Die Straße der weißen Dörfer ANDALUSIEN

Fernab der Touristenzentren an der Küste mit ihren Beton- und Bettenburgen zeigt sich Andalusien von einer ganz anderen, charmanten Seite. In den Bergdörfern der Ruta de los Pueblos Blancos scheinen die Uhren etwas langsamer zu gehen.

Das hätten wir der alten Dame dann doch nicht zugetraut: Mit energischem Schwung, der viel Kraft in den Armen vermuten lässt, klatscht sie weiße Kalkfarbe an die Wand des Hauses. Wir sind in Olvera, einem Städtchen in den Bergen Andalusiens, exakt 623 Meter hoch gelegen, und alles um uns herum ist weiß. Nein, es ist kein Schnee. Es ist auch nicht Winter. Die Sonne strahlt Mitte April schon recht intensiv und beleuchtet eine Szenerie in weißer Farbe, die uns so erbarmungslos in die Augen sticht, dass es fast weh tut. Das also ist eines der berühmten Pueblos Blancos, eines der weißen Dörfer Andalusiens. Die Señora, im Gegensatz zu ihrem Haus ganz in schwarz gewandet, schmettert unermüdlich, aber gekonnt die weiße Masse an die Hausmauer. Auf unsere Fragen gibt sie ihre freundliche, aber bestimmte Zurückhaltung auf und erklärt, was sie da macht: „Zweimal im Jahr, im Frühling und im Herbst, müssen wir unsere Häuser neu streichen. Wind und Wetter setzen ihnen stark zu, und wir wollen doch keine graue Fassade. Das würde ja dem Ansehen der Gegend schaden.“ Olvera, etwa 80 Kilometer Luftlinie vom Tourismus-Schwerpunkt Marbella entfernt, hat eine (selbstredend) katholische Kirche, die auf den Resten einer maurischen Moschee erbaut wurde – und eben ganz viele weiße Häuser mit einem roten Dach.

Karge Berghänge und menschliche Bescheidenheit

Hier zeigt sich Andalusien von seiner anderen Seite: Keine Bettenburgen für die Besucher wie an der Küste, kein lärmendes Nachtleben. Nein, fast schon beängstigende Ruhe, menschliche Bescheidenheit, grüne Wiesen, karge Berghänge. Und mitten darin die weißen Dörfer, die der Landschaft den Namen gegeben haben.

Unsere nächste Station: Grazalema. In einer Taberna lernen wir Manuel kennen, einen jungen Andalusier. Nach dem zweiten Jerez amontillado, dem trockenen, leicht nach Nuß schmeckenden Sherry aus dieser Gegend, erzählt er uns ein wenig von seiner Heimxat. „Als hier noch die Araber – oder wie wir sie nennen, die Mauren – das Sagen hatten, verbrachten die Kalifen von Cordoba in Grazalema die Sommerferien. Zwar ist es bei uns dann auch heiß, aber es gibt immer wieder erfrischenden Regen.“ Manuel verkündet mit Stolz: „Ihr seid in der regenreichsten Region Spaniens!“ Weiter erfahren wir, dass die Menschen hier hauptsächlich von der Schafzucht leben. „Ihr müsst“, sagt Manuel, „unbedingt eine der mantas de Grazalema kaufen. Das sind unsere handgearbeiteten bunten Decken –richtige Kunstwerke!“ Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung auf. Der 50.000 ha große Nationalpark Sierra de Grazalema – für Liebhaber der Natur ein Muss. Das Klima ist vom Atlantik geprägt. Daher auch der häufige Regen. Und man sieht viele seltene Gewächse. Zum Beispiel den pinsapo – die Igeltanne, die es wohl nur noch hier gibt. Die höchste Erhebung ist der Pico de Pinar (1.654 m), ein Bergbrocken in einem gewaltigen Kalksteinmassiv. Auf Empfehlung von Manuel fahren wir in das nicht weit entfernte Städtchen Arcos de la Frontera. Es ist der bedeutendste Ort unter den Pueblos blancos, quasi die Hauptstadt. Auch hier spürt man auf Schritt und Tritt die maurische Vergangenheit.

