Auf den Spuren von T. E. Lawrence und Indiana Jones JORDANIEN

Geheimnisvoll, wild, ursprünglich: Jordanien ist ein junges Land mit alter Geschichte. Ein Land zwischen Tradition und Moderne, Sinnlichkeit und Lebenslust. Wer über den Jordan reist, darf drei Dinge nicht verpassen: Petra, Wadi Rum und das Rote Meer.

Jordan Tourism Board

Madonna hat wundervolle Augen. Groß und bernsteinfarben. Und damit schaut sie mich, wie mir scheint, ziemlich spöttisch an. Weil ich es einfach nicht schaffe, die Schöne anständig zu besteigen. Bis mir Mohammed schließlich in den ­Sattel hilft. Und der zweite Akt beginnt: Madonna richtet sich auf. Dabei falle ich ihr ängstlich um den Hals, ­klammere mich fest. Dann ist es endlich geschafft: Madonna steht auf ihren Beinen. Ja, nun reite ich tatsächlich ein Wüstenschiff. Ohne es jedoch wirklich zu navigieren. Dafür ist Mohammed zuständig, unser Karawanenführer.

Ich muss gestehen: Bisher hatte ich die Urlaubserinnerungen von Leuten immer ein wenig belächelt, wenn sie mir erzählten, dass sie ­beispielsweise auf einer der Kanarischen Inseln ein Kamel geritten hätten. Touristen-Kitsch eben, dachte ich. Aber nun, da ich es selbst mal erlebe, ist es natürlich etwas gaaanz anderes … Außerdem wandelt unser Kameltreck auf den Spuren berühmter Vorreiter. Denn: Thomas ­Edward Lawrence was here!

„Weitläufig, einsam und gottähnlich“. Mit diesen Worten beschrieb T. E. Lawrence einst das Wadi Rum, diese gigantische Wüstenlandschaft im ­Süden Jordaniens. Im Ersten Weltkrieg, während des arabischen Unabhängigkeitskampfes gegen das Osmanische Reich, schlugen der britische Offizier und Prinz Faisal Bin Hussein hier ihr Hauptquartier auf. Und bekanntlich hat David Lean ihren Heldentaten 1962 in seinem Epos „Lawrence von Arabien“ ein filmisches Denkmal gesetzt. Mit Peter O’Toole, Omar Sharif und Alec Guinness in den Hauptrollen. Weniger bekannt ist vielleicht, dass ein Großteil des mit sieben Oscars prämierten Meisterwerks tatsächlich in Wadi Rum gedreht wurde.

Kein Wunder. Aufregender und überwältigender kann Wüste nicht sein. Auf einer Fläche von insgesamt 74.000 Hektar ist es ein Labyrinth aus bizarren Felsformationen, die sich bis zu 1.750 Meter aus dem Wüstensand erheben. Entstanden vor rund 30 Millionen Jahren.

Als mich Madonna ein gutes Stück weit durch das Wadi geschaukelt hat, muss ich an weitere Lawrence-Zitate in meinem Reiseführer denken: „… sich auftürmend bis zu tausend Fuß über uns … liefen die … Felsmauern in meilenlanger Avenue dahin … Die einzelnen Massive waren gekrönt von hochgewölbten Gipfeln, gleich Gruppen von Domkuppeln … Man fühlt sich beängstigt und beschämt, sich mit seiner Geringfügigkeit bereitzu­machen inmitten dieser riesenhaft ­ragenden Berge.“

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer ist die prächtige Wüstenlandschaft ein Ort, in dem die Zeit still zu stehen scheint. Darüber wacht ein Beduinenstamm, der offen­bar seit Generationen über beste Beziehungen zum Herrscherhaus in der Hauptstadt Amman verfügt. Und das mag der Grund sein, warum das Wadi bisher noch nicht baufreudigen Hotelketten geöffnet wurde. Gut so.

Dennoch besteht die Möglichkeit, im Wadi Rum zu übernachten. Zur Wahl stehen Bed & Breakfast-Angebote und Campen – im Beduinenstil oder im mitgebrachten Zelt. In jedem Fall sei Reisenden empfohlen, im Besucher­zentrum des Wadi reinzuschauen.

