Als wir den Schafssteg über dem Leraubach überqueren, dämmert es. Vögel trällern ihr Abendkonzert, sanft plätschert der Bach im Naturschutzgebiet Wolfslohklamm, ringsum blühen gelbe Sumpfdotterblumen. Meine Freundin und ich laufen im Oberpfälzer Wald auf dem Goldsteig entlang – dem längsten Fernwanderweg Deutschlands.
Der gut markierte Weg beginnt in Marktredwitz. Er führt auf insgesamt 660 Kilometern in südlicher Richtung durch tiefe Wälder, vorbei an mittelalterlichen Burgruinen und Schlössern und durch phänomenale Wasserlandschaften. Historische Orte wie Tirschenreuth und Bärnau säumen die Tagesetappen. Passau markiert den Zielpunkt des Weges. Man muss ihn jedoch nicht ganz laufen – die einzelnen Abschnitte sind so konzipiert, dass auch Tageswanderungen abwechslungsreich sind und Spaß bringen.
Ein verlängertes Wochenende lang möchten wir nach Herzenslust in dieser Gegend wandern – und die oberpfälzer Traditionen kennen lernen. Klar, wir verschmähen auch die regionale Küche mitsamt ihren herrlichen Biersorten nicht. Doch davon später mehr.
In der idyllischen Wolfslohklamm stürzt der Bach über wild zusammen gewürfelte Granitblöcke. In diesem Teil Deutschlands sind allerlei Sagen heimisch, wie wir an den Namen einiger Steinformationen erkennen. Da gibt es z.B. den „verwunschenen Kammerwagen“ oder des „Teufels Butterfaß“ – ein Strudelloch im Stein über dem Bach, an dem der Leibhaftige persönlich seine Butter hergestellt haben soll.
Nicht weit davon entfernt thront die Burgruine Leuchtenberg hoch über dem Luhetal. Der erste Grundstein für das gut erhaltene Gebäude-Ensemble wurde im 10. oder 11. Jahrhundert gelegt. Genaueres ist nicht bekannt. Die prächtige Ruine trägt stolz ihren Spitznamen: Akropolis der Oberpfalz. Im Sommer strömen Tausende Besucher zu den Freilicht-Aufführungen des Oberpfälzer Landestheaters im Burghof. Dieses Jahr ist u.a. das Kindermusical „Robin Hood“ zu sehen.
Wir sind bei Etappe sechs des Goldsteiges gestartet und befinden uns damit quasi in der Mitte. Entlang des Weges finden sich zahlreiche Gasthöfe in schnuckeligen Dörfern, in denen man einkehren und übernachten kann. Und wer vollkommen unbeschwert wandern möchte, kann den Service „Wandern ohne Gepäck“ in Anspruch nehmen. Dabei werden die Koffer von Unterkunft zu Unterkunft gebracht.
Die nächste Etappe führt uns nach Oberviechtach. In den Wäldern rund um den Ort findet man noch heute echtes Gold in den Bachbetten – natürlich nur in mikroskopischen Mengen. Im Mittelalter aber hat sich das Gold suchen hier gelohnt. Ein neu eingerichteter Gold-Lehrpfad führt entlang der historischen Spuren der Goldwäscher. Und von Mai bis Oktober bietet der örtliche Tourismus-Verband geführte Naturwanderungen inklusive Goldwaschen an. Wer Glück hat, erhält im Anschluss das „Oberviechtacher Goldwäscherdiplom“ ...
Eine weitere Sehenswürdigkeit befindet sich nahe Erbendorf am Ende der ersten Etappe auf dem Goldsteig. Dort kann man den kleinsten Naturpark Bayerns, den Naturpark Steinwald, besichtigen. Wackelige, aufeinander getürmte Steinriesen, Granitburgen und Steinmeere bilden hier eine bizarre Landschaft. In diese hinein fügen sich malerisch hübsch renovierte Schlösser wie Schloss Reuth und Schloss Grötschenreuth. Das beliebteste Ausflugsziel des Steinwaldes ist die Ruine der Weißenburg. Sie erhebt sich auf einem Bergfried in rund 860 Metern Höhe und bietet einen Ausblick bis in den Böhmerwald und ins Erzgebirge.
Die Oberpfalz ist die burgenreichste Gegend in ganz Deutschland. Mehrere Hundert waren es zu Zeiten des „Nordgau“, als Kaiser Karl der Große im 8. Jahrhundert regierte. Heute sind viele davon verwitterte Burgruinen. Einige wurden frisch restauriert und können auch von Innen besichtigt werden – wie Burg Trausnitz.