Die maurische Vergangenheit ist allgegenwärtig

Arcos thront hoch oberhalb des Rio Guadalete auf steilen Felsen. Die Burg der Duques des Acros beherrscht eindrucksvoll das Stadtbild. Überhaupt ist dieser Teil Andalusiens ein stetes Auf und Ab. Tiefe Täler, schroffe Berge, winzige Siedlungen mit oft nur hundert Bewohnern. Dann wieder saftige Wiesen, auf denen Pferde und Büffel weiden – all das ist charakteristisch für die Gegend. Der Besucher ahnt, dass die Geschichten über die bandoleros – die Banditen, die sich in den Bergen versteckten – nicht aus der Luft gegriffen sind.

Die weißen Dörfer wirken häufig wie in die Felsen hineingedrückt. Ihre Häuser haben eine gewisse Ähnlichkeit mit zu groß geratenen Schuhkartons. In den kleinen, verwinkelten Gassen findet man die typischen spanischen Bars, wo es den café con leche, den Milchkaffee, oder einen aguardiente, einen Anisschnaps, gibt. In den Restaurants lassen wir uns mit cabrito (Zicklein), cochinillo (Spanferkel) und conejo (Kaninchen) verwöhnen. Dazu gibt es berenjenas (Auberginen), cachelos (gekochte Kartoffeln) und judias (grüne Bohnen). Ein schwerer vino tinto (Rotwein) und ein Jerez oloroso (kräftiger, dunkler Sherry) runden das Ganze ab. Wer Romantik schätzt, ist auf der Ruta de los pueblos blancos gut aufgehoben. Zum Beispiel in Ronda. Die absolute Attraktion der 723 Meter hoch gelegenen Kleinstadt ist die 1788 erbaute Brücke Puento Nuevo, die den alten und neueren Teil Rondas verbindet. Von hier hat man einen atemberaubenden Blick in die 100 Meter tiefe Schlucht des Rio Guadavelin. Glaubt man den Berichten, so wurde 42 Jahre lang an der Brücke gearbeitet. Und auf ihr hat sicher irgendwann Schauspieler-Legende Orson Welles („Der dritte Mann“) gestanden, der in Ronda begraben liegt. Oder Ernest Hemingway, der diesem weißen Dorf zwei Bücher widmete.

Auch Rainer Maria Rilke fühlte sich in Ronda zum Dichten inspiriert und formulierte: „Der Fluß in seinem schluchtigen Abgrund spiegelt die zerrissenen Lichter des Himmels, aber auch sein Innerstes wider.“ 1912 lebte der deutsche Poet mehrere Monate in Ronda. Für ihn repräsentierte der Ort Andalusien schlechthin. Wenn man Ronda wieder verlässt, taucht man in eine Welt ein, die irgendwie vom Trubel des Lebens und der Alltags-Hektik ganz weit weg zu sein scheint. Es geht gemächlich zu, ohne dass man den Eindruck hat, hier würden sich alle einer permanenten Siesta hingeben. Von den lärmenden Küstenorten eigentlich gar nicht so weit entfernt, hat sich in die weißen Dörfer – Gott sei Dank – bislang noch kein Massen-Tourismus verirrt. Diese wunderbare Atmosphäre genießen wir. In Espera zum Beispiel, einem sehr alten Dorf mit der obligatorischen maurischen Burg und der katholischer Kirche; in Ubrique, einer malerischen Siedlung am Berghang, wo man sehr fein gearbeitete Reitstiefel und Sättel erwerben kann; in Cueva de la Pileta, wo schon 20.000 Jahre vor Christus Menschen gelebt haben müssen, wie Funde in einer riesigen Höhle beweisen. In all diesen Orten treffen wir immer wieder schwarzgekleidete Frauen, die wortlos und mit großem Eifer die Wände ihre Häuser mit Kalk bewerfen. Auf dass die „Weißheit“ in Andalusien an der Ruta de los Pueblos Blancos für immer erstrahlen möge.

Nach gefühlten vier Monaten und knapp 60 Häfen bin ich wieder auf dem Teppich zurück, wo ich es mir mit ­meiner Freundin gemütlich gemacht habe. Durch das Fenster dämmert fast schon der Morgen, als wir den Katalog weglegen und uns ein letztes Mal zuprosten. Eigentlich ist es eher ein Anstoßen – auf meine erste Weltreise. Denn eins ist ja wohl sonnenklar: Ich werde das alles live entdecken und genießen. Der Mega-Törn ist so gut wie gebucht. Und ich habe so die leise Ahnung, dass ich danach süchtig sein werde – und wie die meisten Kreuzfahrer, immer mehr Seemeilen und Eindrücke sammeln möchte. Steckt nicht in jedem von uns ein kleiner Entdecker? Und wer weiß: Vielleicht werde ich ­eines Tages als Ehrengast ausgezeichnet, weil ich zusammengerechnet mehr als sieben Jahre auf „meiner“ ­Astor verbracht habe …

INFORMATIONEN ZU ANDALUSIEN

Beste Reisezeit: Besonders schön ist der Frühling in Andalusien, von März bis Mai. Im Sommer sind die Temperaturen hoch, Städte und Strände voll. Zwischen September und November wird es in jeder Hinsicht wieder angenehmer.

