch probieren. Sehr zu empfehlen ist zum Beispiel das Restaurant El Campero in Barbate. Hier muss man seinen Tisch aber unbedingt im Voraus reservieren. Das modern und geschmackvoll eingerichtete Restaurant ist heiß begehrt. Sehr zurecht. Die rohen Thunfisch Würfel in weißem Knoblauch oder das Thunfisch Carpaccio mit einer kleinen Kugel aus Limoneneis sind Geschmackssinfonien, die vom Gaumen aus kleine Begeisterungswellen durch den Körper schicken. Julio Vásquez, der Koch, hat noch viele weitere außergewöhnliche Kreationen auf seiner Karte stehen. Man nimmt sich außer Essen und vielleicht noch einen Spaziergang zum Cap Trafalgar am besten nicht viel vor an diesem Tag.

Wer direkt von Barbate aus loslaufen möchte, hat 11 km ohne Einkehrmöglichkeiten vor sich und sollte sich deshalb mit ausreichend Wasser und Sonnenschutz versorgen. Belohnt wird man durch einen Weg, der sich am weiten Strand von Barbate bis zur Steilküste des kleinen Naturpark La Breña zieht. Von dort aus geht es entlang der beeindruckenden Steilküste vorbei am Torre del Tajo, einem alten Wachturm des 16. Jahrhunderts. Hier genießt man einen atemberaubenden Blick auf das Meer – bei klarer Sicht bis hinüber nach Marokko. Weiter geht es dann durch angenehm schattige Wälder aus Regenschirmpinien. Unterwegs kommt man an vielen sonnigen Lichtungen vorbei und kann immer wieder einen Blick auf das glitzernde Meer erhaschen. Am Wegesrand stehen auch Wacholdersträucher, aus deren Beeren u. a. Gin hergestellt wird, sowie Ginsterbüsche, die eine Lieblingsspeise der Chamäleons sind sowie viele andere Pflanzen. All das erklärt uns Manuel Moralez, ein Naturführer, der uns stolz von seiner Heimat, den Pflanzen und den Tieren berichtet. Wer nicht ganz so wandertüchtig ist, kann auch erst durch den Naturpark spazieren, dann zum Mittagessen in Barbate einkehren und anschließend nach Los Caños de Meca fahren. Von hier aus ist es dann nur noch ein gemütlicher Spaziergang zum Cap Trafalgar. Unterwegs erzählt uns unsere Reiseführerin in schillernden Farben die Geschichte des einarmigen Admiral Nelson und der Schlacht von Trafalgar. Ganz ergriffen lausche ich, wie der äußerst schlaue Lord stolz in seiner blau-goldenen Uniform am Bug der Victory den Sieg für die Engländer über Napoleon errungen hat und dabei selbst ums Leben kam. Sein Vermächtnis war die mehr als ein Jahrhundert andauernde Herrschaft Britanniens über die Weltmeere. Eine prachtvolle Geschichte. Und auch ein eindrucksvoller Ort. Der Wind ist mir auf den Sanddünen rund um den Leuchtturm durch die Haare gepfiffen, während ich die Aussicht auf das Meer genossen habe, das hier sozusagen von drei Seiten auf die kleine Halbinsel trifft und in seinen Tiefen die Reste unzähliger Schiffe Spaniens und Frankreichs begraben hält.

