Das Reich des Donnerdrachen BHUTAN

Lange Zeit waren Fremde nicht gern gesehen. Doch inzwischen dürfen Gäste mit einem einheimischen Reiseführer an ihrer Seite das Land erkunden. Das hilft, diese so ganz andere Welt in ihrer Schönheit zu begreifen, ihre Gebräuche zu verstehen.

Die Piloten, die diesen ­Flughafen ansteuern, müssen wahre Teufelskerle sein. Voller Angst und Bangen schaut der Passagier aus dem Fenster und denkt: Um Gottes Willen, hoffentlich kommt der Vogel heil herunter! Das einzige was ablenkt und auf andere Gedanken bringt, ist der faszinierende Ausblick auf die gewaltigen, ja überwältigenden Berge des Himalaya, die dieses Tal wie riesige steinerne Wächter umgeben. Dann, endlich, setzt der Airbus auf. Die Erde hat uns wieder. Wir sind in Paro gelandet, dem internationalen Flughafen des Himalaya-Königreichs Bhutan. Druk Yul nennen die Einheimischen Bhutan: das Land des Donnerdrachen. Es ist ein einzigartiges Land, in dem sich überzeugte Ökologen wie im Paradies fühlen ­müssen. Nicht von ungefähr glauben viele Besucher, in Bhutan jenes sagenumwobene, mythische Shangri-La ­gefunden zu haben. Eine Region im Himalaya, in der es sich weitab vom Bösen der Welt so herrlich in Frieden leben lässt. Etwa so groß wie die Schweiz, zwischen Tibet (China) und Indien eingezwängt, hat sich Bhutan den Umweltschutz in die Verfassung geschrieben, der auch so strikt wie in keinem anderen Teil der Erde ein­gehalten wird. Dass man ein besonderes Land betritt, merkt man schon am Flughafen. Es herrscht keine Hektik, die Ruhe ist sofort spürbar – und die klare, reine Luft in 2.200 Meter Höhe. Was uns empfängt, ist ein buntes Vielerlei von Farben an Wänden und Mauern, der Airport selbst wurde in seiner heutigen Form 1999 in der landestypischen ­Architektur gebaut. Seit 28 Jahren gibt es überhaupt erst eine Fluglinie. ­Fremde, auf welchen Wegen sie auch immer nach Bhutan kamen, waren bis dato keine gern gesehenen Gäste.

Das hat sich geändert. Der jetzige ­König und vor allem sein Vater haben eingesehen, dass sich das Land öffnen muss. Und sie ließen einen sanft gesteuerten, immer dem Schutz der ­einzigartigen Natur verpflichteten Tourismus zu. Individualreisen sind nicht möglich, und selbst wenn eine Gruppe nur aus zwei Personen besteht, wird sie als solche eingestuft. Das bedeutet: Nichts geht ohne einen Führer. Vor dem Flughafengebäude wartet Tashi auf uns. Er hat einen klapprigen Wagen mit Fahrer dabei. Sein Name, das erzählt er uns später, bedeutet „viel Glück“ in der Nationalsprache Dzongkha. Er wird uns die nächsten zwei Wochen nicht mehr von der Seite ­weichen, immer freundlich sein, den Fremden alles in einem erstaunlich guten Englisch höflich erklären und sich fast aufopferungsvoll um seine Gäste kümmern. Apropos erklären: Als wir Tashi nach seinem Familiennamen fragen, meint er, der tue nichts zur Sache. Wir ­würden es ohnehin nicht verstehen. In Bhutan gibt es höchstens 50 Nachnamen, so dass jeder ein Verwandter des anderen zu sein scheint. Quasi ein Volk, in dem die meisten Menschen Meier, Müller oder Schmidt heißen. Die Fahrt vom Flughafen zur eigentlichen Stadt Paro dauert etwa eine ­halbe Stunde. Dabei sehen wir zum ersten Mal, was in Bhutan neben der Natur noch wichtig ist: Religion. Die Landschaft ist geradezu übersät von Chorten, diesen spitz nach oben zulaufenden Gebets- und Opferschreinen. Es gibt sie in allen Größen, manche sind sogar begehbar. Chorten, so erläutert uns Tashi, sind Gedenkstätten für Verstorbene, dienen aber auch dem Vertreiben von bösen Dämonen. Und überall – auf den Feldern, vor den ­kleinen, bunt bemalten Häusern – ­wehen die Gebetsfahnen im Wind.