Klima: Mediterran. Im Sommer herrscht eine trockene Hitze mit Temperaturen bis 40 Grad Celsius. Im Gebirge ist es deutlich kühler, im Winter sogar richtig kalt.

Zeitzone: MEZ.

Sprache: Spanisch. In den Tourismusgebieten wird auch Deutsch gesprochen.

Geld: Euro.

Dokumente: Personalausweis genügt. Wer sein Haustier mitnehmen möchte, braucht ein amtstierärztliches Zeugnis, das nicht älter ist als 14 Tage.

Gesundheit: Die ärztliche Versorgung in Andalusien ist sehr gut und auf mitteleuropäischen Niveau. In den Städten und touristischen Zentren sprechen Ärzte meist auch Deutsch oder Englisch. Fragen Sie ggf. an der Rezeption Ihres Hotels oder im Konsulat nach Adressen von deutschsprachigen Ärzten.

Essen & Trinken: Das spanische Frühstück fällt eher spärlich aus – mit einem Cortado (wie Espresso) und süßem Gebäck. Mittags gibt es in vielen Restaurants ein preisgünstiges Menü. Üblicherweise ist das Abendessen die Hauptmahlzeit. Typisch sind Tapas. Dazu gehören Jamón iberico (Schinken), Manchego-Käse, Tintenfische, aber auch Fleisch und Gemüse. Spezialität: Gazpacho andaluz, eine kalte Gemüsesuppe aus Tomaten, Gurken und Brot. Aus der Region stammt hervorragendes Olivenöl und natürlich der berühmte Sherry (fino = trocken, oloroso = trocken und kräftig). Ebenfalls zu dem Sherrys zählt Manzanilla, ein trockener Weißwein.

Restaurants: „Los Alcores“ in Sevilla, Calle Farmacéutico Murillo Herrera 10 im Viertel Triana, bietet gutes Essen mit typisch spanischen Ambiente. Die zur Zeit angesagte Tapas-Bar in Jerez de la Frontera ist die „Bar Juanito“.

Sehenswert: Alcazaba und Gibralfaro – die maurischen Festungsanlagen bieten einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt Málaga. In Cadiz: die Kathedrale, das Stadtviertel La Viña. Gibraltar: britisches Territorium auf der iberischen Halbinsel. Tarifa: ein Hotspot für Surfer und Kiter mit traumhaftem Ausblick auf den afrikanischen Kontinent. Sevilla: Die Kathedrale Maria de la Sede zählt zu den größten Gotteshäusern der Welt. Die Giralda, das ehemalige, 97 Meter hohe Minarett, dient heute als Glockenturm; Alcázar, ein orientalischer Königspalast, Plaza de España, ein Platz mit schönem Park. Charmant: das Stadtviertel Triana. Es wurde in vielen Flamencoliedern besungen.

Unbedingt machen: In Sevilla einen Tablao besuchen. Da bekommen Sie authentischen Flamenco zu sehen. In der Sherry-Stadt Jerez de la Frontera ist die Besichtigung einiger Bodegas möglich. Von der Puente Nuevo aus haben Sie einen atemberaubenden Ausblick über die Schlucht von Ronda. Die Playa de la Caleta nahe Cadiz bietet sich für einen entspannten Nachmittag an.

Unbedingt vermeiden: Kleinere kriminelle Delikte und Nepp kommen eher in den Touristengebieten vor, aber bieten Sie Taschendieben keine Chance. Verwahren Sie Ihre Wertsachen gut und sicher.

Beliebte Mitbringsel: Lederwaren, Sherry. In den Weißen Dörfern bieten kleine Läden oft Kunsthandwerk aus Ton oder Holz an, z. B. bunte Fliesen und Gehäkeltes.