Historisches Lustwandeln in Cádiz

Etwas entspannter ging es am nächsten Tag beim Städtetrip nach Cádiz weiter. Auch diese Hafenstadt und Hauptstadt der gleichnamigen Provinz liegt auf einer Landzunge und wird fast vollständig vom Meer umschlossen, wodurch ein Spaziergang an der Uferpromenade am besten zum Sonnenuntergang quasi zum Muss wird. Càdiz zählt zu den ältesten Städten Europas, deshalb lohnt es sich Zeit in der Altstadt zu verbringen und auf den Pfaden vergangener Epochen zu wandeln. Die Kathedrale, das Rathaus, das Castillo de Santa Catalina, das Falla Theater und die Iglesia de Santa Cruz sind wunderschöne Stationen auf einem historischen Rundweg. Vor allem bei den Sehenswürdigkeiten in Andalusien machen sich auch die maurischen Einflüsse stark bemerkbar. Jahrhundertelang stand der Süden Spaniens unter islamischer Herrschaft. Viele Prachtbauten, aber auch einfache Häuser im Stil eines marokkanischen Riads versprühen deshalb noch heute den Zauber des Orients. Sehr beeindruckend ist zum Beispiel das Restaurant El Casino Gaditano an der Plaza de San Antonio. In der historischen Altstadt laden auch viele kleine und oftmals sehr authentische Geschäfte zum Einkaufen ein. Aber Achtung: Auch hier werden während der Siesta zwischen 14 und 17 Uhr alle Läden geschlossen. Dann ist die beste Zeit für ein ausgedehntes Mittagessen mit anschließendem Cafégenuss. Sehr zu empfehlen ist unter anderem das Café Royalty. Die romantischen Deckengemälde und üppigen Goldverzierungen, die plüschigen Samtsessel und Sofas sowie die beeindruckende Theke mit ihrer verspiegelten Rückwand allein, sind schon einen Besuch wert. Dazu kommen dann noch die Köstlichkeiten der Speisekarte, die einem endgültig ein Prinzessinnendasein vorgaukeln. Einen wunderbaren Rundblick über das ganze Reich aus Stadt und Meer genießt man vom Torre Tavira.

Ein Abstecher nach Sevilla gehört einfach dazu

Auf einem Kurztrip nach Andalusien lohnt es sich die Küste zu verlassen und sich auch das Landesinnere anzusehen. Dabei kommt man an der Hauptstadt Sevilla eigentlich nicht vorbei. Und sollte es auch nicht. Kleine verwinkelte Gassen, sonnige Plätze, prachtvolle Bauten und Sehenswürdigkeiten, unzählige kleine Tapas-Bars und Cafés machen Sevilla zu einer echten Traumstadt. Mit 700.000 Einwohnern ist sie die größte Stadt Andalusiens. Neben der weltbekannten und wirklich ergreifend schönen Plaza de España und der Kathedrale Santa María de la Sede (UNESCO Weltkulturerbe) sollte man sich auch etwas Zeit für den üppig ausgestatteten Festungspalast Alcazár, den Palast der Könige, nehmen. Auch wenn es hier meist von Besuchern wimmelt, kann man durch die Ohrstöpsel mit dem Reiseführer verbunden und so von der Geräuschkulisse der Menschenmenge etwas abgeschirmt, den Kopf zur reich verzierten Decke oder in den Himmel über dem Innenhofes heben und sich vorstellen, man wäre allein in diesem Märchen aus 1001er Nacht. Von ganz anderer Natur ist das Metropol Parasol des deutschen Architekten Jürgen Mayer H., auf dem Plaza de la Encarnación. Der sogenannte Stadt-Sonnenschirm, auch liebevoll Las Setas (die Pilze) genannt, gilt als modernes Wahrzeichen der Stadt und größte Holzkonstruktion der Welt. Abends, wenn sie beleuchtet wird, wirkt sie ganz besonders schön. Wer möchte kann auch hinaufsteigen und einen kleinen Rundweg mit toller Aussicht auf der Riesenwaffel unternehmen.