Der überwiegende Teil der Bevölkerung, erfahren wir, sind Buddhisten. Allerdings Anhänger einer besonderen Art dieser fernöstlichen Religion: der tantrischen Form des Mahayana-­Buddhismus. Bhutan hat als einziges Land der Welt diesen Glauben zur Staatsreligion erklärt. Was diese Religion inhaltlich aussagt, ist für einen Fremden schwer zu verstehen. Nur so viel ist klar, um es mit einfachen Worten auszudrücken: Der Mensch strebt nach dem Nirvana – einem Zustand, in dem er aus dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburt herausgelöst ist und sich vor allem nicht mehr mit dem Bösen beschäftigen muss. Doch zurück zu weiteren Eindrücken auf der Fahrt nach Paro. Schon von weitem sehen wir den Dzong der Stadt. Diese Gebäude, mit einer europäischen Trutzburg gegen Eindringlinge vergleichbar, sind Festungen, die an wichtigen Knotenpunkten oder strategisch bedeutenden Straßen errichtet wurden. Heute sind dort die Mönche eines Klosters sowie die örtliche Zivilverwaltung untergebracht. Dzongs mit ihren schrägen hohen Mauern und den Holzdach-Konstruktionen gehören zu den Wahrzeichen Bhutans. Doch bevor wir die Stadt erreichen, fasziniert uns ein anderes, für Bhutan ebenfalls typisches Phänomen. Auf ­einem Platz außerhalb von Paro hat sich eine Menschenmenge ­versammelt, die heftig gestikulierend dem Wettkampf zweier Männer-Teams zusieht. Tashi sagt das Stichwort: Bogen­schießen. Es ist der Nationalsport des Königreiches. In fast jedem Dorf gibt es einen Schießplatz. Dabei treten jeweils zwei Mannschaften mit elf Männern gegeneinander an. Aus einer Entfernung von etwa 120 Metern wird auf zwei kleine Holztafeln geschossen. Die Zuschauer – fast alle sind Frauen ­(denen diese Sportart übrigens nicht erlaubt ist, nicht einmal den Bogen dürfen sie anfassen) – unterstützen mit Gesängen und Tänzen ihr Team, ­während die Gegner verspottet ­werden. Wir kamen uns vor wie beim Elf-Meter-Schießen bei einem Fußballmatch zu Hause. Auch da werden ja bekanntlich die Schützen von Anfeuerungs- und Schmährufen der Fans begleitet …

Die maurische Vergangenheit ist allgegenwärtig

In Paro sehen wir dann die typische Kulisse eines ehemals kleinen Bergdorfes, das sich wegen der Nähe zum Flughafen immer weiter ausbreitet. Mittelpunkt ist die Basarstraße, gesäumt von einstöckigen, mit bunten Mustern bemalten Häusern. Im Erd­geschoss bieten Läden Lebensmittel und Haushaltsbedarf an. In einem ­Restaurant im ersten Stock führt uns Tashi in die bhutanische Küche ein. Und die hat es, buchstäblich, in sich: Chili – in Mengen und einer Schärfe, die einem die Tränen in die Augen ­treiben. Zubereitet werden die ­feurigen, bei uns als Gewürz bekannten ­Schoten, wie Gemüse. Dazu gibt es eine deftige, auf Frischkäse basierende Soße, in die man Reisbällchen tunkt. Die Gerichte variieren je nach Landesteil, mal gibt es Hühner- oder Schweinefleisch, mal Stücke von Hammel oder Yak, aber ­immer viel lokales Gemüse. Und eben Chili ohne Ende …