Auskünfte: Turespaña, Spanisches Fremdenverkehrsamt, www.spain.info/de

 

Autor: Herbert Pahl

© Fotos: Turespaña

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Die Straße der weißen Dörfer ANDALUSIEN

Fernab der Touristenzentren an der Küste mit ihren Beton- und Bettenburgen zeigt sich Andalusien von einer ganz anderen, charmanten Seite. In den Bergdörfern der Ruta de los Pueblos Blancos scheinen die Uhren etwas langsamer zu gehen.

Das hätten wir der alten Dame dann doch nicht zugetraut: Mit energischem Schwung, der viel Kraft in den Armen vermuten lässt, klatscht sie weiße Kalkfarbe an die Wand des Hauses. Wir sind in Olvera, einem Städtchen in den Bergen Andalusiens, exakt 623 Meter hoch gelegen, und alles um uns herum ist weiß. Nein, es ist kein Schnee. Es ist auch nicht Winter. Die Sonne strahlt Mitte April schon recht intensiv und beleuchtet eine Szenerie in weißer Farbe, die uns so erbarmungslos in die Augen sticht, dass es fast weh tut. Das also ist eines der berühmten Pueblos Blancos, eines der weißen Dörfer Andalusiens. Die Señora, im Gegensatz zu ihrem Haus ganz in schwarz gewandet, schmettert unermüdlich, aber gekonnt die weiße Masse an die Hausmauer. Auf unsere Fragen gibt sie ihre freundliche, aber bestimmte Zurückhaltung auf und erklärt, was sie da macht: „Zweimal im Jahr, im Frühling und im Herbst, müssen wir unsere Häuser neu streichen. Wind und Wetter setzen ihnen stark zu, und wir wollen doch keine graue Fassade. Das würde ja dem Ansehen der Gegend schaden.“ Olvera, etwa 80 Kilometer Luftlinie vom Tourismus-Schwerpunkt Marbella entfernt, hat eine (selbstredend) katholische Kirche, die auf den Resten einer maurischen Moschee erbaut wurde – und eben ganz viele weiße Häuser mit einem roten Dach.

Karge Berghänge und menschliche Bescheidenheit

Hier zeigt sich Andalusien von seiner anderen Seite: Keine Bettenburgen für die Besucher wie an der Küste, kein lärmendes Nachtleben. Nein, fast schon beängstigende Ruhe, menschliche Bescheidenheit, grüne Wiesen, karge Berghänge. Und mitten darin die weißen Dörfer, die der Landschaft den Namen gegeben haben.

Unsere nächste Station: Grazalema. In einer Taberna lernen wir Manuel kennen, einen jungen Andalusier. Nach dem zweiten Jerez amontillado, dem trockenen, leicht nach Nuß schmeckenden Sherry aus dieser Gegend, erzählt er uns ein wenig von seiner Heimxat. „Als hier noch die Araber – oder wie wir sie nennen, die Mauren – das Sagen hatten, verbrachten die Kalifen von Cordoba in Grazalema die Sommerferien. Zwar ist es bei uns dann auch heiß, aber es gibt immer wieder erfrischenden Regen.“ Manuel verkündet mit Stolz: „Ihr seid in der regenreichsten Region Spaniens!“ Weiter erfahren wir, dass die Menschen hier hauptsächlich von der Schafzucht leben. „Ihr müsst“, sagt Manuel, „unbedingt eine der mantas de Grazalema kaufen. Das sind unsere handgearbeiteten bunten Decken –richtige Kunstwerke!“ Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung auf. Der 50.000 ha große Nationalpark Sierra de Grazalema – für Liebhaber der Natur ein Muss. Das Klima ist vom Atlantik geprägt. Daher auch der häufige Regen. Und man sieht viele seltene Gewächse. Zum Beispiel den pinsapo – die Igeltanne, die es wohl nur noch hier gibt. Die höchste Erhebung ist der Pico de Pinar (1.654 m), ein Bergbrocken in einem gewaltigen Kalksteinmassiv. Auf Empfehlung von Manuel fahren wir in das nicht weit entfernte Städtchen Arcos de la Frontera. Es ist der bedeutendste Ort unter den Pueblos blancos, quasi die Hauptstadt. Auch hier spürt man auf Schritt und Tritt die maurische Vergangenheit.