Ein Buch, das über Nacht geschrieben wird: Der Naturpark Doñana

Nach so viel City und Menschen sehnt man sich dann wieder nach Natur. Wir haben uns auf dem Weg Richtung Huelva für einen Ausflug in den Nationalpark Doñana entschieden. Er umfasst beinahe 110.000 Hektar Naturschutzgebiet, die man nur zu Fuß, mit dem Rad oder während einer geführten Jeep-Safari im Unimog erkunden kann. Pro Tag finden zwei Touren á 4 Stunden mit bis zu 21 Personen statt. Der Ticketpreis liegt bei 30,- Euro. Dabei werden die unterschiedlichen Naturgebiete des Parks erkundet. Alternativ führt auch ein breites Wanderwegenetz durch den Park. In Doñana leben viele, teilweise auch selten gewordene und vom Aussterben bedrohte Tierarten, darunter zum Beispiel Pardelluchse. Weiterhin sind hier 120 Vogelarten, darunter neun spanische Kaiseradler-Paare, aber auch Rotwild, Wildschweine, Ginsterkatzen und Pferde heimisch. Unser Führer (leider habe ich seinen Namen vergessen), meinte ganz andächtig: „Doñana ist ein Buch, das über Nacht geschrieben wird. Am Morgen kann man in den Spuren der Nacht lesen, was geschehen ist.“ Auch wenn der Durchschnitts-Tourist wahrscheinlich keine Spuren lesen kann, so gelingt es hier doch ganz tief durchzuatmen und die unberührte Natur zu genießen. Besonders am 28 Kilometer langen Strand und zwischen den Wanderdünen, die bis zu fünf Kilometer breit und 36 Kilometer lang werden und sich pro Jahr zwischen fünf und sechs Meter fortbewegen, fühlt man sich wunderbar entschleunigt. Die Entspannung des Tages hat sich dann in meinem gemütlichen Hotelzimmer noch verstärkt. Wem es nicht so sehr auf direkte Strandlage und einen riesigen Pool ankommt, dem wird die stylische Einrichtung, die freistehende runde Badewanne, die ultrabequeme Matratze, das weiche Kopfkissen und die wolkenweiche Bettdecke im Hotel Sentido Ama Islantilla gefallen. Dort habe ich dann im Traum mein eigenes Buch über Nacht geschrieben.

Autor: Andrea Lang

Weitere Informationen und Links:
www.andalucia.org
www.thomascook.de
leonorleal.com
www.iberostar.com/hoteles/cadiz/iberostar-andalucia-playa
www.restauranteelcampero.es
www.caferoyalty.com
www.casinogaditano.org/casino.asp
setasdesevilla.com
www.sentidohotels.com/en/hotels/sentido-ama-islantilla

© Fotos: Andrea Lang, pixabay.com

Andrea Lang
In die Welt verliebt. Dem Moment verfallen. Der Stille lauschend. Mit viel Gefühl schreibt sie über ihre Reisen, Erlebnisse und Sehnsuchtsorte.
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Schon als sie auf die Bühne tritt, weiß ich, dass gleich etwas ganz Besonderes passieren wird. Noch vor ihrem ersten Tanzschritt habe ich Gänsehaut. Die Haltung. Die Ausstrahlung. Der Blick. Ganz langsam stolziert sie in einem großen Halbkreis bis zur Mitte der Bühne, während das wehmütige Klagelied des Sängers die Herzen der Zuschauer ergreift. In Zeitlupe breitet sie ihre Arme aus, hebt sie über ihren Kopf, stampft ganz sanft mit einem Fuß auf. Und dann geht es los. Ihre Hände winden sich in einem grazilen Reigen umeinander und weben einen unsichtbaren Zauber, der durch die riesige Kelterhallte schwebt und dem sich kein Anwesender entziehen kann. Es spielt keine Rolle mehr, dass es kalt ist und dass man keine weiteren Tapas und keinen Sherry mehr probieren wollte, um möglichst schnell zum üppigen Dinner in das warme Innere der Bodegas Gonzáles Byass zu flüchten. Jetzt starrt man nur noch gebannt auf diese wunderschöne Flamenco Tänzerin, mit ihrem ungewöhnlichen Kurzhaarschnitt, ihrem faszinierenden Stolz und Feuer, ihrem schlichten schwarzen Stufenkleid. Nein. So eine Frau kann keinem Mann gehören. Und wenn er auch noch so schön singt. Und wie sie ihn später im rasanten Feuerwerk der Bulería, das ist eine der klassischen Palos (Zweige) des Flamencos, davon überzeugt, kann er sie eigentlich nur demütig ziehen lassen … und ihr gleichzeitig für immer verfallen sein.