Hier erhalten sie Informationen, ­können ein Kamel samt Kamelführer mieten, Jeep-Safaris und Exkursionen buchen – zum Beispiel einen Trip zur Felsenbrücke Burda, der höchsten Brücke in Wadi Rum, vorbei an den Sieben Säulen der Weisheit und vielen anderen imposanten Stätten.

„Wir haben unsere Heimat nicht verkauft, aber wir zeigen sie Menschen, die als Freunde kommen“, lautet die Philosophie der Beduinen. Eine Einstellung, die uns Besuchern Respekt und Rücksicht abverlangt.

Szenenwechsel. Ein zweites absolutes Muss für jeden Jordanien-Besucher ist Petra, von vielen auch als das achte Weltwunder der Antike bezeichnet. Der Ort, etwa auf halber Strecke zwischen dem Golf von Aqaba und dem Toten Meer gelegen, wurde im 7. Jahrhundert vor Christus gegründet. Von den Nabatäern, einem nomadischen Araberstamm. Die unzugänglichen Berge und eine ausreichende Wasser­versorgung boten ihnen gute Voraussetzungen. Man züchtete Kamele, Ziegen, Schafe und Pferde, baute auf Terrassen Getreide, Oliven und Wein an und erwarb durch regen Handel mit Ägypten, Indien und China beträchtlichen Reichtum. Bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts nach Christus. Da geriet Petra irgendwann und irgendwie in Vergessenheit.

Jahrhunderte später wurde Petra wiederentdeckt

Erst Jahrhunderte später, 1812, wurde die – für die westliche Zivilisation – „Verlorene Stadt“ wiederentdeckt. Von einem Schweizer namens Johann Ludwig Burckhardt. „Diesem Mann gelang es, sich in die streng bewachte Stadt zu schmuggeln, indem er vorgab, ein arabischer Pilger zu sein, der am Grab des Propheten Aaron ein ­Opfer darlegen wollte“, erfahre ich von unserem Tour-Guide Mustafa, der uns durch das UNESCO Welterbe führt. Wir sind spät dran. Es geht bereits auf die Mittagszeit zu. Die Sonne scheint erbarmungslos vom Himmel. Und auf dem schmalen Schotterweg herrscht reger Verkehr. Viele Besucher lassen sich in der Pferdekutsche chauffieren. Oder per Eseltaxi. Angeblich sind die Eintrittskarten auf täglich 1.500 Stück limitiert. Aber Zweifel, ob dieser Numerus clausus tatsächlich eingehalten wird, sind angebracht.

Die beste Zeit, um Petra zu besichtigen, ist früh am Morgen. Bevor die Busflotte eingetroffen ist. Oder am späten Nachmittag. Dann sind auch die Lichtverhältnisse zum Fotogra­fieren besonders geeignet. Egal. ­Unsere Digitalkameras klicken dessen ungeachtet im Minutentakt.

Leicht bergab führt uns der Weg vorbei an diversen antiken Grabstätten, Monolithen, Obelisken. Und dann wird es sehr eng. Wir sind im Siq, ­einer verschlungenen Schlucht mit bis zu 200 Meter hohen Felswänden, die durch Erdverschiebungen ausein­ander gesprengt wurden. Mancherorts sind Überreste der nabatäischen ­Wasserleitungen zu sehen und der einst gepflasterten Straße. Andere Stellen des Siq schmückten die Nabatäer mit kleinen Altären und gemeißelten Götterstatuen.

Und plötzlich taucht es vor einem auf, erst nur im Ausschnitt, dann überwältigend und je nach Tageszeit in rötlichem Gelb, sanftem Rosa, ­Apricot oder tiefem Rot: Al-Khazne Faraun – das Schatzhaus des Pharaos, wie ­Petras berühmteste Felswand heißt. Wirklich beeindruckend. Aber mit einer völlig irreführenden Bezeichnung. Denn mit einem Pharao hat die rund 40 Meter hohe, etwa um Christi Geburt im hellenistischen Baustil errichtete Fassade rein gar nichts zu tun. Ja, noch heute gibt Petra mehr Rätsel auf, als es Fragen von Archäologen beantwortet. Und bietet die ideale Kulisse für moderne Märchen. Mancher Kinofan wird Al-Khazneh Faraun eindrucksvoll aus dem Film „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ in Erinnerung haben – als „Tempelanlage“, in der Indiana Jones nach etlichen Umwegen den Heiligen Gral findet.