Wer sich die Region per Fahrrad erschließen möchte, findet im Oberpfälzer Wald ebenso wie Wanderfreunde ein Eldorado. Denn auf den vielen stillgelegten Bahntrassen in der Gegend fährt es sich besonders leicht. Die Strecken sind zumeist ebenerdig und führen durch die malerischsten Landschaften. Bayerns längster Bahntrassen-Radweg, der Bockl-Radweg, verläuft auf einer Länge von 52 Kilometern von Neustadt an der Waldnaab nach Eslarn.
Eine weitere schöne Tour ist der Bayerisch-Böhmische Freundschaftsweg. Die Route führt von Nabburg aus bis nach Tschechien. Auch für Pferdefans gibt es ein breit gefächertes Angebot: Von der professionellen Reitanlage über Reitställe, die kurze Ausritte anbieten, bis zu mehrtägigen Wanderritten ist alles möglich.
Meine Freundin und ich sind mittlerweile in unserem schnuckeligen Domizil für die Nacht eingekehrt. Der Landgasthof in Oberviechtach mit hölzernem Dachgiebel und uriger Wirtsstube bietet einen Ausblick auf den Frauenstein in Weiding, der mit seinen knapp 900 Metern Höhe direkt gegenüber liegt.
Eine europaweit einmalige Landschaft bildet die Teichpfanne bei Tirschenreuth. Bereits vor rund 1.100 Jahren legten die Menschen hier ca. 10.000 Teiche an. Heute sind es noch etwa 2.500. Die Teichpfanne ist eines der ältesten Fischzuchtgebiete in ganz Europa, und unter dem Wasser liegt Kaolin – weiße Tonerde, die auch zur Herstellung von Porzellan-verwendet wird. Sie bildet eine gute Grundlage für das „Land der tausend Teiche“, das von schönsten Wander- und Radwegen durchzogen ist.
Besonders romantisch ist ein Ausflug in die Waldnaabaue, zu der einige der Teiche gehören. Das Naturschutzgebiet beherbergt seltene Tierarten wie Schwarzstorch und Eisvogel.
Meine Freundin und ich sind ein Stück des Weges mit dem Auto gefahren – und haben uns ein besonderes Datum ausgesucht, um die Teichpfanne zu besuchen. In Kornthan, einem alten und urigen Fischbauerndorf, ist gerade Karpfen-Kirchweih. Ein Festzelt, Marktbuden und kostenlose Oldtimer-Fahrten durch die Teichlandschaft sind einige der Attraktionen.
Die Karpfen-Kirchweih findet im Rahmen der „Erlebniswochen Fisch“ statt. Dieses Jahr feiert das regionale Event mit einem bunten Programm für Kinder und Erwachsene vom 25.September bis 9. Oktober 2016 sein 20-jähriges Bestehen. Unter anderem wird im Geschichtspark Bärnau zum „Historischen Fischfang“ geladen. Mit Einbaum und Speer kann man dort ausprobieren, wie man sich im Mittelalter als Fischbauer gemacht hätte …
Zum fangfrischen Fisch – der u.a. auch als Karpfen-Burger, Karpfen-Fritten oder Karpfen-Gulasch auf den Tisch kommt – wird der Friedenfelser Karpfentrunk gereicht. Dieser besteht aus einem vollmundigen Bier, das die Schlossbrauerei Friedenfels nur während der Erlebniswochen braut.
Eine weitere Bierspezialität der nördlichen Oberpfalz ist das Zoigl-Bier. Es wurde schon im Mittelalter in den Kommunbrauhäusern gebraut. Jedes Mitglied musste bereits damals das „Kesselgeld“ zur Finanzierung zahlen. Auch heute wird das Zoigl-Bier nach dem Reinheitsgebot ungefiltert und untergärig hergestellt. Und apropos bayerisches Reinheitsgebot: 2016 wird es genau 500 Jahre alt.
Mit einem köstlichen, bernsteinfarbenen Zoigl-Bier setzen wir uns abends ans Wasser. Die Stille der Natur ringsum, die warmherzige Gastfreundschaft und das traditionelle Fest, bei dem Jung und Alt ausgelassen zusammen feiern: All das versetzt uns in pure Sommerlaune.