Leonor Leal ist eine von vielen Flamenco Künstlerinnen in Andalusien. Aber sie ist eine, die ich nie vergessen werde. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Sie ist anders als man sich eine typische Flamenco Tänzerin vorstellt. Genau wie Andalusien im Herbst anders ist, als in der Hochsaison zwischen Mai und September. Die Sanftheit der Sonne und der Farben vermischt sich mit dem feurigen Temperament zu einem bittersüßen, geradezu süchtig machenden Elixier. Neben allen anderen Schönheiten und Genüssen Andalusiens werde ich Leonor jedem empfehlen, der vor hat in den Süden Spaniens zu reisen oder die Chance hat, sie einmal irgendwo anders auf der Welt zu sehen. Sie ist eine Tochter der kleinen Stadt Jerez de la Frontera, wo meine kleine Reise nach Andalusien angefangen hat. Die Stadt ist vor allem für die Herstellung der weltweit besten Sherrys berühmt. Deshalb wird das Getränk in Spanien auch Jerez oder Vino Jerez genannt. Ob er wirklich der Beste ist, kann ich nicht sagen, denn hier habe ich das erste Gläschen überhaupt probiert. Und es war gut. Gewohnt haben wir im Hotel Iberostar Andalucía Playa. Mit seinem von Sanddünen und Sträuchern geschützten Strand, seinem herrlichen Frühstücks- und Abendbuffet, seiner mondänen Atmosphäre und dem prächtigen Pool, hat das Haus seine fünf Sterne aus meiner Sicht verdient. Der erste Ausflug ging nach Conil de la Frontera. Ein kleines beschauliches Fischerörtchen. Beschaulich allerdings nur jetzt – Ende Oktober – wenn die Touristen des Sommers und mit ihnen die große Hitze verschwunden ist. Dort habe ich direkt am Strand im fantasievollen Restaurant Timón de Roche meine ersten Tapas gegessen. Der Iberico Schinken wurde ganz frisch vom ganzen Schweinefuß herunter geschnitten – dazu ein Schlückchen Weißwein, ein paar Sonnenstrahlen und die Meeresbrise … köstlich.

Ein Wandertag mit Thunfisch-Kreationen und Lord Nelson

Im La Chanca de Conil, einem kleinen ganz neu eingerichteten Museum in einem historisch wichtigen Gebäude der Stadt, habe ich dann mehr über die Geschichte Conils und die Almadraba erfahren. Dies ist die traditionelle Art des Thunfischfangs. Mit Hilfe eines aufwändigen Netzsystems werden die Fische jedes Jahr im Frühjahr auf dem Weg zu Ihren Laichplätzen im Mittelmeer an der Meerenge von Gibraltar abgefangen. Das gleiche passiert dann noch einmal im Herbst, wenn die Fische wieder zurück in den Atlantik strömen. Folglich kann man überall in Andalusien köstliche Spezialitäten aus Thunfisch probieren. Sehr zu empfehlen ist zum Beispiel das Restaurant El Campero in Barbate. Hier muss man seinen Tisch aber unbedingt im Voraus reservieren. Das modern und geschmackvoll eingerichtete Restaurant ist heiß begehrt. Sehr zurecht. Die rohen Thunfisch Würfel in weißem Knoblauch oder das Thunfisch Carpaccio mit einer kleinen Kugel aus Limoneneis sind Geschmackssinfonien, die vom Gaumen aus kleine Begeisterungswellen durch den Körper schicken. Julio Vásquez, der Koch, hat noch viele weitere außergewöhnliche Kreationen auf seiner Karte stehen. Man nimmt sich außer Essen und vielleicht noch einen Spaziergang zum Cap Trafalgar am besten nicht viel vor an diesem Tag.