In der Hauptstadt regeln drei Polizisten den Verkehr

Ein Ausflug durch das Paro-Tal bringt uns dann zum Taktshang-Lhakhang. In fast 3.000 Metern Höhe wurde hier ein Klosterkomplex angelegt, der wie ein Vogelnest auf einem Felsvorsprung thront, der etwa 800 Meter senkrecht abfällt. Der Aufstieg zu dieser ­Kultstätte ist nicht einfach und eher etwas für Schwindelfreie. Aber es lohnt sich: Man hat nicht nur einen fantastischen Blick über das Tal, sondern erhält auch einen bleibenden Eindruck von den Klostergebäuden.

Eine Eisenbahn gibt es in Bhutan nicht. Also machen wir uns mit Tashi und dem Wagen auf den Weg nach Thimphu, der Hauptstadt des Landes. Für die knapp 60 Kilometer fahren wir eineinhalb Stunden. Wer eine typische Metropole erwartet, wird angenehm enttäuscht. Der Autoverkehr hat zwar zugenommen, erklärt Tashi, aber wir kommen uns vor wie in einer Kleinstadt. Übrigens: In Thimphu gibt es keine einzige Ampel – und das in einer Hauptstadt! Stattdessen regeln einfach nur drei Polizisten von ihren Podesten aus den Straßenverkehr. Museen, Tempel, Cafes, Märkte, Souvenirläden – trotz aller Beschaulichkeit gibt es in Thimphu viel zu besichtigen und zu tun. Und es wird viel gebaut. Allerdings: Ein königlicher Erlass verfügte, dass Gebäude nur im typisch bhutanischen Stil errichtet werden dürfen. Auf dass die Legende von Shangri-La erhalten bleibe …

Nach gefühlten vier Monaten und knapp 60 Häfen bin ich wieder auf dem Teppich zurück, wo ich es mir mit ­meiner Freundin gemütlich gemacht habe. Durch das Fenster dämmert fast schon der Morgen, als wir den Katalog weglegen und uns ein letztes Mal zuprosten. Eigentlich ist es eher ein Anstoßen – auf meine erste Weltreise. Denn eins ist ja wohl sonnenklar: Ich werde das alles live entdecken und genießen. Der Mega-Törn ist so gut wie gebucht. Und ich habe so die leise Ahnung, dass ich danach süchtig sein werde – und wie die meisten Kreuzfahrer, immer mehr Seemeilen und Eindrücke sammeln möchte. Steckt nicht in jedem von uns ein kleiner Entdecker? Und wer weiß: Vielleicht werde ich ­eines Tages als Ehrengast ausgezeichnet, weil ich zusammengerechnet mehr als sieben Jahre auf „meiner“ ­Astor verbracht habe …

Katharina Hoyer / pixelio.de

INFORMATIONEN ZU ANDALUSIEN

Beste Reisezeit: Februar bis Mai und September bis November. Juni bis August ist Monsunzeit. Die Winter sind kalt und schneereich.

Klima: Regional sehr unterschiedlich. Im Süden subtropisches Monsunklima, in Zentralbhutan kühl gemäßigt, im Hochgebirge im Norden sehr kalt.

Zeitzone: MEZ plus 5 Stunden.

Sprache: Dzongkha (Amtssprache), Englisch als offizielle Landessprache.

Geld: Bhutanischer Ngultrum (BTN).  Es ist auch möglich, in indischen Rupien zu zahlen.

Dokumente: Gültiger Reisepass und ein Visum, das mindestens drei Wochen vor Reisebeginn bei einem Reiseveranstalter oder einer diplomatischen Vertretung beantragt werden sollte. Die Reiseroute muss vor Beginn der Reise festgelegt werden. Einreisegebühr: 20 US-Dollar.