Neben der Schatzkammer bietet die „Verlorene Stadt“ eine Vielzahl weiterer kultureller Sehenswürdigkeiten. Ein Freiluft-Theater für zirka 3.000 Zuschauer beispielsweise, das vermutlich im 1. Jahrhundert nach Christus gebaut wurde. Gegenüber befinden sich imposante Urnengräber. Und eine Treppe führt hinauf zu den ­Königsgräbern im Jebel Khubta.

Das Zentrum der antiken Stadt bildete eine gepflasterte Kolonnadenstraße, die von monumentalen öffentlichen Bauten, Palästen, Bädern und Tempeln gesäumt war. Kulturinteressierte können hier locker eine Woche lang alles bestaunen. Und hätten noch immer längst nicht alle Schätze Petras entdeckt.

Ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge zu den touristischen Highlights im südlichen Königreich ist die Stadt Aqaba. Zugleich ermöglicht Jorda­niens „Fenster zum Meer“ ein viel­seitiges Kontrastprogramm zu den kulturellen Schätzen des Landes. Die 80.000-Einwohner Metropole liegt an einer von Palmen gesäumten Bucht mit feinem Sandstrand. Sie reicht im Westen bis ans ­israelische Eilat, im Osten bis nach Taba in Ägypten. Man kann hier wunderbar relaxen. In diesem Zusammenhang sei auf eine besondere Location im Marine Park hingewiesen: Berenice Beach Club. Diese gepflegte Anlage bietet alles, was das Urlauberherz begehrt: eine große Poolanlage, gute Restaurants, einen speziellen Kids Club, Ausflüge im Glasbodenboot, mit Motor- oder Segelyacht, Tauchkurse und -exkur­sionen zum nahen Korallenriff. Und was macht man am Abend? Zum Beispiel einen Bummel über den Basar. Aqabas Souk ist ein echtes Einkaufsparadies, und die Warenvielfalt riesengroß. Zu den beliebtesten Souvenirs zählen kunstvoll mit farbigem Sand gefüllte Glasflaschen, handgefertigter Gold- und Silberschmuck, Keramik und Kleidung.

Den krönenden Abschluss des gelungenen Urlaubstages könnte dann ein Essen bilden. Aqaba hat eine große Auswahl an guten Restaurants. Meine Erfahrung: Die jordanische Küche – vor allem die Vorspeisen! – ist ein Erlebnis: Sie kann auch einen verwöhnten Gaumen total begeistern.

Ehrlich gesagt: Jordanien stand nicht unbedingt weit oben auf der Liste der Reiseziele, die ich schon immer be­suchen wollte. Die Destination wurde quasi an mich herangetragen: Durch eine Einladung von Turkish Airlines zu einer viertägigen Pressereise. Mit Zwischenstopp in Istanbul, An- und Abflug in Aqaba zu recht unchrist­lichen Zeiten. So gesehen keine Erholung, eher eine kleine Strapaze. Rückblickend jedoch bin ich sehr dankbar für dieses unvergessliche Erlebnis. Jordanien mit seinen freundlichen Menschen und der Jahrtausende alten Kultur lässt mich irgendwie nicht mehr los. Da hilft nur eines: Ich muss einfach noch einmal dort hin – mit meiner Partnerin und mit mehr Zeit.

Raimond Ahlborn

© Fotos: Jordan Tourism Board, reisehunger.net

Raimond Ahlborn
Der Hamburger Jung und Gründer unseres Magazins war ein echter Wort-Virtuose, der uns mit seinen spannenden und interessanten Geschichten immer wieder neu begeistert und sehr oft zum Lachen gebracht hat. Möge er noch immer reisen, auch wenn er leider nicht mehr in dieser Welt unterwegs ist.
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Geheimnisvoll, wild, ursprünglich: Jordanien ist ein junges Land mit alter Geschichte. Ein Land zwischen Tradition und Moderne, Sinnlichkeit und Lebenslust. Wer über den Jordan reist, darf drei Dinge nicht verpassen: Petra, Wadi Rum und das Rote Meer.