Wer direkt von Barbate aus loslaufen möchte, hat 11 km ohne Einkehrmöglichkeiten vor sich und sollte sich deshalb mit ausreichend Wasser und Sonnenschutz versorgen. Belohnt wird man durch einen Weg, der sich am weiten Strand von Barbate bis zur Steilküste des kleinen Naturpark La Breña zieht. Von dort aus geht es entlang der beeindruckenden Steilküste vorbei am Torre del Tajo, einem alten Wachturm des 16. Jahrhunderts. Hier genießt man einen atemberaubenden Blick auf das Meer – bei klarer Sicht bis hinüber nach Marokko. Weiter geht es dann durch angenehm schattige Wälder aus Regenschirmpinien. Unterwegs kommt man an vielen sonnigen Lichtungen vorbei und kann immer wieder einen Blick auf das glitzernde Meer erhaschen. Am Wegesrand stehen auch Wacholdersträucher, aus deren Beeren u. a. Gin hergestellt wird, sowie Ginsterbüsche, die eine Lieblingsspeise der Chamäleons sind sowie viele andere Pflanzen. All das erklärt uns Manuel Moralez, ein Naturführer, der uns stolz von seiner Heimat, den Pflanzen und den Tieren berichtet. Wer nicht ganz so wandertüchtig ist, kann auch erst durch den Naturpark spazieren, dann zum Mittagessen in Barbate einkehren und anschließend nach Los Caños de Meca fahren. Von hier aus ist es dann nur noch ein gemütlicher Spaziergang zum Cap Trafalgar. Unterwegs erzählt uns unsere Reiseführerin in schillernden Farben die Geschichte des einarmigen Admiral Nelson und der Schlacht von Trafalgar. Ganz ergriffen lausche ich, wie der äußerst schlaue Lord stolz in seiner blau-goldenen Uniform am Bug der Victory den Sieg für die Engländer über Napoleon errungen hat und dabei selbst ums Leben kam. Sein Vermächtnis war die mehr als ein Jahrhundert andauernde Herrschaft Britanniens über die Weltmeere. Eine prachtvolle Geschichte. Und auch ein eindrucksvoller Ort. Der Wind ist mir auf den Sanddünen rund um den Leuchtturm durch die Haare gepfiffen, während ich die Aussicht auf das Meer genossen habe, das hier sozusagen von drei Seiten auf die kleine Halbinsel trifft und in seinen Tiefen die Reste unzähliger Schiffe Spaniens und Frankreichs begraben hält.

Historisches Lustwandeln in Cádiz

Etwas entspannter ging es am nächsten Tag beim Städtetrip nach Cádiz weiter. Auch diese Hafenstadt und Hauptstadt der gleichnamigen Provinz liegt auf einer Landzunge und wird fast vollständig vom Meer umschlossen, wodurch ein Spaziergang an der Uferpromenade am besten zum Sonnenuntergang quasi zum Muss wird. Càdiz zählt zu den ältesten Städten Europas, deshalb lohnt es sich Zeit in der Altstadt zu verbringen und auf den Pfaden vergangener Epochen zu wandeln. Die Kathedrale, das Rathaus, das Castillo de Santa Catalina, das Falla Theater und die Iglesia de Santa Cruz sind wunderschöne Stationen auf einem historischen Rundweg. Vor allem bei den Sehenswürdigkeiten in Andalusien machen sich auch die maurischen Einflüsse stark bemerkbar. Jahrhundertelang stand der Süden Spaniens unter islamischer Herrschaft. Viele Prachtbauten, aber auch einfache Häuser im Stil eines marokkanischen Riads versprühen deshalb noch heute den Zauber des Orients. Sehr beeindruckend ist zum Beispiel das Restaurant El Casino Gaditano an der Plaza de San Antonio. In der historischen Altstadt laden auch viele kleine und oftmals sehr authentische Geschäfte zum Einkaufen ein. Aber Achtung: Auch hier werden während der Siesta zwischen 14 und 17 Uhr alle Läden geschlossen. Dann ist die beste Zeit für ein ausgedehntes Mittagessen mit anschließendem Cafégenuss. Sehr zu empfehlen ist unter anderem das Café Royalty. Die romantischen Deckengemälde und üppigen Goldverzierungen, die plüschigen Samtsessel und Sofas sowie die beeindruckende Theke mit ihrer verspiegelten Rückwand allein, sind schon einen Besuch wert. Dazu kommen dann noch die Köstlichkeiten der Speisekarte, die einem endgültig ein Prinzessinnendasein vorgaukeln. Einen wunderbaren Rundblick über das ganze Reich aus Stadt und Meer genießt man vom Torre Tavira.