Gesundheit: Standardimpfungen (z. B. Tetanus, Diphtherie) sollten aufgefrischt sein. Sorgfältige Wasser- und Lebensmitelhygiene verhindert Durchfallerkrankungen. Wer durchs Land tourt, sollte an die Reisekrankheit denken, die ab 2.000 m Höhe auftreten kann, denn viele Städte liegen höher, Pässe führen bis auf 5.000 m hinauf. Empfehlenswert: Auslandskrankenversicherung mit Rückholtransport, gut sortierte Reiseapotheke.

Essen & Trinken: Frisches Gemüse, Huhn, Schwein, Hammel- und Yak-Fleisch. Zu Hauptgerichten werden Reis, Buchweizen oder Mais gereicht. Die traditionellen Gerichte enthalten meist Chili-Schoten, so auch das Nationalgericht Ema Datshi aus Yak-Käse.

Restaurants: Am Platz des Glockenturms (Thimphu) findet man viele Restaurants, meist im Buffett-Stil.
Sehenswert: Buddha Drodenma-Statue in der Hauptstadt Timphu sowie Regierungssitz in der  Klosteranlage Trashi Chhoe Dzong, Dechenchoeling-Palast, Gedenk-Chorten für König Jigme Dorji Wangchuk, Nationalbibliothek; Taktshang (Tigernest-Kloster) und Tempel Dungtse Lakhang in Paro.

Unbedingt machen: Nationalparks wie Jigme Dorji mit Schneeleoparden und roten Pandas besuchen.

Unbedingt vermeiden: Öffentlich rauchen.

Beliebte Mitbringsel: Schmuck, Textilien aus Seide oder Yak-Haar, Thangkas (Rollbilder auf Leinwand), Holzschnitzereien, Geflochtenes, Briefmarken.

Auskünfte: Botschaft von Bhutan

Herbert Pahl

Foto: Tourism Council of Bhutan

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Das Reich des Donnerdrachen BHUTAN

Lange Zeit waren Fremde nicht gern gesehen. Doch inzwischen dürfen Gäste mit einem einheimischen Reiseführer an ihrer Seite das Land erkunden. Das hilft, diese so ganz andere Welt in ihrer Schönheit zu begreifen, ihre Gebräuche zu verstehen.

Die Piloten, die diesen ­Flughafen ansteuern, müssen wahre Teufelskerle sein. Voller Angst und Bangen schaut der Passagier aus dem Fenster und denkt: Um Gottes Willen, hoffentlich kommt der Vogel heil herunter! Das einzige was ablenkt und auf andere Gedanken bringt, ist der faszinierende Ausblick auf die gewaltigen, ja überwältigenden Berge des Himalaya, die dieses Tal wie riesige steinerne Wächter umgeben. Dann, endlich, setzt der Airbus auf. Die Erde hat uns wieder. Wir sind in Paro gelandet, dem internationalen Flughafen des Himalaya-Königreichs Bhutan. Druk Yul nennen die Einheimischen Bhutan: das Land des Donnerdrachen. Es ist ein einzigartiges Land, in dem sich überzeugte Ökologen wie im Paradies fühlen ­müssen. Nicht von ungefähr glauben viele Besucher, in Bhutan jenes sagenumwobene, mythische Shangri-La ­gefunden zu haben. Eine Region im Himalaya, in der es sich weitab vom Bösen der Welt so herrlich in Frieden leben lässt. Etwa so groß wie die Schweiz, zwischen Tibet (China) und Indien eingezwängt, hat sich Bhutan den Umweltschutz in die Verfassung geschrieben, der auch so strikt wie in keinem anderen Teil der Erde ein­gehalten wird. Dass man ein besonderes Land betritt, merkt man schon am Flughafen. Es herrscht keine Hektik, die Ruhe ist sofort spürbar – und die klare, reine Luft in 2.200 Meter Höhe. Was uns empfängt, ist ein buntes Vielerlei von Farben an Wänden und Mauern, der Airport selbst wurde in seiner heutigen Form 1999 in der landestypischen ­Architektur gebaut. Seit 28 Jahren gibt es überhaupt erst eine Fluglinie. ­Fremde, auf welchen Wegen sie auch immer nach Bhutan kamen, waren bis dato keine gern gesehenen Gäste.

