Alexander und Thomas wurden vor zwei Jahren zusammen 100 Jahre alt; das Kletter-Gen wurde ihnen in die Wiege gelegt: Vater Thomas nahm die beiden früh mit in die Berge im heimischen Chiemgau. „Er lehrte uns, dass wir in erster Linie nicht den Berg bezwingen, sondern immer wieder das eigene Ich“, erzählt Alexander Huber. Bald wurden die Wände, die es zu erklimmen galt, anspruchsvoller. Geübt wurde seit den ersten Versuchen nicht nur in den Bergen vor der Haustür, sondern auch am Apfelbaum im Garten. In den Ästen wurden ganze Routen ausgetüftelt. Glücklicherweise wusste Mutter Maria manchmal nicht ganz genau, wo sich die beiden Jungs – damals als Teenager – in den Bergen herumtrieben. Denn schnell machten sich die beiden einen Namen als verwegene „Huberbuam“. Trotzdem – auf die Sicherheit wurde immer geachtet. Alexander erzählt, dass für ihn Vater Huber heute genauso erfolgreich ist, wie er und sein Bruder: „Mein Vater ist mit über 70 Jahren noch immer am Berg – und sieht einfach glücklich aus“, so Alexander. Und misst damit den Erfolg viel mehr an der individuellen Messlatte eines Menschen als an Höchstleistungen. Dennoch spielten letztere in seinem Leben oft eine Rolle. Dabei war für den studierten Diplom-Physiker zunächst gar nicht klar, ob er eine Karriere als Profi-Kletterer einschlagen soll.
Die Entscheidung fiel mit einem Wendepunkt: Am Schleierwasserfall in Tirol kletterte Alexander 1994 eine Route frei, die „Weiße Rose“; es war damals die schwierigste weltweit. Kurz darauf erhielt er sein Diplom in Physik. Doch statt einer Karriere an der Universität wählte er das Profi-Klettern. „Ich fühlte mich frei“, sagt er heute über diese Entscheidung. Was folgte, waren visionäre Touren am Berg – zusammem mit Thomas oder allein. 2002 beispielsweise kletterte er die Direttissima an der Nordwand der Drei Zinnen Free Solo; die 550 Meter hohe, berühmte Wand ist heute ein Klassiker – und galt in den 1950er Jahren als eine der schwierigsten in den Sextener Dolomiten. Mit Sicherung. Beim Free Solo jedoch verlässt sich der Bergsteiger ganz allein auf seine Fähigkeiten; die mentale Stärke wiegt hier mindestens genauso viel wie die physische. Leichtfertigkeit und Unüberlegtheit sind dem Extrem-Alpinisten jedoch fremd: Im Gegenteil rät er jedem, auf die Angst als wichtige Stimme im Inneren zu hören – denn sie sei die Lebensversicherung am Berg.
Eine der markanten gemeinsamen Stationen der Huberbuam war das kalifornische Yosemite Valley. Es gehört zu den beliebtesten Kletterzielen weltweit; 2007 erreichten die Brüder auf der berüchtigten Route „The Nose“ am El Capitan die damalige Bestzeit im Speedklettern: Zwei Stunden, 45 Minuten und 45 Sekunden. Doch der Weg dorthin war steinig im Wortsinn: Nach Verletzungen auf beiden Seiten und wochenlangen Proben glückte der Rekord. Der Regisseur und Oscar-Preisträger Pepe Danquart begleitete die Huberbuam dabei – und brachte mit dem bildgewaltigen Kinofilm „Am Limit“ zunächst den gescheiterten Versuch in die Kinos.
Was Alexander seinen Zuhörern heute in seinen Vorträgen mitgibt? „Gescheitert bist du erst, wenn du ganz aufgibst.“ Und das kam bisher nicht in Frage. Die Ziele bei den Exkursionen der Huberbuam umfassen jedes Mal härtestes Neuland. In der Antarktis beispielsweise stand 2008 die erste freie Besteigung des Holtanna über die Nordkante auf dem Plan; genächtigt wurde u. a. im Portaledge auf 400 Metern Höhe – bei minus 40 °C.
Die atemberaubende und karge Landschaft des Karakorum in Pakistan besuchten die Brüder bereits mehrfach; hier machten sie die erste Rotpunktbegehung der Eternal Flame am Nameless Tower auf über 6.250 Metern. Der Nameless Tower gehört zu den fast senkrecht aufragenden Granitfelsen der Trango-Gruppe; rundherum erstreckt sich hier, im Northern Territory Pakistans, eine Gegend von rauer Schönheit, aber auch bitterer Armut. Aus den Erfahrungen der Expeditionen ins Karakorum entstand der tiefe Wunsch, dieser Region etwas zurückzugeben: Mit der Himalaya-Karakorum-Hilfe e. V. werden die dort lebenden Bergvölker unterstützt (siehe unten).