Annette Waldow
Fotos: Tourismuszentrum Oberpfälzer Wald, www.oberpfaelzerwald.de
Als wir den Schafssteg über dem Leraubach überqueren, dämmert es. Vögel trällern ihr Abendkonzert, sanft plätschert der Bach im Naturschutzgebiet Wolfslohklamm, ringsum blühen gelbe Sumpfdotterblumen. Meine Freundin und ich laufen im Oberpfälzer Wald auf dem Goldsteig entlang – dem längsten Fernwanderweg Deutschlands.
Der gut markierte Weg beginnt in Marktredwitz. Er führt auf insgesamt 660 Kilometern in südlicher Richtung durch tiefe Wälder, vorbei an mittelalterlichen Burgruinen und Schlössern und durch phänomenale Wasserlandschaften. Historische Orte wie Tirschenreuth und Bärnau säumen die Tagesetappen. Passau markiert den Zielpunkt des Weges. Man muss ihn jedoch nicht ganz laufen – die einzelnen Abschnitte sind so konzipiert, dass auch Tageswanderungen abwechslungsreich sind und Spaß bringen.
Ein verlängertes Wochenende lang möchten wir nach Herzenslust in dieser Gegend wandern – und die oberpfälzer Traditionen kennen lernen. Klar, wir verschmähen auch die regionale Küche mitsamt ihren herrlichen Biersorten nicht. Doch davon später mehr.
In der idyllischen Wolfslohklamm stürzt der Bach über wild zusammen gewürfelte Granitblöcke. In diesem Teil Deutschlands sind allerlei Sagen heimisch, wie wir an den Namen einiger Steinformationen erkennen. Da gibt es z.B. den „verwunschenen Kammerwagen“ oder des „Teufels Butterfaß“ – ein Strudelloch im Stein über dem Bach, an dem der Leibhaftige persönlich seine Butter hergestellt haben soll.
Nicht weit davon entfernt thront die Burgruine Leuchtenberg hoch über dem Luhetal. Der erste Grundstein für das gut erhaltene Gebäude-Ensemble wurde im 10. oder 11. Jahrhundert gelegt. Genaueres ist nicht bekannt. Die prächtige Ruine trägt stolz ihren Spitznamen: Akropolis der Oberpfalz. Im Sommer strömen Tausende Besucher zu den Freilicht-Aufführungen des Oberpfälzer Landestheaters im Burghof. Dieses Jahr ist u.a. das Kindermusical „Robin Hood“ zu sehen.
Wir sind bei Etappe sechs des Goldsteiges gestartet und befinden uns damit quasi in der Mitte. Entlang des Weges finden sich zahlreiche Gasthöfe in schnuckeligen Dörfern, in denen man einkehren und übernachten kann. Und wer vollkommen unbeschwert wandern möchte, kann den Service „Wandern ohne Gepäck“ in Anspruch nehmen. Dabei werden die Koffer von Unterkunft zu Unterkunft gebracht.
Die nächste Etappe führt uns nach Oberviechtach. In den Wäldern rund um den Ort findet man noch heute echtes Gold in den Bachbetten – natürlich nur in mikroskopischen Mengen. Im Mittelalter aber hat sich das Gold suchen hier gelohnt. Ein neu eingerichteter Gold-Lehrpfad führt entlang der historischen Spuren der Goldwäscher. Und von Mai bis Oktober bietet der örtliche Tourismus-Verband geführte Naturwanderungen inklusive Goldwaschen an. Wer Glück hat, erhält im Anschluss das „Oberviechtacher Goldwäscherdiplom“ ...
Eine weitere Sehenswürdigkeit befindet sich nahe Erbendorf am Ende der ersten Etappe auf dem Goldsteig. Dort kann man den kleinsten Naturpark Bayerns, den Naturpark Steinwald, besichtigen. Wackelige, aufeinander getürmte Steinriesen, Granitburgen und Steinmeere bilden hier eine bizarre Landschaft. In diese hinein fügen sich malerisch hübsch renovierte Schlösser wie Schloss Reuth und Schloss Grötschenreuth. Das beliebteste Ausflugsziel des Steinwaldes ist die Ruine der Weißenburg. Sie erhebt sich auf einem Bergfried in rund 860 Metern Höhe und bietet einen Ausblick bis in den Böhmerwald und ins Erzgebirge.
Die Oberpfalz ist die burgenreichste Gegend in ganz Deutschland. Mehrere Hundert waren es zu Zeiten des „Nordgau“, als Kaiser Karl der Große im 8. Jahrhundert regierte. Heute sind viele davon verwitterte Burgruinen. Einige wurden frisch restauriert und können auch von Innen besichtigt werden – wie Burg Trausnitz.