Das hat sich geändert. Der jetzige ­König und vor allem sein Vater haben eingesehen, dass sich das Land öffnen muss. Und sie ließen einen sanft gesteuerten, immer dem Schutz der ­einzigartigen Natur verpflichteten Tourismus zu. Individualreisen sind nicht möglich, und selbst wenn eine Gruppe nur aus zwei Personen besteht, wird sie als solche eingestuft. Das bedeutet: Nichts geht ohne einen Führer. Vor dem Flughafengebäude wartet Tashi auf uns. Er hat einen klapprigen Wagen mit Fahrer dabei. Sein Name, das erzählt er uns später, bedeutet „viel Glück“ in der Nationalsprache Dzongkha. Er wird uns die nächsten zwei Wochen nicht mehr von der Seite ­weichen, immer freundlich sein, den Fremden alles in einem erstaunlich guten Englisch höflich erklären und sich fast aufopferungsvoll um seine Gäste kümmern. Apropos erklären: Als wir Tashi nach seinem Familiennamen fragen, meint er, der tue nichts zur Sache. Wir ­würden es ohnehin nicht verstehen. In Bhutan gibt es höchstens 50 Nachnamen, so dass jeder ein Verwandter des anderen zu sein scheint. Quasi ein Volk, in dem die meisten Menschen Meier, Müller oder Schmidt heißen. Die Fahrt vom Flughafen zur eigentlichen Stadt Paro dauert etwa eine ­halbe Stunde. Dabei sehen wir zum ersten Mal, was in Bhutan neben der Natur noch wichtig ist: Religion. Die Landschaft ist geradezu übersät von Chorten, diesen spitz nach oben zulaufenden Gebets- und Opferschreinen. Es gibt sie in allen Größen, manche sind sogar begehbar. Chorten, so erläutert uns Tashi, sind Gedenkstätten für Verstorbene, dienen aber auch dem Vertreiben von bösen Dämonen. Und überall – auf den Feldern, vor den ­kleinen, bunt bemalten Häusern – ­wehen die Gebetsfahnen im Wind.

Der überwiegende Teil der Bevölkerung, erfahren wir, sind Buddhisten. Allerdings Anhänger einer besonderen Art dieser fernöstlichen Religion: der tantrischen Form des Mahayana-­Buddhismus. Bhutan hat als einziges Land der Welt diesen Glauben zur Staatsreligion erklärt. Was diese Religion inhaltlich aussagt, ist für einen Fremden schwer zu verstehen. Nur so viel ist klar, um es mit einfachen Worten auszudrücken: Der Mensch strebt nach dem Nirvana – einem Zustand, in dem er aus dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburt herausgelöst ist und sich vor allem nicht mehr mit dem Bösen beschäftigen muss. Doch zurück zu weiteren Eindrücken auf der Fahrt nach Paro. Schon von weitem sehen wir den Dzong der Stadt. Diese Gebäude, mit einer europäischen Trutzburg gegen Eindringlinge vergleichbar, sind Festungen, die an wichtigen Knotenpunkten oder strategisch bedeutenden Straßen errichtet wurden. Heute sind dort die Mönche eines Klosters sowie die örtliche Zivilverwaltung untergebracht. Dzongs mit ihren schrägen hohen Mauern und den Holzdach-Konstruktionen gehören zu den Wahrzeichen Bhutans. Doch bevor wir die Stadt erreichen, fasziniert uns ein anderes, für Bhutan ebenfalls typisches Phänomen. Auf ­einem Platz außerhalb von Paro hat sich eine Menschenmenge ­versammelt, die heftig gestikulierend dem Wettkampf zweier Männer-Teams zusieht. Tashi sagt das Stichwort: Bogen­schießen. Es ist der Nationalsport des Königreiches. In fast jedem Dorf gibt es einen Schießplatz. Dabei treten jeweils zwei Mannschaften mit elf Männern gegeneinander an. Aus einer Entfernung von etwa 120 Metern wird auf zwei kleine Holztafeln geschossen. Die Zuschauer – fast alle sind Frauen ­(denen diese Sportart übrigens nicht erlaubt ist, nicht einmal den Bogen dürfen sie anfassen) – unterstützen mit Gesängen und Tänzen ihr Team, ­während die Gegner verspottet ­werden. Wir kamen uns vor wie beim Elf-Meter-Schießen bei einem Fußballmatch zu Hause. Auch da werden ja bekanntlich die Schützen von Anfeuerungs- und Schmährufen der Fans begleitet …