Ein Abstecher nach Sevilla gehört einfach dazu

Auf einem Kurztrip nach Andalusien lohnt es sich die Küste zu verlassen und sich auch das Landesinnere anzusehen. Dabei kommt man an der Hauptstadt Sevilla eigentlich nicht vorbei. Und sollte es auch nicht. Kleine verwinkelte Gassen, sonnige Plätze, prachtvolle Bauten und Sehenswürdigkeiten, unzählige kleine Tapas-Bars und Cafés machen Sevilla zu einer echten Traumstadt. Mit 700.000 Einwohnern ist sie die größte Stadt Andalusiens. Neben der weltbekannten und wirklich ergreifend schönen Plaza de España und der Kathedrale Santa María de la Sede (UNESCO Weltkulturerbe) sollte man sich auch etwas Zeit für den üppig ausgestatteten Festungspalast Alcazár, den Palast der Könige, nehmen. Auch wenn es hier meist von Besuchern wimmelt, kann man durch die Ohrstöpsel mit dem Reiseführer verbunden und so von der Geräuschkulisse der Menschenmenge etwas abgeschirmt, den Kopf zur reich verzierten Decke oder in den Himmel über dem Innenhofes heben und sich vorstellen, man wäre allein in diesem Märchen aus 1001er Nacht. Von ganz anderer Natur ist das Metropol Parasol des deutschen Architekten Jürgen Mayer H., auf dem Plaza de la Encarnación. Der sogenannte Stadt-Sonnenschirm, auch liebevoll Las Setas (die Pilze) genannt, gilt als modernes Wahrzeichen der Stadt und größte Holzkonstruktion der Welt. Abends, wenn sie beleuchtet wird, wirkt sie ganz besonders schön. Wer möchte kann auch hinaufsteigen und einen kleinen Rundweg mit toller Aussicht auf der Riesenwaffel unternehmen.

Ein Buch, das über Nacht geschrieben wird: Der Naturpark Doñana

Nach so viel City und Menschen sehnt man sich dann wieder nach Natur. Wir haben uns auf dem Weg Richtung Huelva für einen Ausflug in den Nationalpark Doñana entschieden. Er umfasst beinahe 110.000 Hektar Naturschutzgebiet, die man nur zu Fuß, mit dem Rad oder während einer geführten Jeep-Safari im Unimog erkunden kann. Pro Tag finden zwei Touren á 4 Stunden mit bis zu 21 Personen statt. Der Ticketpreis liegt bei 30,- Euro. Dabei werden die unterschiedlichen Naturgebiete des Parks erkundet. Alternativ führt auch ein breites Wanderwegenetz durch den Park. In Doñana leben viele, teilweise auch selten gewordene und vom Aussterben bedrohte Tierarten, darunter zum Beispiel Pardelluchse. Weiterhin sind hier 120 Vogelarten, darunter neun spanische Kaiseradler-Paare, aber auch Rotwild, Wildschweine, Ginsterkatzen und Pferde heimisch. Unser Führer (leider habe ich seinen Namen vergessen), meinte ganz andächtig: „Doñana ist ein Buch, das über Nacht geschrieben wird. Am Morgen kann man in den Spuren der Nacht lesen, was geschehen ist.“ Auch wenn der Durchschnitts-Tourist wahrscheinlich keine Spuren lesen kann, so gelingt es hier doch ganz tief durchzuatmen und die unberührte Natur zu genießen. Besonders am 28 Kilometer langen Strand und zwischen den Wanderdünen, die bis zu fünf Kilometer breit und 36 Kilometer lang werden und sich pro Jahr zwischen fünf und sechs Meter fortbewegen, fühlt man sich wunderbar entschleunigt. Die Entspannung des Tages hat sich dann in meinem gemütlichen Hotelzimmer noch verstärkt. Wem es nicht so sehr auf direkte Strandlage und einen riesigen Pool ankommt, dem wird die stylische Einrichtung, die freistehende runde Badewanne, die ultrabequeme Matratze, das weiche Kopfkissen und die wolkenweiche Bettdecke im Hotel Sentido Ama Islantilla gefallen. Dort habe ich dann im Traum mein eigenes Buch über Nacht geschrieben.

Autor: Andrea Lang

Weitere Informationen und Links:
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leonorleal.com
www.iberostar.com/hoteles/cadiz/iberostar-andalucia-playa
www.restauranteelcampero.es
www.caferoyalty.com
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setasdesevilla.com
www.sentidohotels.com/en/hotels/sentido-ama-islantilla

© Fotos: Andrea Lang, pixabay.com

Andrea Lang
In die Welt verliebt. Dem Moment verfallen. Der Stille lauschend. Mit viel Gefühl schreibt sie über ihre Reisen, Erlebnisse und Sehnsuchtsorte.
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