Wer sich die Region per Fahrrad erschließen möchte, findet im Oberpfälzer Wald ebenso wie Wanderfreunde ein Eldorado. Denn auf den vielen stillgelegten Bahntrassen in der Gegend fährt es sich besonders leicht. Die Strecken sind zumeist ebenerdig und führen durch die malerischsten Landschaften. Bayerns längster Bahntrassen-Radweg, der Bockl-Radweg, verläuft auf einer Länge von 52 Kilometern von Neustadt an der Waldnaab nach Eslarn.
Eine weitere schöne Tour ist der Bayerisch-Böhmische Freundschaftsweg. Die Route führt von Nabburg aus bis nach Tschechien. Auch für Pferdefans gibt es ein breit gefächertes Angebot: Von der professionellen Reitanlage über Reitställe, die kurze Ausritte anbieten, bis zu mehrtägigen Wanderritten ist alles möglich.
Meine Freundin und ich sind mittlerweile in unserem schnuckeligen Domizil für die Nacht eingekehrt. Der Landgasthof in Oberviechtach mit hölzernem Dachgiebel und uriger Wirtsstube bietet einen Ausblick auf den Frauenstein in Weiding, der mit seinen knapp 900 Metern Höhe direkt gegenüber liegt.
Eine europaweit einmalige Landschaft bildet die Teichpfanne bei Tirschenreuth. Bereits vor rund 1.100 Jahren legten die Menschen hier ca. 10.000 Teiche an. Heute sind es noch etwa 2.500. Die Teichpfanne ist eines der ältesten Fischzuchtgebiete in ganz Europa, und unter dem Wasser liegt Kaolin – weiße Tonerde, die auch zur Herstellung von Porzellan-verwendet wird. Sie bildet eine gute Grundlage für das „Land der tausend Teiche“, das von schönsten Wander- und Radwegen durchzogen ist.
Besonders romantisch ist ein Ausflug in die Waldnaabaue, zu der einige der Teiche gehören. Das Naturschutzgebiet beherbergt seltene Tierarten wie Schwarzstorch und Eisvogel.
Meine Freundin und ich sind ein Stück des Weges mit dem Auto gefahren – und haben uns ein besonderes Datum ausgesucht, um die Teichpfanne zu besuchen. In Kornthan, einem alten und urigen Fischbauerndorf, ist gerade Karpfen-Kirchweih. Ein Festzelt, Marktbuden und kostenlose Oldtimer-Fahrten durch die Teichlandschaft sind einige der Attraktionen.
Die Karpfen-Kirchweih findet im Rahmen der „Erlebniswochen Fisch“ statt. Dieses Jahr feiert das regionale Event mit einem bunten Programm für Kinder und Erwachsene vom 25.September bis 9. Oktober 2016 sein 20-jähriges Bestehen. Unter anderem wird im Geschichtspark Bärnau zum „Historischen Fischfang“ geladen. Mit Einbaum und Speer kann man dort ausprobieren, wie man sich im Mittelalter als Fischbauer gemacht hätte …
Zum fangfrischen Fisch – der u.a. auch als Karpfen-Burger, Karpfen-Fritten oder Karpfen-Gulasch auf den Tisch kommt – wird der Friedenfelser Karpfentrunk gereicht. Dieser besteht aus einem vollmundigen Bier, das die Schlossbrauerei Friedenfels nur während der Erlebniswochen braut.
Eine weitere Bierspezialität der nördlichen Oberpfalz ist das Zoigl-Bier. Es wurde schon im Mittelalter in den Kommunbrauhäusern gebraut. Jedes Mitglied musste bereits damals das „Kesselgeld“ zur Finanzierung zahlen. Auch heute wird das Zoigl-Bier nach dem Reinheitsgebot ungefiltert und untergärig hergestellt. Und apropos bayerisches Reinheitsgebot: 2016 wird es genau 500 Jahre alt.
Mit einem köstlichen, bernsteinfarbenen Zoigl-Bier setzen wir uns abends ans Wasser. Die Stille der Natur ringsum, die warmherzige Gastfreundschaft und das traditionelle Fest, bei dem Jung und Alt ausgelassen zusammen feiern: All das versetzt uns in pure Sommerlaune.
Annette Waldow
Fotos: Tourismuszentrum Oberpfälzer Wald, www.oberpfaelzerwald.de
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