Jordan Tourism Board

Madonna hat wundervolle Augen. Groß und bernsteinfarben. Und damit schaut sie mich, wie mir scheint, ziemlich spöttisch an. Weil ich es einfach nicht schaffe, die Schöne anständig zu besteigen. Bis mir Mohammed schließlich in den ­Sattel hilft. Und der zweite Akt beginnt: Madonna richtet sich auf. Dabei falle ich ihr ängstlich um den Hals, ­klammere mich fest. Dann ist es endlich geschafft: Madonna steht auf ihren Beinen. Ja, nun reite ich tatsächlich ein Wüstenschiff. Ohne es jedoch wirklich zu navigieren. Dafür ist Mohammed zuständig, unser Karawanenführer.

Ich muss gestehen: Bisher hatte ich die Urlaubserinnerungen von Leuten immer ein wenig belächelt, wenn sie mir erzählten, dass sie ­beispielsweise auf einer der Kanarischen Inseln ein Kamel geritten hätten. Touristen-Kitsch eben, dachte ich. Aber nun, da ich es selbst mal erlebe, ist es natürlich etwas gaaanz anderes … Außerdem wandelt unser Kameltreck auf den Spuren berühmter Vorreiter. Denn: Thomas ­Edward Lawrence was here!

„Weitläufig, einsam und gottähnlich“. Mit diesen Worten beschrieb T. E. Lawrence einst das Wadi Rum, diese gigantische Wüstenlandschaft im ­Süden Jordaniens. Im Ersten Weltkrieg, während des arabischen Unabhängigkeitskampfes gegen das Osmanische Reich, schlugen der britische Offizier und Prinz Faisal Bin Hussein hier ihr Hauptquartier auf. Und bekanntlich hat David Lean ihren Heldentaten 1962 in seinem Epos „Lawrence von Arabien“ ein filmisches Denkmal gesetzt. Mit Peter O’Toole, Omar Sharif und Alec Guinness in den Hauptrollen. Weniger bekannt ist vielleicht, dass ein Großteil des mit sieben Oscars prämierten Meisterwerks tatsächlich in Wadi Rum gedreht wurde.

Kein Wunder. Aufregender und überwältigender kann Wüste nicht sein. Auf einer Fläche von insgesamt 74.000 Hektar ist es ein Labyrinth aus bizarren Felsformationen, die sich bis zu 1.750 Meter aus dem Wüstensand erheben. Entstanden vor rund 30 Millionen Jahren.

Als mich Madonna ein gutes Stück weit durch das Wadi geschaukelt hat, muss ich an weitere Lawrence-Zitate in meinem Reiseführer denken: „… sich auftürmend bis zu tausend Fuß über uns … liefen die … Felsmauern in meilenlanger Avenue dahin … Die einzelnen Massive waren gekrönt von hochgewölbten Gipfeln, gleich Gruppen von Domkuppeln … Man fühlt sich beängstigt und beschämt, sich mit seiner Geringfügigkeit bereitzu­machen inmitten dieser riesenhaft ­ragenden Berge.“

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer ist die prächtige Wüstenlandschaft ein Ort, in dem die Zeit still zu stehen scheint. Darüber wacht ein Beduinenstamm, der offen­bar seit Generationen über beste Beziehungen zum Herrscherhaus in der Hauptstadt Amman verfügt. Und das mag der Grund sein, warum das Wadi bisher noch nicht baufreudigen Hotelketten geöffnet wurde. Gut so.

Dennoch besteht die Möglichkeit, im Wadi Rum zu übernachten. Zur Wahl stehen Bed & Breakfast-Angebote und Campen – im Beduinenstil oder im mitgebrachten Zelt. In jedem Fall sei Reisenden empfohlen, im Besucher­zentrum des Wadi reinzuschauen.