Die maurische Vergangenheit ist allgegenwärtig

In Paro sehen wir dann die typische Kulisse eines ehemals kleinen Bergdorfes, das sich wegen der Nähe zum Flughafen immer weiter ausbreitet. Mittelpunkt ist die Basarstraße, gesäumt von einstöckigen, mit bunten Mustern bemalten Häusern. Im Erd­geschoss bieten Läden Lebensmittel und Haushaltsbedarf an. In einem ­Restaurant im ersten Stock führt uns Tashi in die bhutanische Küche ein. Und die hat es, buchstäblich, in sich: Chili – in Mengen und einer Schärfe, die einem die Tränen in die Augen ­treiben. Zubereitet werden die ­feurigen, bei uns als Gewürz bekannten ­Schoten, wie Gemüse. Dazu gibt es eine deftige, auf Frischkäse basierende Soße, in die man Reisbällchen tunkt. Die Gerichte variieren je nach Landesteil, mal gibt es Hühner- oder Schweinefleisch, mal Stücke von Hammel oder Yak, aber ­immer viel lokales Gemüse. Und eben Chili ohne Ende …

In der Hauptstadt regeln drei Polizisten den Verkehr

Ein Ausflug durch das Paro-Tal bringt uns dann zum Taktshang-Lhakhang. In fast 3.000 Metern Höhe wurde hier ein Klosterkomplex angelegt, der wie ein Vogelnest auf einem Felsvorsprung thront, der etwa 800 Meter senkrecht abfällt. Der Aufstieg zu dieser ­Kultstätte ist nicht einfach und eher etwas für Schwindelfreie. Aber es lohnt sich: Man hat nicht nur einen fantastischen Blick über das Tal, sondern erhält auch einen bleibenden Eindruck von den Klostergebäuden.

Eine Eisenbahn gibt es in Bhutan nicht. Also machen wir uns mit Tashi und dem Wagen auf den Weg nach Thimphu, der Hauptstadt des Landes. Für die knapp 60 Kilometer fahren wir eineinhalb Stunden. Wer eine typische Metropole erwartet, wird angenehm enttäuscht. Der Autoverkehr hat zwar zugenommen, erklärt Tashi, aber wir kommen uns vor wie in einer Kleinstadt. Übrigens: In Thimphu gibt es keine einzige Ampel – und das in einer Hauptstadt! Stattdessen regeln einfach nur drei Polizisten von ihren Podesten aus den Straßenverkehr. Museen, Tempel, Cafes, Märkte, Souvenirläden – trotz aller Beschaulichkeit gibt es in Thimphu viel zu besichtigen und zu tun. Und es wird viel gebaut. Allerdings: Ein königlicher Erlass verfügte, dass Gebäude nur im typisch bhutanischen Stil errichtet werden dürfen. Auf dass die Legende von Shangri-La erhalten bleibe …