Alexander Huber: Das gilt beileibe nicht für alle Situationen am Berg. Aber wenn ich es ab einem bestimmten Punkt nicht unter Kontrolle habe, gibt es eigentlich nur eine logische Konsequenz: dass ich umkehre.
…da läuft vieles über eine gute Vorbereitung. Von nichts kommt nichts!
Frisch und frei im Geiste sein – denn das Wichtigste sind immer noch die Kreativität und die Vision.
Ich habe damals am Geschwister-Scholl-Platz Physik studiert. Was ich damit ausdrücken wollte, ist nichts anderes als ein tiefer Respekt, den ich vor der Courage der Mitglieder der Weißen Rose habe.
Sechs Wochen ohne Berg gibt es bei mir nicht... Ich wohne ja mitten in den Bergen. Und für Sandstrände wie auf den Malediven würde ich nicht Tausende Kilometer fliegen, die gibt es ja auch mitten in Europa.
Wir unterstützen die Bergvölker, die im Karakorum leben. Wir nehmen wunderschöne Erlebnisse aus deren Bergen mit nach Hause und hoffen so, dass wir diese abgelegene Region über die Karakorum-Hilfe ein wenig unterstützen können.
Die Himalaya-Karakorum-Hilfe e. V. hat zum Ziel, die Bergvölker Baltistans zu unterstützen. Der Grundsatz dabei lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Auch die Achtung vor der Natur und das Bewahren von Traditionen sind unter den Leitlinien.
Alexander Huber ist einer der Vorstände des Vereins, Gründerin Barbara Hirschbichler gehört seit Jahren zur Weltspitze im Frauenalpinismus. Sie lebte drei Jahre lang selbst im Himalaya und im Karakorum. Und lernte dort ihren Ehemann Ghulam Rasool kennen, der aus einem Dorf im Braldo-Tal stammt. Diese Verbindung gewährt ihr einen authentischen Einblick in die Region – und in die Bedürfnisse der Einwohner. Einnahmen und Spendengelder des Vereins werden u. a. in den Neubau von Wasserleitungen, Wohnungen und Schulen investiert. Auch Medikamente, Krankentransporte und das Pflanzen von Obstplantagen stehen auf der Agenda. Info: www.himkara.de.
© Fotos: Alexander Huber, fotolia.com (djama)
Alexander und Thomas wurden vor zwei Jahren zusammen 100 Jahre alt; das Kletter-Gen wurde ihnen in die Wiege gelegt: Vater Thomas nahm die beiden früh mit in die Berge im heimischen Chiemgau. „Er lehrte uns, dass wir in erster Linie nicht den Berg bezwingen, sondern immer wieder das eigene Ich“, erzählt Alexander Huber. Bald wurden die Wände, die es zu erklimmen galt, anspruchsvoller. Geübt wurde seit den ersten Versuchen nicht nur in den Bergen vor der Haustür, sondern auch am Apfelbaum im Garten. In den Ästen wurden ganze Routen ausgetüftelt. Glücklicherweise wusste Mutter Maria manchmal nicht ganz genau, wo sich die beiden Jungs – damals als Teenager – in den Bergen herumtrieben. Denn schnell machten sich die beiden einen Namen als verwegene „Huberbuam“. Trotzdem – auf die Sicherheit wurde immer geachtet. Alexander erzählt, dass für ihn Vater Huber heute genauso erfolgreich ist, wie er und sein Bruder: „Mein Vater ist mit über 70 Jahren noch immer am Berg – und sieht einfach glücklich aus“, so Alexander. Und misst damit den Erfolg viel mehr an der individuellen Messlatte eines Menschen als an Höchstleistungen. Dennoch spielten letztere in seinem Leben oft eine Rolle. Dabei war für den studierten Diplom-Physiker zunächst gar nicht klar, ob er eine Karriere als Profi-Kletterer einschlagen soll.
Die Entscheidung fiel mit einem Wendepunkt: Am Schleierwasserfall in Tirol kletterte Alexander 1994 eine Route frei, die „Weiße Rose“; es war damals die schwierigste weltweit. Kurz darauf erhielt er sein Diplom in Physik. Doch statt einer Karriere an der Universität wählte er das Profi-Klettern. „Ich fühlte mich frei“, sagt er heute über diese Entscheidung. Was folgte, waren visionäre Touren am Berg – zusammem mit Thomas oder allein. 2002 beispielsweise kletterte er die Direttissima an der Nordwand der Drei Zinnen Free Solo; die 550 Meter hohe, berühmte Wand ist heute ein Klassiker – und galt in den 1950er Jahren als eine der schwierigsten in den Sextener Dolomiten. Mit Sicherung. Beim Free Solo jedoch verlässt sich der Bergsteiger ganz allein auf seine Fähigkeiten; die mentale Stärke wiegt hier mindestens genauso viel wie die physische. Leichtfertigkeit und Unüberlegtheit sind dem Extrem-Alpinisten jedoch fremd: Im Gegenteil rät er jedem, auf die Angst als wichtige Stimme im Inneren zu hören – denn sie sei die Lebensversicherung am Berg.