Hier erhalten sie Informationen, ­können ein Kamel samt Kamelführer mieten, Jeep-Safaris und Exkursionen buchen – zum Beispiel einen Trip zur Felsenbrücke Burda, der höchsten Brücke in Wadi Rum, vorbei an den Sieben Säulen der Weisheit und vielen anderen imposanten Stätten.

„Wir haben unsere Heimat nicht verkauft, aber wir zeigen sie Menschen, die als Freunde kommen“, lautet die Philosophie der Beduinen. Eine Einstellung, die uns Besuchern Respekt und Rücksicht abverlangt.

Szenenwechsel. Ein zweites absolutes Muss für jeden Jordanien-Besucher ist Petra, von vielen auch als das achte Weltwunder der Antike bezeichnet. Der Ort, etwa auf halber Strecke zwischen dem Golf von Aqaba und dem Toten Meer gelegen, wurde im 7. Jahrhundert vor Christus gegründet. Von den Nabatäern, einem nomadischen Araberstamm. Die unzugänglichen Berge und eine ausreichende Wasser­versorgung boten ihnen gute Voraussetzungen. Man züchtete Kamele, Ziegen, Schafe und Pferde, baute auf Terrassen Getreide, Oliven und Wein an und erwarb durch regen Handel mit Ägypten, Indien und China beträchtlichen Reichtum. Bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts nach Christus. Da geriet Petra irgendwann und irgendwie in Vergessenheit.

Jahrhunderte später wurde Petra wiederentdeckt

Erst Jahrhunderte später, 1812, wurde die – für die westliche Zivilisation – „Verlorene Stadt“ wiederentdeckt. Von einem Schweizer namens Johann Ludwig Burckhardt. „Diesem Mann gelang es, sich in die streng bewachte Stadt zu schmuggeln, indem er vorgab, ein arabischer Pilger zu sein, der am Grab des Propheten Aaron ein ­Opfer darlegen wollte“, erfahre ich von unserem Tour-Guide Mustafa, der uns durch das UNESCO Welterbe führt. Wir sind spät dran. Es geht bereits auf die Mittagszeit zu. Die Sonne scheint erbarmungslos vom Himmel. Und auf dem schmalen Schotterweg herrscht reger Verkehr. Viele Besucher lassen sich in der Pferdekutsche chauffieren. Oder per Eseltaxi. Angeblich sind die Eintrittskarten auf täglich 1.500 Stück limitiert. Aber Zweifel, ob dieser Numerus clausus tatsächlich eingehalten wird, sind angebracht.

Die beste Zeit, um Petra zu besichtigen, ist früh am Morgen. Bevor die Busflotte eingetroffen ist. Oder am späten Nachmittag. Dann sind auch die Lichtverhältnisse zum Fotogra­fieren besonders geeignet. Egal. ­Unsere Digitalkameras klicken dessen ungeachtet im Minutentakt.

Leicht bergab führt uns der Weg vorbei an diversen antiken Grabstätten, Monolithen, Obelisken. Und dann wird es sehr eng. Wir sind im Siq, ­einer verschlungenen Schlucht mit bis zu 200 Meter hohen Felswänden, die durch Erdverschiebungen ausein­ander gesprengt wurden. Mancherorts sind Überreste der nabatäischen ­Wasserleitungen zu sehen und der einst gepflasterten Straße. Andere Stellen des Siq schmückten die Nabatäer mit kleinen Altären und gemeißelten Götterstatuen.

Und plötzlich taucht es vor einem auf, erst nur im Ausschnitt, dann überwältigend und je nach Tageszeit in rötlichem Gelb, sanftem Rosa, ­Apricot oder tiefem Rot: Al-Khazne Faraun – das Schatzhaus des Pharaos, wie ­Petras berühmteste Felswand heißt. Wirklich beeindruckend. Aber mit einer völlig irreführenden Bezeichnung. Denn mit einem Pharao hat die rund 40 Meter hohe, etwa um Christi Geburt im hellenistischen Baustil errichtete Fassade rein gar nichts zu tun. Ja, noch heute gibt Petra mehr Rätsel auf, als es Fragen von Archäologen beantwortet. Und bietet die ideale Kulisse für moderne Märchen. Mancher Kinofan wird Al-Khazneh Faraun eindrucksvoll aus dem Film „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ in Erinnerung haben – als „Tempelanlage“, in der Indiana Jones nach etlichen Umwegen den Heiligen Gral findet.