Die maurische Vergangenheit ist allgegenwärtig

Arcos thront hoch oberhalb des Rio Guadalete auf steilen Felsen. Die Burg der Duques des Acros beherrscht eindrucksvoll das Stadtbild. Überhaupt ist dieser Teil Andalusiens ein stetes Auf und Ab. Tiefe Täler, schroffe Berge, winzige Siedlungen mit oft nur hundert Bewohnern. Dann wieder saftige Wiesen, auf denen Pferde und Büffel weiden – all das ist charakteristisch für die Gegend. Der Besucher ahnt, dass die Geschichten über die bandoleros – die Banditen, die sich in den Bergen versteckten – nicht aus der Luft gegriffen sind.

Die weißen Dörfer wirken häufig wie in die Felsen hineingedrückt. Ihre Häuser haben eine gewisse Ähnlichkeit mit zu groß geratenen Schuhkartons. In den kleinen, verwinkelten Gassen findet man die typischen spanischen Bars, wo es den café con leche, den Milchkaffee, oder einen aguardiente, einen Anisschnaps, gibt. In den Restaurants lassen wir uns mit cabrito (Zicklein), cochinillo (Spanferkel) und conejo (Kaninchen) verwöhnen. Dazu gibt es berenjenas (Auberginen), cachelos (gekochte Kartoffeln) und judias (grüne Bohnen). Ein schwerer vino tinto (Rotwein) und ein Jerez oloroso (kräftiger, dunkler Sherry) runden das Ganze ab. Wer Romantik schätzt, ist auf der Ruta de los pueblos blancos gut aufgehoben. Zum Beispiel in Ronda. Die absolute Attraktion der 723 Meter hoch gelegenen Kleinstadt ist die 1788 erbaute Brücke Puento Nuevo, die den alten und neueren Teil Rondas verbindet. Von hier hat man einen atemberaubenden Blick in die 100 Meter tiefe Schlucht des Rio Guadavelin. Glaubt man den Berichten, so wurde 42 Jahre lang an der Brücke gearbeitet. Und auf ihr hat sicher irgendwann Schauspieler-Legende Orson Welles („Der dritte Mann“) gestanden, der in Ronda begraben liegt. Oder Ernest Hemingway, der diesem weißen Dorf zwei Bücher widmete.

Auch Rainer Maria Rilke fühlte sich in Ronda zum Dichten inspiriert und formulierte: „Der Fluß in seinem schluchtigen Abgrund spiegelt die zerrissenen Lichter des Himmels, aber auch sein Innerstes wider.“ 1912 lebte der deutsche Poet mehrere Monate in Ronda. Für ihn repräsentierte der Ort Andalusien schlechthin. Wenn man Ronda wieder verlässt, taucht man in eine Welt ein, die irgendwie vom Trubel des Lebens und der Alltags-Hektik ganz weit weg zu sein scheint. Es geht gemächlich zu, ohne dass man den Eindruck hat, hier würden sich alle einer permanenten Siesta hingeben. Von den lärmenden Küstenorten eigentlich gar nicht so weit entfernt, hat sich in die weißen Dörfer – Gott sei Dank – bislang noch kein Massen-Tourismus verirrt. Diese wunderbare Atmosphäre genießen wir. In Espera zum Beispiel, einem sehr alten Dorf mit der obligatorischen maurischen Burg und der katholischer Kirche; in Ubrique, einer malerischen Siedlung am Berghang, wo man sehr fein gearbeitete Reitstiefel und Sättel erwerben kann; in Cueva de la Pileta, wo schon 20.000 Jahre vor Christus Menschen gelebt haben müssen, wie Funde in einer riesigen Höhle beweisen. In all diesen Orten treffen wir immer wieder schwarzgekleidete Frauen, die wortlos und mit großem Eifer die Wände ihre Häuser mit Kalk bewerfen. Auf dass die „Weißheit“ in Andalusien an der Ruta de los Pueblos Blancos für immer erstrahlen möge.

Nach gefühlten vier Monaten und knapp 60 Häfen bin ich wieder auf dem Teppich zurück, wo ich es mir mit ­meiner Freundin gemütlich gemacht habe. Durch das Fenster dämmert fast schon der Morgen, als wir den Katalog weglegen und uns ein letztes Mal zuprosten. Eigentlich ist es eher ein Anstoßen – auf meine erste Weltreise. Denn eins ist ja wohl sonnenklar: Ich werde das alles live entdecken und genießen. Der Mega-Törn ist so gut wie gebucht. Und ich habe so die leise Ahnung, dass ich danach süchtig sein werde – und wie die meisten Kreuzfahrer, immer mehr Seemeilen und Eindrücke sammeln möchte. Steckt nicht in jedem von uns ein kleiner Entdecker? Und wer weiß: Vielleicht werde ich ­eines Tages als Ehrengast ausgezeichnet, weil ich zusammengerechnet mehr als sieben Jahre auf „meiner“ ­Astor verbracht habe …

INFORMATIONEN ZU ANDALUSIEN

Beste Reisezeit: Besonders schön ist der Frühling in Andalusien, von März bis Mai. Im Sommer sind die Temperaturen hoch, Städte und Strände voll. Zwischen September und November wird es in jeder Hinsicht wieder angenehmer.