Eine der markanten gemeinsamen Stationen der Huberbuam war das kalifornische Yosemite Valley. Es gehört zu den beliebtesten Kletterzielen weltweit; 2007 erreichten die Brüder auf der berüchtigten Route „The Nose“ am El Capitan die damalige Bestzeit im Speedklettern: Zwei Stunden, 45 Minuten und 45 Sekunden. Doch der Weg dorthin war steinig im Wortsinn: Nach Verletzungen auf beiden Seiten und wochenlangen Proben glückte der Rekord. Der Regisseur und Oscar-Preisträger Pepe Danquart begleitete die Huberbuam dabei – und brachte mit dem bildgewaltigen Kinofilm „Am Limit“ zunächst den gescheiterten Versuch in die Kinos.
Was Alexander seinen Zuhörern heute in seinen Vorträgen mitgibt? „Gescheitert bist du erst, wenn du ganz aufgibst.“ Und das kam bisher nicht in Frage. Die Ziele bei den Exkursionen der Huberbuam umfassen jedes Mal härtestes Neuland. In der Antarktis beispielsweise stand 2008 die erste freie Besteigung des Holtanna über die Nordkante auf dem Plan; genächtigt wurde u. a. im Portaledge auf 400 Metern Höhe – bei minus 40 °C.
Die atemberaubende und karge Landschaft des Karakorum in Pakistan besuchten die Brüder bereits mehrfach; hier machten sie die erste Rotpunktbegehung der Eternal Flame am Nameless Tower auf über 6.250 Metern. Der Nameless Tower gehört zu den fast senkrecht aufragenden Granitfelsen der Trango-Gruppe; rundherum erstreckt sich hier, im Northern Territory Pakistans, eine Gegend von rauer Schönheit, aber auch bitterer Armut. Aus den Erfahrungen der Expeditionen ins Karakorum entstand der tiefe Wunsch, dieser Region etwas zurückzugeben: Mit der Himalaya-Karakorum-Hilfe e. V. werden die dort lebenden Bergvölker unterstützt (siehe unten).
Alexander Huber: Das gilt beileibe nicht für alle Situationen am Berg. Aber wenn ich es ab einem bestimmten Punkt nicht unter Kontrolle habe, gibt es eigentlich nur eine logische Konsequenz: dass ich umkehre.
…da läuft vieles über eine gute Vorbereitung. Von nichts kommt nichts!
Frisch und frei im Geiste sein – denn das Wichtigste sind immer noch die Kreativität und die Vision.
Ich habe damals am Geschwister-Scholl-Platz Physik studiert. Was ich damit ausdrücken wollte, ist nichts anderes als ein tiefer Respekt, den ich vor der Courage der Mitglieder der Weißen Rose habe.
Sechs Wochen ohne Berg gibt es bei mir nicht... Ich wohne ja mitten in den Bergen. Und für Sandstrände wie auf den Malediven würde ich nicht Tausende Kilometer fliegen, die gibt es ja auch mitten in Europa.
Wir unterstützen die Bergvölker, die im Karakorum leben. Wir nehmen wunderschöne Erlebnisse aus deren Bergen mit nach Hause und hoffen so, dass wir diese abgelegene Region über die Karakorum-Hilfe ein wenig unterstützen können.
Die Himalaya-Karakorum-Hilfe e. V. hat zum Ziel, die Bergvölker Baltistans zu unterstützen. Der Grundsatz dabei lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Auch die Achtung vor der Natur und das Bewahren von Traditionen sind unter den Leitlinien.
Alexander Huber ist einer der Vorstände des Vereins, Gründerin Barbara Hirschbichler gehört seit Jahren zur Weltspitze im Frauenalpinismus. Sie lebte drei Jahre lang selbst im Himalaya und im Karakorum. Und lernte dort ihren Ehemann Ghulam Rasool kennen, der aus einem Dorf im Braldo-Tal stammt. Diese Verbindung gewährt ihr einen authentischen Einblick in die Region – und in die Bedürfnisse der Einwohner. Einnahmen und Spendengelder des Vereins werden u. a. in den Neubau von Wasserleitungen, Wohnungen und Schulen investiert. Auch Medikamente, Krankentransporte und das Pflanzen von Obstplantagen stehen auf der Agenda. Info: www.himkara.de.
© Fotos: Alexander Huber, fotolia.com (djama)
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