Neben der Schatzkammer bietet die „Verlorene Stadt“ eine Vielzahl weiterer kultureller Sehenswürdigkeiten. Ein Freiluft-Theater für zirka 3.000 Zuschauer beispielsweise, das vermutlich im 1. Jahrhundert nach Christus gebaut wurde. Gegenüber befinden sich imposante Urnengräber. Und eine Treppe führt hinauf zu den ­Königsgräbern im Jebel Khubta.

Das Zentrum der antiken Stadt bildete eine gepflasterte Kolonnadenstraße, die von monumentalen öffentlichen Bauten, Palästen, Bädern und Tempeln gesäumt war. Kulturinteressierte können hier locker eine Woche lang alles bestaunen. Und hätten noch immer längst nicht alle Schätze Petras entdeckt.

Ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge zu den touristischen Highlights im südlichen Königreich ist die Stadt Aqaba. Zugleich ermöglicht Jorda­niens „Fenster zum Meer“ ein viel­seitiges Kontrastprogramm zu den kulturellen Schätzen des Landes. Die 80.000-Einwohner Metropole liegt an einer von Palmen gesäumten Bucht mit feinem Sandstrand. Sie reicht im Westen bis ans ­israelische Eilat, im Osten bis nach Taba in Ägypten. Man kann hier wunderbar relaxen. In diesem Zusammenhang sei auf eine besondere Location im Marine Park hingewiesen: Berenice Beach Club. Diese gepflegte Anlage bietet alles, was das Urlauberherz begehrt: eine große Poolanlage, gute Restaurants, einen speziellen Kids Club, Ausflüge im Glasbodenboot, mit Motor- oder Segelyacht, Tauchkurse und -exkur­sionen zum nahen Korallenriff. Und was macht man am Abend? Zum Beispiel einen Bummel über den Basar. Aqabas Souk ist ein echtes Einkaufsparadies, und die Warenvielfalt riesengroß. Zu den beliebtesten Souvenirs zählen kunstvoll mit farbigem Sand gefüllte Glasflaschen, handgefertigter Gold- und Silberschmuck, Keramik und Kleidung.

Den krönenden Abschluss des gelungenen Urlaubstages könnte dann ein Essen bilden. Aqaba hat eine große Auswahl an guten Restaurants. Meine Erfahrung: Die jordanische Küche – vor allem die Vorspeisen! – ist ein Erlebnis: Sie kann auch einen verwöhnten Gaumen total begeistern.

Ehrlich gesagt: Jordanien stand nicht unbedingt weit oben auf der Liste der Reiseziele, die ich schon immer be­suchen wollte. Die Destination wurde quasi an mich herangetragen: Durch eine Einladung von Turkish Airlines zu einer viertägigen Pressereise. Mit Zwischenstopp in Istanbul, An- und Abflug in Aqaba zu recht unchrist­lichen Zeiten. So gesehen keine Erholung, eher eine kleine Strapaze. Rückblickend jedoch bin ich sehr dankbar für dieses unvergessliche Erlebnis. Jordanien mit seinen freundlichen Menschen und der Jahrtausende alten Kultur lässt mich irgendwie nicht mehr los. Da hilft nur eines: Ich muss einfach noch einmal dort hin – mit meiner Partnerin und mit mehr Zeit.

Raimond Ahlborn

© Fotos: Jordan Tourism Board, reisehunger.net

Raimond Ahlborn
Der Hamburger Jung und Gründer unseres Magazins war ein echter Wort-Virtuose, der uns mit seinen spannenden und interessanten Geschichten immer wieder neu begeistert und sehr oft zum Lachen gebracht hat. Möge er noch immer reisen, auch wenn er leider nicht mehr in dieser Welt unterwegs ist.
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