Nach gefühlten vier Monaten und knapp 60 Häfen bin ich wieder auf dem Teppich zurück, wo ich es mir mit ­meiner Freundin gemütlich gemacht habe. Durch das Fenster dämmert fast schon der Morgen, als wir den Katalog weglegen und uns ein letztes Mal zuprosten. Eigentlich ist es eher ein Anstoßen – auf meine erste Weltreise. Denn eins ist ja wohl sonnenklar: Ich werde das alles live entdecken und genießen. Der Mega-Törn ist so gut wie gebucht. Und ich habe so die leise Ahnung, dass ich danach süchtig sein werde – und wie die meisten Kreuzfahrer, immer mehr Seemeilen und Eindrücke sammeln möchte. Steckt nicht in jedem von uns ein kleiner Entdecker? Und wer weiß: Vielleicht werde ich ­eines Tages als Ehrengast ausgezeichnet, weil ich zusammengerechnet mehr als sieben Jahre auf „meiner“ ­Astor verbracht habe …

Katharina Hoyer / pixelio.de

INFORMATIONEN ZU ANDALUSIEN

Beste Reisezeit: Februar bis Mai und September bis November. Juni bis August ist Monsunzeit. Die Winter sind kalt und schneereich.

Klima: Regional sehr unterschiedlich. Im Süden subtropisches Monsunklima, in Zentralbhutan kühl gemäßigt, im Hochgebirge im Norden sehr kalt.

Zeitzone: MEZ plus 5 Stunden.

Sprache: Dzongkha (Amtssprache), Englisch als offizielle Landessprache.

Geld: Bhutanischer Ngultrum (BTN).  Es ist auch möglich, in indischen Rupien zu zahlen.

Dokumente: Gültiger Reisepass und ein Visum, das mindestens drei Wochen vor Reisebeginn bei einem Reiseveranstalter oder einer diplomatischen Vertretung beantragt werden sollte. Die Reiseroute muss vor Beginn der Reise festgelegt werden. Einreisegebühr: 20 US-Dollar.

Gesundheit: Standardimpfungen (z. B. Tetanus, Diphtherie) sollten aufgefrischt sein. Sorgfältige Wasser- und Lebensmitelhygiene verhindert Durchfallerkrankungen. Wer durchs Land tourt, sollte an die Reisekrankheit denken, die ab 2.000 m Höhe auftreten kann, denn viele Städte liegen höher, Pässe führen bis auf 5.000 m hinauf. Empfehlenswert: Auslandskrankenversicherung mit Rückholtransport, gut sortierte Reiseapotheke.

Essen & Trinken: Frisches Gemüse, Huhn, Schwein, Hammel- und Yak-Fleisch. Zu Hauptgerichten werden Reis, Buchweizen oder Mais gereicht. Die traditionellen Gerichte enthalten meist Chili-Schoten, so auch das Nationalgericht Ema Datshi aus Yak-Käse.

Restaurants: Am Platz des Glockenturms (Thimphu) findet man viele Restaurants, meist im Buffett-Stil.
Sehenswert: Buddha Drodenma-Statue in der Hauptstadt Timphu sowie Regierungssitz in der  Klosteranlage Trashi Chhoe Dzong, Dechenchoeling-Palast, Gedenk-Chorten für König Jigme Dorji Wangchuk, Nationalbibliothek; Taktshang (Tigernest-Kloster) und Tempel Dungtse Lakhang in Paro.

Unbedingt machen: Nationalparks wie Jigme Dorji mit Schneeleoparden und roten Pandas besuchen.

Unbedingt vermeiden: Öffentlich rauchen.

Beliebte Mitbringsel: Schmuck, Textilien aus Seide oder Yak-Haar, Thangkas (Rollbilder auf Leinwand), Holzschnitzereien, Geflochtenes, Briefmarken.

Auskünfte: Botschaft von Bhutan

Herbert Pahl

Foto: Tourism Council of Bhutan

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