Klima: Mediterran. Im Sommer herrscht eine trockene Hitze mit Temperaturen bis 40 Grad Celsius. Im Gebirge ist es deutlich kühler, im Winter sogar richtig kalt.

Zeitzone: MEZ.

Sprache: Spanisch. In den Tourismusgebieten wird auch Deutsch gesprochen.

Geld: Euro.

Dokumente: Personalausweis genügt. Wer sein Haustier mitnehmen möchte, braucht ein amtstierärztliches Zeugnis, das nicht älter ist als 14 Tage.

Gesundheit: Die ärztliche Versorgung in Andalusien ist sehr gut und auf mitteleuropäischen Niveau. In den Städten und touristischen Zentren sprechen Ärzte meist auch Deutsch oder Englisch. Fragen Sie ggf. an der Rezeption Ihres Hotels oder im Konsulat nach Adressen von deutschsprachigen Ärzten.

Essen & Trinken: Das spanische Frühstück fällt eher spärlich aus – mit einem Cortado (wie Espresso) und süßem Gebäck. Mittags gibt es in vielen Restaurants ein preisgünstiges Menü. Üblicherweise ist das Abendessen die Hauptmahlzeit. Typisch sind Tapas. Dazu gehören Jamón iberico (Schinken), Manchego-Käse, Tintenfische, aber auch Fleisch und Gemüse. Spezialität: Gazpacho andaluz, eine kalte Gemüsesuppe aus Tomaten, Gurken und Brot. Aus der Region stammt hervorragendes Olivenöl und natürlich der berühmte Sherry (fino = trocken, oloroso = trocken und kräftig). Ebenfalls zu dem Sherrys zählt Manzanilla, ein trockener Weißwein.

Restaurants: „Los Alcores“ in Sevilla, Calle Farmacéutico Murillo Herrera 10 im Viertel Triana, bietet gutes Essen mit typisch spanischen Ambiente. Die zur Zeit angesagte Tapas-Bar in Jerez de la Frontera ist die „Bar Juanito“.

Sehenswert: Alcazaba und Gibralfaro – die maurischen Festungsanlagen bieten einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt Málaga. In Cadiz: die Kathedrale, das Stadtviertel La Viña. Gibraltar: britisches Territorium auf der iberischen Halbinsel. Tarifa: ein Hotspot für Surfer und Kiter mit traumhaftem Ausblick auf den afrikanischen Kontinent. Sevilla: Die Kathedrale Maria de la Sede zählt zu den größten Gotteshäusern der Welt. Die Giralda, das ehemalige, 97 Meter hohe Minarett, dient heute als Glockenturm; Alcázar, ein orientalischer Königspalast, Plaza de España, ein Platz mit schönem Park. Charmant: das Stadtviertel Triana. Es wurde in vielen Flamencoliedern besungen.

Unbedingt machen: In Sevilla einen Tablao besuchen. Da bekommen Sie authentischen Flamenco zu sehen. In der Sherry-Stadt Jerez de la Frontera ist die Besichtigung einiger Bodegas möglich. Von der Puente Nuevo aus haben Sie einen atemberaubenden Ausblick über die Schlucht von Ronda. Die Playa de la Caleta nahe Cadiz bietet sich für einen entspannten Nachmittag an.

Unbedingt vermeiden: Kleinere kriminelle Delikte und Nepp kommen eher in den Touristengebieten vor, aber bieten Sie Taschendieben keine Chance. Verwahren Sie Ihre Wertsachen gut und sicher.

Beliebte Mitbringsel: Lederwaren, Sherry. In den Weißen Dörfern bieten kleine Läden oft Kunsthandwerk aus Ton oder Holz an, z. B. bunte Fliesen und Gehäkeltes.

Auskünfte: Turespaña, Spanisches Fremdenverkehrsamt, www.spain.info/de

 

Autor: Herbert Pahl

© Fotos: Turespaña

Herbert Pahl

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